Wenn Corona in Vergessenheit gerät
Alzheimer und Ausgangssperre: Wie Teuladas Patienten auch ohne Tagesstätte betreut werden
Teulada-Moraira – at. Einige verstehen die Situation. Sie schauen Nachrichten und wissen, worum es in der Coronavirus-Krise geht. Vielleicht vergessen sie es aber auch am nächsten Tag wieder. Und dass sie eine Schutzmaske aufsetzen müssen, macht sie ärgerlich, verwirrt sie. Jedes Mal. Auch andere ungewohnte „Kleinigkeiten“, wie das Abnehmen des Fingerringes beim Händewaschen, lassen ihre Welt aus den Fugen geraten. Für die Angehörigen ist das ein kleiner Kampf. Jedes Mal.
Für andere, schwerer Erkrankte, ist die Situation ohnehin zu kompliziert. Deshalb brauchen sie jemanden in ihrer Umgebung, der Ruhe ausstrahlt. Dann sind auch sie beruhigt. Auch das ist nicht leicht für die Familien. „Viele sind sehr erschöpft. Plötzlich müssen sie ihren Angehörigen rund um die Uhr pflegen“, sagt Carmen Mudarra. Sie ist die Direktorin des Alzheimer-Tageszentrums in Teulada, das seit Beginn des Notstands geschlossen ist. Die Patienten sind seitdem Tag und Nacht zuhause bei ihren Familien – die mit dieser anspruchsvollen Aufgabe aber nicht alleingelassen werden. „Wir halten die ganze Zeit über den Kontakt aufrecht“, sagt Mudarra.
Betreuung auch vor Ort
Sprich: Es gibt Zoom-Konferenzen mit den Angehörigen, es gibt bei Bedarf Hausbesuche – natürlich mit Sicherheitsmaßnahmen –, den Patienten werden einmal pro Woche „Hausaufgaben“gebracht, bei schweren Fällen sorgt eine Krankenschwester dafür, dass sich durch das viele Liegen keine Druckgeschwüre
bilden, ein Physiotherapeut bereitet Übungen vor und zeigt sie bei Bedarf vor Ort, auch eine Psychologin ist im Einsatz. „Wenn sie uns persönlich sehen, motiviert sie das“, sagt Mudarra.
Und trotzdem: Es ist nicht so wie vorher, weder für die Patienten noch für das Personal der Tagesstätte. „Für Alzheimer-Erkrankte ist der Körperkontakt so wichtig. Gerade wenn sie ihre Sprachfähgkeit verlieren, brauchen sie unsere Berührungen, das beruhigt sie. Aber genau diese Möglichkeit wurde uns jetzt genommen“, sagt Carmen Mudarra und denkt dabei auch daran, wie es sein wird, wenn das Zentrum hoffentlich bald wieder – unter Corona-Bedingungen – öffnen wird. „Sie müssen Abstand halten und wo das nicht möglich ist, Masken tragen. Die Tische stehen zwei Meter auseinander, Gruppenaktivitäten gibt es nur draußen im Hof. Materialien dürfen nur von einer Person benutzt oder müssen nach jedem Gebrauch desinfiziert werden, genauso wie unser Transporter.“
Zerstörte Routine
Wie diese „neue Normalität“mit den Alzheimer-Patienten funktionieren wird, hänge auch davon ab, in welchen Zustand sie zurückkommen. „Meine Mutter besuchte die Tagesstätte vor dem Notstand seit anderthalb Jahren“, sagt eine Angehörige. „Gerade als sie sich gut eingelebt hatte, wurde sie wegen Corona wieder aus ihrem neuen Alltag gerissen – und muss sich jetzt bald wieder auf eine neue Situation einstellen. Das wird sicherlich schwierig.“Denn gerade für Alzheimer-Patienten sind Routinen und Gewohnheiten sehr wichtig.
„Das haben wir auch den Familien vermittelt“, sagt Mudarra. Damit diese den aus dem Zentrum gewohnten Tagesablauf auch zuhause so gut wie möglich beibehalten. „Sie haben es wirklich sehr gut gemeistert“, lobt die Psychologin und ist optimistisch, dass ihre Schützlinge auch die nächste Herausforderung, die auf sie zukommt, meistern werden. Je früher das passiert, umso besser. Wann genau sie grünes Licht für die Wiedereröffnung erhält, wurde ihr jedoch noch nicht mitgeteilt.