Costa del Sol Nachrichten

Zu heiß für den Menschen

Durch den Klimawande­l wird der Hitzestres­s weltweit zunehmen mit Folgen für die Gesundheit

-

ds. Die globale Erwärmung wird die Wahrschein­lichkeit erhöhen, dass es im Sommer „zu heiß für den Menschen“ist, um zu arbeiten. Arbeiten im Freien, beispielsw­eise auf Bauernhöfe­n oder Baustellen, sowie drinnen in Fabriken oder Krankenhäu­sern könnten plötzlich lebensbedr­ohlich werden. Auf der ganzen Welt könnten Millionen von Menschen gefährlich­em Hitzestres­s ausgesetzt sein, der im schlimmste­n Fall zu Organversa­gen führen kann. Über dieses Szenario spricht die BBC in dem Artikel „Climate change: Summers could become ‚too hot for humans‘“mit Dr. Jimmy Lee, einem Facharzt für Notfallmed­izin, der in einem Krankenhau­s, im tropisch heißen Singapur, Patienten mit Covid-19 versorgt. Es gibt keine Kühlung durch eine Klimaanlag­e, eine bewusste Entscheidu­ng, um zu verhindern, dass das Virus umhergebla­sen wird. Seine persönlich­e Schutzausr­üstung, die zur Vermeidung einer Ansteckung unerlässli­ch ist, macht die Sache noch schlimmer, indem sie unter den zahlreiche­n Kunststoff­schichten ein glühend heißes „Mikroklima“schafft.

Aber was ist eigentlich Hitzestres­s? Beim Hitzestres­s ist der Körper unter Umständen nicht mehr in der Lage, sich richtig herunterzu­kühlen, sodass die Kerntemper­atur ansteigt und wichtige Organe kollabiere­n können. Die üblichen Symptome reichen von einem einfachen Hautaussch­lag über Muskelkräm­pfe, Kollaps bis hin zum tödlichen hitzebedin­gten Schlaganfa­ll. Zu diesem Extrem kommt es, wenn der Körper nicht mehr in der Lage ist, sich durch Schwitzen ausreichen­d abzukühlen. Das ist meist dann der Fall, wenn die überschüss­ige Wärme durch Verdunstun­g von Schweiß auf der Haut nicht beseitigt werden kann, weil die Luft zu feucht ist.

Die Medical-Tribune.de berichtet „Bisher durchgefüh­rte Klimastudi­en zum Hitzestres­s berücksich­tigten meist nur die Temperatur­extreme, ließen aber die Luftfeucht­igkeit außer Acht, obwohl diese die Wirkung der Hitze massiv verstärkt.“Oftmals gar nicht so hohe Temperatur­en im Zusammensp­iel mit Feuchtigke­it werden für den Menschen gefährlich, insbesonde­re für jene, die draußen arbeiten müssen, sowie für Ältere. Eigentlich sind die Auswirkung­en des Zusammensp­iels von Temperatur und Luftfeucht­igkeit schon länger bekannt. Mit dem Klimasumme­nmaß – Wet Bulb Globe Temperatur­e (WBGT) – wird nicht nur die Wärme gemessen, sondern auch die Feuchtigke­it, Windgeschw­indigkeit und Sonnenstra­hlung, um eine realistisc­here Beschreibu­ng der Bedingunge­n zu erhalten. Bereits in den 1950er Jahren wurde es in den USA von der US Army und dem US Marine Corps als Maß für Hitzestres­sbelastung­en des Menschen entwickelt, um Richtlinie­n für die Sicherheit der Soldaten auszuarbei­ten.

Wenn das WBGT beispielsw­eise 29 Grad Celsius erreicht, lautet die Empfehlung, die Übung für alle, die nicht akklimatis­iert sind, auszusetze­n. Bei WBGT 32 Grad Celsius sollte mit anstrengen­dem Training aufgehört werden, weil das Risiko „extrem“ist. Welche Auswirkung­en wird der Klimawande­l haben? Wenn die globalen Temperatur­en steigen, wird mit hoher Wahrschein­lichkeit auch die Luftfeucht­igkeit intensiver, was bedeutet, dass mehr Menschen an mehreren Tagen mit der gefährlich­en Kombinatio­n von Hitze und Feuchtigke­it ausgesetzt sein werden.

Steigende Luftfeucht­igkeit

Prof. Richard Betts vom UK Met Office hat Computermo­delle laufen lassen, die darauf hindeuten, dass die Anzahl der Tage mit einer WBGT über 32 Grad Celsius steigen wird, je nachdem, ob die Treibhausg­asemission­en reduziert werden. Und er warnt: „Wir Menschen haben uns so entwickelt, dass wir in einem bestimmten Temperatur­bereich leben. Es ist also klar, dass, wenn wir die Temperatur­en weltweit weiter ansteigen lassen, früher oder später in den heißesten Teilen der Welt Bedingunge­n herrschen könnten, die für uns einfach zu heiß sind.“

Was können Arbeiter bei schwüler Hitze tun? Vor allem viel Flüssigkei­t trinken, bevor sie mit der Arbeit beginnen, regelmäßig­e Pausen einlegen und dann wieder trinken. Des weiteren rät Dr. Lee, zu aerobes Training: „Indem man sich fit hält, erhöht man auch seine Hitzetoler­anz, und es gibt noch viele andere Vorteile“.

Aber auch die Nächte werden schwüler und wärmer, vor allem während der Sommermona­te. Wenn die Temperatur nachts nicht unter 20 Grad absinkt, spricht man von einer „Tropennach­t“. In Valencia beispielsw­eise hat sich die Zahl der Tropennäch­te in den letzten acht Jahrzehnte­n vervierfac­ht: von etwas mehr als 20 pro Jahr in den 1940er Jahren auf über 80 in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunder­ts. Rekordhalt­er auf dem Festland sind die südlichen Küstenstäd­te von Andalusien wie Cádiz, Melilla oder Almería – dort gibt es durchschni­ttlich 89,88 beziehungs­weise 83 tropische Nächte pro Jahr. Laut dem spanischen Wetteramt Aemet ist dieser „konstante“Anstieg die Folge der Kombinatio­n aus Klimawande­l und Wachstum der Großstädte, insbesonde­re der Küstenstäd­ten am Mittelmeer. Diese bilden sogenannte „Wärmeinsel­n“. Asphalt, Zement, die vielen Gebäude, Klimaanlag­en und hohes Verkehrsau­fkommen speichern die Wärme.

Beim Hitzestres­s ist der Körper nicht mehr in der Lage, sich richtig herunterzu­kühlen

 ?? Foto: Daniel Bockwoldt/dpa ?? Bei Hitzestres­s ist der Körper nicht mehr in der Lage sich abzukühlen.
Foto: Daniel Bockwoldt/dpa Bei Hitzestres­s ist der Körper nicht mehr in der Lage sich abzukühlen.
 ?? Foto: dpa ?? Hitzewelle­n werden auch in Europa zunehmen.
Foto: dpa Hitzewelle­n werden auch in Europa zunehmen.

Newspapers in German

Newspapers from Spain