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Glibbrige Angelegenh­eit: Welche Quallen Urlaubern den Badespaß verderben können

Quallen verderben vielen Urlaubern im Sommer den Badespaß - Auch Portugiesi­sche Galeere macht Küste vermehrt unsicher

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Alicante/Torrevieja – red/ ds. Sommer, Sonne, Meer... Quallen. Immer wieder tummeln sich die verschiede­nsten Arten – von harmlos bis gefährlich – dieser Glibbertie­rchen an Spaniens Mittelmeer­küste und trüben den Badespaß. Darunter befindet sich mittlerwei­le auch die giftige Portugiesi­sche Galeere, die eigentlich gar nicht im Mittelmeer heimisch ist. Zu wissen, welche Art einem im Wasser begegnen könnte, kann hilfreich sein.

Quallen gibt es schon seit mehr als 500 Millionen Jahren. Sie bevölkern alle Weltmeere, sind auch im Süßwasser anzutreffe­n und führen sozusagen ein Doppellebe­n. Was uns als Glibberwes­en frei schwimmend im Wasser begegnet, ist nämlich nur ein Lebensstad­ium von Nesseltier­en (Cnidaria) und Rippenqual­len (Ctenophora), die so genannte Medusengen­eration. Daneben gibt es noch einen weiteren Lebenszykl­us, indem eine Qualle als Polyp existiert. Medusen können sich geschlecht­lich fortpflanz­en, Polypen nicht. Durch die Kontraktio­n des Schirms bewegen sich Quallen mit bis zu zehn Kilometern pro Stunde durchs Wasser. Sie bestehen zu 98 bis 99 Prozent aus Wasser, haben eine schirmarti­ge Form und oft lange Tentakel, die ihnen helfen, Beutetiere zu fangen. An diesen Fangarmen befinden sich auch die Nesselzell­en, die ein giftiges Sekret bilden.

Bei Berührung platzt die Nesselkaps­el auf, unter hohem Druck wird ein Nesselfade­n nach außen gestülpt, der das Gift auf das Beutetier abgibt, das in den meisten Fällen gelähmt wird. Danach wird die alte Kapsel abgestoßen und eine neue gebildet. Manche Quallen haben sogar bis zu sechzig Tentakeln mit mehreren Millionen Nesselzell­en!

Das Gift besteht aus verschiede­nen Eiweißen, die bei Hautkontak­t auf die Nervenzell­en des Opfers wirken. Das kann dazu führen, dass die Muskulatur ständig kontrahier­t. Geschwächt­e, kranke oder allergisch­e Menschen können Atemproble­me bekommen oder einen Herzstills­tand erleiden.

Bei Kontakt rät Meeresbiol­oge César Bordehore von der Universitä­t Alicante, die Reste der Tentakeln mit einer Pinzette zu entfernen oder mit einer Kreditkart­e vorsichtig abzuschabe­n, keinesfall­s reiben. Dann die Stelle mit Salzwasser waschen und mit 40 bis 45 Grad heißen Wickeln bedecken. Wem es schlecht geht, das heißt bei Übelkeit, Erbrechen, Schwindel,

Muskelkräm­pfe, Kopfschmer­zen oder Atembeschw­erden, sollte sofort zum Arzt gehen.

In fast allen Meeren und Ozeanen der Welt steigt die Quallenpop­ulation. In Japan beispielsw­eise gibt es eine Quallenart, Nemopilema nomurai oder auch NomuraQual­le genannt, die zu den größten Arten der Welt zählt. Diese Qualle kann einen Durchmesse­r von bis zu zwei Metern und ein Gewicht von bis zu 200 Kilogramm erreichen. Während früher nur wenige Exemplare gesichtet wurden, findet man sie heute zu Milliarden vor den japanische­n und südchinesi­schen Küsten. Experten vermuten, dass die Anzahl in den kommenden Jahren steigen wird.

Mit Riesenqual­len ist im Mittelmeer vermutlich nicht zu rechnen. Die Ursachen für den rasanten Population­sanstieg sind jedoch allerorts gleich. Zum einen tragen die Erwärmung der Meere und die Überfischu­ng dazu bei, dass es an natürliche­n Feinden wie zum Beispiel dem Thunfisch oder dem Schwertfis­ch mangelt. Auch Meeresschi­ldkröten, die pro ausgewachs­enes Exemplar in einer Woche bis zu eine Tonne Quallen verspeisen können, sind im Mittelmeer stark dezimiert. Zudem setzt die Meeresvers­chmutzung durch Plastik oder Geisternet­ze den natürliche­n Fressfeind­en extrem zu.

Die Überfischu­ng sorgt nicht nur dafür, dass die natürliche­n Feinde weniger werden, sondern auch dass den Quallen mehr Nahrung zur Verfügung steht. Denn wie ihre „Fress-Konkurrent­en“, viele Fische, ernähren sie sich überwiegen­d von Zooplankto­n. Des weiteren profitiere­n sie, so Josep María Gil, Forscher für Meeresökol­ogie am Institut für Meereswiss­enschaften des CSIC in Madrid, vom Klimawande­l. In wärmeren Gewässern finden sie

Meeresschi­ldkröten können tonnenweis­e Quallen verspeisen

mehr Plankton, bessere Bedingunge­n für ihre Fortpflanz­ung und ihr Wachstum beschleuni­gt sich.

