Das Meer, der Müll und die Politik
Valencianische Fischer holten 2019 rund 76.000 Kilo Abfälle an Land – Villajoyosas Flotte als Pionier
Villajoyosa – ann. Es sind nicht nur Seebarsch, Makrele, Steinbutt oder Seeteufel, die sich in den Netzen von Villajoyosas Fischern verfangen. Es sind auch Flasche, Tüte, Kanister und – neuerdings verstärkt – Atemschutzmaske. Seit 2015 nehmen die Seeleute diesen hässlichen Beifang auch mit an Land und entsorgen ihn in den gelben Containern im Hafen.
Villajoyosas Fischer waren vor fünf Jahren die Pioniere dieser Recyclingaktion in ganz Spanien, nach und nach haben sich praktisch alle Genossenschaften im Land Valencia und auch in anderen Küstenregionen Spaniens der Initiative „Upcycling the oceans“der Stiftung Ecoalf angeschlossen, die aus dem Plastikmüll hochwertige Kleidung herstellt. Im vergangenen Jahr holten die 932 Fischer der 14 valencianischen Fischerhäfen auf diese Weise gut 76.000 Kilo Müll aus dem Mittelmeer.
„Wir leben praktisch im Meer“
„Die Ersten, die daran interessiert sind, dass das Meer gesund ist, sind wir Fischer, wir leben praktisch darin“, erklärt José Ignacio Llorca Ramis, Vorsitzender der Fischereigenossenschaft in Villajoyosa, die Gründe, warum sich die Fischer der Initiative vor fünf Jahren anschlossen. Inzwischen zeige diese auch Früchte. „In bestimmten Gegenden, in denen wir immer wieder arbeiten, holen wir nach fünf Jahren tatsächlich etwas weniger Müll an Bord“, erzählt er.
Doch wenn die Fischkutter das Gebiet wechselten, würden sie auch wieder mehr Müll finden. „Die Sauerei ist, dass wenn es regnet, der ganze Plastikmüll aus den Flüssen ins Meer gespült wird“, meint Llorca Ramis. „Man müsste eigentlich an der Flussmündung, eine Art Gitter oder so etwas anbringen, um dies zu verhindern.“Eines sei klar: „Es nützt nichts, wenn wir den Müll aus dem Meer fischen, aber die Leute sich des Problems nicht bewusst sind“, bemerkt der Vorsitzende der Fischer.
Dabei ist das verdreckte Meer nur eines der Probleme, mit denen der Fischereisektor zu kämpfen hat. Wegen der Covid-19-Pandemie mussten die Kutter lange vertäut im Hafen liegen, jetzt können sie zwar wieder aufs Meer fahren, doch die Nachfrage nach Fisch ist in den ebenfalls von der Krise gebeutelten Restaurants und Hotels nur gering.
In dieser Woche hat die Landesregierung ein Hilfspaket von einer Million Euro für den Sektor angekündigt. „Es ist eine Hilfe, aber sie ist vollkommen unzureichend für unsere Verluste während der Krise“, meint José Ignacio Llorca. Denn die Flotte könne zwar jetzt wieder auf Fang gehen, doch die Preise für Fisch seien wegen der geringen Nachfrage logischerweise sehr niedrig.
Sorge bereitet den Fischern auch das im Mai verabschiedete Dekret APA/423/2020, in dem die spanische Regierung die Fangtage für Schleppfischer beschränkt, um eine Erholung der Fischbestände im Mittelmeer zu erreichen. Das Dekret stützt sich auf EU-Vorgaben. Für die Fischerflotte in Villajoyosa
würde dies bedeuten, dass sie nur an 185 Tagen im Jahr zur See fahren dürfte. „Die Regierung hat uns in dieser Angelegenheit nicht zu Rate gezogen, sie haben sich über uns lustig gemacht“, so Llorca erzürnt. „Wenn sie nicht einlenken, wird der spanische Fischereiverband vor Gericht ziehen.“