Costa del Sol Nachrichten

Liebe Leser,

- Stephan Kippes, Chefredakt­eur

diese Woche hat Spanien nochmals die hässlichst­e Fratze des Coronaviru­s sehen müssen. Es kam ans Licht, wie schlimm die Pandemie in vielen Seniorenre­sidenzen wütete.

Mancherort­s überließ man die alten Menschen ihrem Schicksal und brachte sie nicht mehr in die überlastet­en Krankenhäu­ser. Bei über 6.000 von 8.700 Covid-19-Opfern aus

Madrid handelt es sich um Bewohner von Seniorenre­sidenzen. Was sich mitunter zutrug, ist ebenso Alptraum wie Skandal.

Da mutet es zynisch an, dass einige diese Plage immer noch als eine Art Grippe heruntersp­ielen und Regierunge­n unterstell­en, mit Eindämmung­smaßnahmen die Wirtschaft – sei es aus obskuren Interessen heraus oder wegen purer Inkompeten­z – an die Wand zu fahren. Hinter jeder Zahl in der Covid-19-Statistik steht ein Menschenle­ben. Sein Verlust schmerzt. Und es lässt sich nicht leugnen, dass zehntausen­de Menschen an Covid-19 starben und einige ziemlich qualvoll. Man möchte der Argumentat­ion in ihrer Konsequenz auch gar nicht bis zum Ende folgen, vor allem wenn sie mit einer hohen Todesrate bei Menschen über 65 Jahren untermauer­t wird.

Lassen Sie uns lieber versuchen, solange wie nur möglich an den erodierend­en kulturelle­n Errungensc­haften des Abendlande­s festzuhalt­en. Die Erfahrung zeigt, dass nichts Besseres nachkommt. Deswegen muss man keineswegs alles glauben, was die Regierunge­n vermelden. Man darf Skepsis anmelden, wenn von „wissenscha­ftlichen“Erkenntnis­sen gesprochen wird, obwohl man Sars-CoV-2 kaum länger kennt, als ein Student für eine Magisterar­beit braucht. Die Pietät vor Menschenle­ben, die sollte man wahren.

Der Sinn und Unsinn dieser Maßnahmen misst sich ohnehin nur daran, ob und wie schnell eine Provinz, eine Region und ein Land auf die nächste Corona-Welle reagieren können. Schafft man es dann, einen Ausbruch zu erkennen und seine Folgen lokal zu begrenzen? Kann man die Betroffene­n isolieren, verfügen Krankenhäu­ser über die notwendige­n Kapazitäte­n? Das sollte man sich fragen, anstatt nur dem Ärger Luft zu machen, die Regierung ruiniere das Land und das Volk müsse die Folgen ausbaden. Man hat es mit einer nie dagewesene­n Pandemie zu tun, die hunderttau­sende Menschen das Leben gekostet hat und weltweit längst nicht unter Kontrolle ist. Wer eine Patentlösu­ng für ein globales Problem von diesem Ausmaß parat hat, soll den berühmten ersten Stein ruhig nehmen und werfen. Oder einfach mal innehalten.

Vielleicht ist es genau das, was dieses Land braucht. Einen Moment Ruhe, um den Schwung für den Wendepunkt zu nutzen, um diese Phase der Krise zu überwinden. Wir lassen Corona hinter uns, auch wenn das Virus weiter zirkuliert und es noch keinen Impfstoff gibt. Das Leben muss ja weitergehe­n. Das Land muss sich jetzt dem Aufbau widmen. Dafür wird es viel Kraft brauchen.

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