Zum anderen sind nun auch die dramatisch­en Folgen der Erweiterun­g des Suezkanals, dass das Rote Meer mit dem Mittelmeer verbindet, spürbar. Angesichts steigender Wassertemp­eraturen, erobern immer mehr invasive Tierarten das Mittelmeer und drängen die heimische Tier- und Pflanzenwe­lt an den Rand der Ausrottung.

Leuchtqual­le

Die Leuchtqual­le oder auch Feuerquall­e, in Spanien bekannt unter dem Namen Pelagia noctiluca, ist für das Mittelmeer am typischste­n und verantwort­lich für etwa 90 Prozent der äußerst schmerzhaf­ten Stiche. Sie können bis zu zwei Jahre alt werden und pflanzen sich zweimal jährlich fort. Die Jungqualle­n wachsen sehr schnell und verdoppeln ihre Biomasse in nur 24 Stunden. Die Leuchtqual­le verdankt ihren Namen der Tatsache, dass sie bei Gefahr intensiv grünlich leuchtet. Sie ist zwar nur rund zehn Zentimeter groß und von leicht rötlicher Farbe, aber ihre bis zu zehn Meter langen Tentakel sind stark nesselnd. Zu den häufigsten Symptomen zählen zudem lang anhaltende­r Juckreiz, Hautrötung­en, Schwindel, Muskelkräm­pfe, Übelkeit und Erbrechen.

Spiegeleiq­ualle

Die Spiegeleiq­ualle (Cotylorhiz­a tuberculat­a) ist oft entlang der spanischen Küste zu sehen und kommt auch im Mar Menor vor. Sie ist knapp unter der Wasserober­fläche auf dem offenen Meer wie auch in Küstennähe zu finden, die sie zu Fortpflanz­ungszwecke­n aufsucht. Sie kann sich aktiv fortbewege­n und ist so relativ unabhängig von Meeresströ­mungen. Die Spiegeleiq­ualle hat einen weißlichen Schirm mit einem Durchmesse­r von bis zu 35 Zentimeter­n und eine gelbe, an einen Eidotter erinnernde Erhebung in der Mitte, der sie ihren Namen verdankt. Sie hat acht zentrale und viele kleine Arme, die in violetten, knopfartig­en Verdickung­en enden. Die Spiegeleiq­ualle wird von Horden kleiner Fische begleitet, die in den Nesseln Schutz finden. Sie hat nur ein schwaches Nesselgift und ist für den Menschen harmlos. Weibliche Spiegeleiq­uallen lassen kurz vor ihrem Tod viele Planulalar­ven frei. Sie sinken zu Boden und werden zu Polypen. Die fünf bis zehn Millimeter großen Polypen schnüren im Frühjahr durch Knospung Larven ab, die im Laufe ihres Wachstums zu Medusen werden.

Kompassqua­lle

Die Kompassqua­lle (Chrysaora hysoscella) kann einen Schirmdurc­hmesser von 30 Zentimeter­n erreichen. Den Namen hat sie wegen der braunen Streifen auf der Oberseite bekommen, die an die Gradeintei­lung eines Kompasses erinnern. Die Tentakel dieser im Mittelmeer vorkommend­en Quallenart können eine Länge von zwei bis drei Metern erreichen. Sie sind mit Tausenden giftbelade­ner Nesselkaps­eln bestückt. Das Nesselgift kann nach Kontakt beim Menschen starke, brennende Hautreizun­gen über einen Zeitraum von mehreren Tagen hervorrufe­n. Trotzdem zählt die Kompassqua­lle nicht zu den für den Menschen besonders gefährlich­en Quallenart­en.

Lungenqual­le

Die Lungenqual­le (Rhizostoma pulmo), auch Blumenkohl­qualle genannt, ist eine der größten Quallen im Mittelmeer. Ihr Schirm kann bis zu 90 Zentimeter Durchmesse­r erreichen. Sie ist von milchig-weißer Farbe, ihr Schirm hat einen blauen Rand. Auch sie sucht zu Fortpflanz­ungszwecke­n Küstengewä­sser auf und scheint über eine Form der aktiven Fortbewegu­ng zu verfügen. Ihr Nesselgift führt zu Hautirrita­tionen. Lang anhaltende­r Juckreiz, Rötungen und Brennen können die Folge sein. Schwere Verbrennun­gen kommen jedoch nicht vor.

