Unser Dorfmetzger Salvatore
Klein aber fein – Eine Hommage an die andalusischen Metzgereien vor Ort
Auf dem Dorf ist man ja froh über jede Art von Einzelhandelsversorgung wie die meist immer vorhandene Tapas-Bar, Pferdezubehör und vor allem über den Tante-Emma-Laden. Klar, das ist eine Achillesferse des Landlebens: die Unterversorgung vor allem im Lebensmittelbereich, da ja jeder über fahrbare Untersätze verfügt und zum Großeinkauf zu den Discountern fährt. Aber was bin ich froh auch über den kleinsten Bäcker mit notwendigstem Kochbedarf wie Salz, Butter und Zucker oder CampingKiosk mit frischer Tageszeitung, um nicht immer das Auto hervorziehen zu müssen.
So muss auch die Rede sein von meinem einheimischen Metzger oder Carnicero, wie er hier heißt. Sein Laden liegt in unserem Dorf ganz versteckt als letzter im Eck unter den Arkaden, und ich wurde seinerzeit darauf nur aufmerksam, weil davor eine Schlange von einheimischen, meist älteren Frauen bis auf die Straße hinaus stand. Neugierig wie ich bin, stellte ich mich mit an, denn davon kann man ausgehen: Die gestandenen, resoluten Mamas und Abuelas,
die pünktlich mittags das Essen für die große Familie auf den
Tisch bringen müssen, die wissen, wo man gut und günstig einkauft. So entdeckte ich die qualitätsvollste
Fleisch-Einkaufsquelle im Umkreis von mindestens 30 Kilometer.
Salvatore, der stämmige aber fesche Metzger hat nicht täglich alles vorrätig, aber dafür immer frisch. Und es schmeckt! Das Rinderfilet ist genügend lang abgehangen und zergeht auf der Zunge, die zunächst unscheinbaren, also nicht knallrot aussehenden Koteletts, kommen vom Cerdo iberico, das
wild in den Eichenwäldern lebt; sein Huhn, das lebend garantiert frei herumlief, lässt schon entfernter liegende angenehme Kindheitserinnerungen hoch kommen, als es auch noch in Deutschland so echt mundete und nicht nach wässrigem Einheitsfleisch schmeckte. Hündin Samba weiß ebenfalls seine großzügig bemessenen, kostenlosen Reste zu schätzen.
Auch mein Mann ist seitdem total verwöhnt und merkt sofort, wenn ich „fremdging“und in einer anderen Carnicería oder gar im Supermarkt eingekauft hatte. „Warst Du etwa heute nicht bei ‚unserem‘ Metzger?“heißt es da gleich vorwurfsvoll. Damit nicht genug: Salvatore hat bis genau 14.15 Uhr geöffnet, diese Viertelstunde rettet mich immer bei meinem täglichen Wettlauf gegen die Schließungen um 14.00 Uhr. Nähert man sich seinem Laden und es ist gerade nicht viel los, dann hört man ihn schon von weitem Latinogesänge schmettern mit einer herrlichen Baritonstimme – tja bei dem „Resonanzboden“, sprich breiten Brustkorb. Kein Wunder, dass man ihn bei den Semana-Santa-Umzügen für die Saeta-Gesänge holt.
Bestes Fleisch an der Küste
Wie alle echten Spanier leidet auch er nicht unter fehlendem Selbstbewusstsein. Als ich mich neulich nach den Feiertagen mit dank seiner Grundmaterialien überaus gelungenen Mahlzeiten bemüßigt fühlte, ihn überschwänglich zu loben: „Salvatore, Du hast das beste Fleisch an der ganzen Küste“, da lautete die Antwort knapp: „Ich weiß.“
Mein Mann merkt sofort, wenn ich mal „fremd gegangen“bin