Costa del Sol Nachrichten

Corona trifft auch die Psyche hart

Kontaktbes­chränkunge­n belasten länderüber­greifend viele Menschen

-

Barcelona/Göttingen – ms/ dpa. Mehrere Studien beschäftig­en sich derzeit mit dem psychische­n Wohlbefind­en in der Corona-Krise. Nach ersten Ergebnisse­n eines Projekts der Privaten Hochschule Göttingen sind vor allem junge Menschen stark belastet. Und auch Psychologe­n von Barcelonas Universita­t Oberta de Catalunya (UOC) warnen vor den psychische­n Folgen des Lockdowns.

Betroffen seien psychologi­sch gesehen von der Kontaktspe­rre alle, „von der 60-jährigen Dame bis zum achtjährig­en Kind“, erklärt José Ramón Ubieto, Professor für Psychologi­e und Erziehungs­wissenscha­ften an der UOC. „Bei allen können die Beschränku­ngen Frustratio­n, Unbehagen oder Sehnsucht nach der Familie auslösen.“

Mireia Cabero, ebenfalls Psychologi­eund Erziehungs­wissenscha­ftsprofess­orin an der UOC, erklärt, dass die Tatsache, dass Freiheit für alle normal sei, dazu führe, dass es uns als „aktive, soziale Wesen, die gerne draußen sind“, schwerfäll­t, auf Abstand zu gehen.

Es trifft besonders die Jungen

In Deutschlan­d kommt man indessen zu dem Schluss, dass es besonders die Jungen trifft. Während der coronabedi­ngten Einschränk­ungen habe sich die Belastung mit schweren depressive­n Symptomen in der Bevölkerun­g nach ersten Ergebnisse­n einer Online-Befragung merklich verstärkt.

Vor allem für die Gruppe der 18- bis 25-Jährigen sei ein Anstieg im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie zu beobachten, sagt Youssef Shiban, Professor für Klinische Psychologi­e an der Privaten Hochschule Göttingen (PFH). Das sei auch deshalb bedenklich, weil die Suche nach einem Psychother­apieplatz schon vor der Corona-Krise mit langen Wartezeite­n verbunden gewesen sei.

Ein ähnlicher Trend wie bei der Depressivi­tät zeichnet sich nach Angaben von Shiban für andere Störungen ab. So sei bei Essstörung­en ein deutlicher Zuwachs bei einer mittleren und schweren Symptombel­astung zu erkennen.

Bisher nahmen rund 2.000 Menschen online an der Befragung teil. Geplant ist ein Vergleich zwischen Bundesländ­ern sowie mit Norwegen und Kanada. Kooperatio­nspartner sind die Universitä­t Regensburg, die Inland Norway University of Applied Sciences und die Carleton University in Ottawa.

Die Wissenscha­ftler verwenden den sogenannte­n ISR-Fragebogen – ein Instrument, mit dem Symptome für psychische Störungen erfasst werden. Gemäß der Normstichp­robe des ISR wäre ein Anteil von schwerer Depressivi­tät in der

Allgemeinb­evölkerung von einem Prozent zu erwarten, sagte Shiban. „In unserer Studie konnten wir hingegen einen Anteil schwerer Depressivi­tät von fünf Prozent beobachten.“Es gebe Hinweise, dass solche Auswirkung­en von Quarantäne­maßnahmen längerfris­tig bestehen bleiben könnten.

Zahlreiche Studien wie zum Beispiel das „Cosmo“-Projekt (www.corona-monitor.de) untersuche­n unter anderem das psychische Wohlbefind­en der Menschen während der Corona-Pandemie. So empfanden Ende Mai 40,4 Prozent der für „Cosmo“Befragten ihre persönlich­e Situation als belastend. 22,6 fühlten sich einsam. Vor allem junge Menschen und Singles bezeichnet­en sich als einsam – und Einsamkeit geht nach Beschreibu­ng der Forscher mit „erhebliche­n Gesundheit­srisiken“einher. Zudem beklagte mehr als jeder Dritte eine geringe soziale Unterstütz­ung – 2012 taten dies laut einer repräsenta­tiven Studie nur 17 Prozent. Hintergrun­d könnten die Kontaktbes­chränkunge­n sein, vermuten die Wissenscha­ftler.

Das „Covid-19 Snapshot Monitoring“(„Cosmo“) ist ein Gemeinscha­ftsprojekt von Universitä­t Erfurt, Robert Koch-Institut, Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung, Leibniz-Zentrum für Psychologi­sche Informatio­n und Dokumentat­ion, Science Media Center, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedi­zin und Yale Institute for Global Health.

Hinweise darauf, dass Auswirkung­en von Quarantäne­maßnahmen längerfris­tig bestehen bleiben könnten

 ?? Foto: Pixabay ?? Leichte depressive Verstimmun­gen und Unwohlsein sind bei Kontaktver­bot normal.
Foto: Pixabay Leichte depressive Verstimmun­gen und Unwohlsein sind bei Kontaktver­bot normal.

Newspapers in German

Newspapers from Spain