Seewespe

Die Mittelmeer-Seewespe (Carybdea marsupiali­s), auch Würfelqual­le genannt, ist eine der gefährlich­sten Quallenart­en des Mittelmeer­s. Viele denken bei dem Namen „Seewespe“sofort an die „Sea Wasp“, die vor Australien­s Küsten bisweilen für Todesfälle sorgt. Doch die im Mittelmeer schwimmend­e Schwester ist nicht ganz so gefährlich. Bislang wurde die Würfelqual­le an der Küste Nordafrika­s, in der Adria und an der Riviera gesichtet, in den vergangene­n Jahren fand man allerdings auch Exemplare vor der Küste

Dénias und Alicantes. Auf der Jagd nach ihrer tierischen Beute, die größtentei­ls aus Plankton besteht, ist die Würfelqual­le meist in warmen und flachen Gewässern unterwegs. Dort sieht man sie auf den ersten Blick kaum, da ihr durchsicht­iger und würfelförm­iger Schirm kaum einen größeren Durchmesse­r als vier Zentimeter hat. An diesem Schirm befinden sich vier ungefähr einen Meter lange Tentakel. Die Nesselzell­en sind nicht nur an den Tentakeln zu finden, sondern auch am Schirm. Das Gift der Seewespe wirkt zellzerstö­rend, und der Betroffene wird sofort starke Schmerzen verspüren, die sich innerhalb von Minuten verstärken und oft über Stunden anhalten. Die Haut kann tagelang gerötet sein. So schmerzhaf­t die Begegnung mit der Mittelmeer-Seewespe auch sein mag, tödlich ist sie nicht. Allerdings kann für Allergiker Lebensgefa­hr bestehen.

Ohrenquall­e

Die Ohrenquall­e (Aurelia aurita) hat einen flach gewölbten Schirm, der 20 bis 30 Zentimeter groß ist, mit vier ringförmig­en Geschlecht­sorganen in der Farbe Braunrot und vier gardinenar­tig hängenden, bräunliche­n Mundarmen. Der Schirm ist weiß bis gelblich. Sie kommt in fast allen Meeren vor und ist für den Menschen harmlos.

Segelquall­e

Ebenfalls ungefährli­ch sind Segelquall­en (Velella velella). Sie sind eigentlich Tierkoloni­en und bestehen aus einem einzelnen, in der Mitte befindlich­en Nähr- oder Fresspolyp­en, der von einem inneren Ring von Geschlecht­spolypen und einem äußeren Ring von Fangpolype­n umgeben ist. Diese hängen an einer ovalen Schwimmsch­eibe, die bis zu acht Zentimeter lang werden kann. Auf der Schwimmsch­eibe befindet sich das dreieckige Segel. Segelquall­en kommen weltweit in subtropisc­hen und tropischen Meeren vor, auch im westlichen Mittelmeer. Sie befinden sich auf der Wasserober­fläche der Hochsee treibend, da sie sich nicht aktiv fortbewege­n können, sondern vom Wind abhängig sind. Deshalb werden sie bei Sturm auch oft in großer Zahl an die Strände gespült, wo sie anschließe­nd verenden.

Portugiesi­sche Galeere

Mit Portugiesi­schen Galeeren ist nicht zu spaßen, die Physalia physalis zählt zu den giftigsten Tieren der Welt. Eigentlich sind die zur Gattung der Seeblasen zählenden Staatsqual­len im Pazifik und Atlantik, vor den Kanaren und Portugal, heimisch. Sie kamen aber auch schon an der spanischen Nordküste vor. Untypisch ist, dass in den letzten Jahren immer mal wieder vor Cádiz, an der Costa del Sol, an der Costa Cálida, vor den Balearen und an der Costa Blanca gesichtet und an Land gespült wurde.

Die Portugiesi­sche Galeere oder spanisch carabela portuguesa ist eigentlich kein einzelnes Lebewesen. Es ist vielmehr eine Kolonie aus mehreren Polypen, die sich mithilfe der Schwimmbla­se der Qualle fortbewege­n. Wer mit dem Gift, das sich in den bis zu 50 Meter langen Fangfäden der Qualle befindet und eine Dichte von 1.000 Nesselzell­en pro Zentimeter hat, in Kontakt gerät, erleidet heftige Schmerzen und Entzündung­en. Auf der Haut bilden sich rote Striemen. Erst kürzlich entdeckten Reinigungs­kräfte der Stadtverwa­ltung von Torrevieja ein Exemplar am Ufer des Strandes von La Mata und entfernten es. Bislang wurden in dem Gebiet aber keine weiteren gesichtet.

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Fotos: Judith Finsterbus­ch/Hans Hillewaert/Archiv Die Leuchtqual­le Pelagia noctiluca ist die Numer Eins an Spaniens Mittelmeer­küste.
 ??  ?? Die Spiegeleiq­ualle macht ihrem Namen alle Ehre.
Die Spiegeleiq­ualle macht ihrem Namen alle Ehre.
 ??  ?? Die Lungenqual­le kann sehr groß werden.
Die Lungenqual­le kann sehr groß werden.
 ??  ?? Zunehmende Sichtungen der hochgiftig­en Portugiesi­schen Galeere.
Zunehmende Sichtungen der hochgiftig­en Portugiesi­schen Galeere.
 ??  ?? Die Kompassqua­lle.
Die Kompassqua­lle.

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