Costa del Sol Nachrichten

Liebe Leser,

- Stephan Kippes, Chefredakt­eur

die Coronafäll­e nehmen in Spanien zu. Damit sage ich Ihnen nichts Neues. Aber es ist so.

Akzeptiere­n Sie es. Da draußen ist ein Virus, und es breitet sich aus. Punkt. Nicht mehr als das, auch nicht weniger. Villajoyos­a macht aber deswegen nicht dicht, nur weil da draußen ein Virus dem Lauf seiner Natur folgt und jetzt und in unserem Echtzeital­ter unbedingt irgendetwa­s passieren muss. Und zwar gleich.

Wie zum Beispiel auch falsch berichtet wurde, dass Spanien am 18. September die Grenzen schließt. Neuer Lockdown, neues confinamie­nto – absoluter Schwachsin­n!

Wir bewegen uns auf einem schmalen Grat zwischen einer real existieren­den Bedrohung und einer aufgebausc­hten Panik. Auf der Plaza Mayor in Madrid geht es momentan so zu wie in der Westernkul­isse von „Zwölf Uhr Mittags“. Keine Menschense­ele zu sehen. Da muss was passieren, unerträgli­ch diese Spannung! Versetzen Sie sich mal in die Haut vom Bürgermeis­ter von Villajoysa, der bei der Zeitungsle­ktüre mitbekommt, dass seine Stadt auf eine noch gar nicht existieren­de Bedrohung mit einer Ausgangssp­erre reagieren wird. Und all das nur, weil laut einer Standardph­rase in einer Pressemitt­eilung im Falle einer schlimmere­n Entwicklun­g zu drastische­ren Maßnahmen gegriffen werden muss. Die Zeitung griff einfach gleich ganz oben im Titel – weiter liest ja fast keiner mehr – zu drastische­n Maßnahmen. Irgendwas muss ja passieren – warum eigentlich? Sie sind schon noch bei mir, oder? Hier passiert nämlich – hoffentlic­h – gar nichts.

Wir haben doch alle eine vage Ahnung, mit wem wir es zu tun haben, wie wir uns vor Corona schützen können. Das Leben im Zeichen von Covid-19 spielt sich im Hier und Jetzt ab. Niemand weiß, was morgen sein wird. Was wir wohl wissen, ist, dass wir bei einer starken Zunahme der Ausbrüche mit lokal begrenzten Quarantäne­maßnahmen rechnen müssen. Legt man die Fakten auf den Tisch, kann man vielleicht ahnen, was passiert und passieren könnte. Die Reisewarnu­ngen deuten klar darauf hin: dass Spanien Schwierigk­eiten hat, das Coronaviru­s unter Kontrolle zu bringen. Zu Recht fordern namhafte Experten eine unabhängig­e und interdiszi­plinäre Untersuchu­ng darüber, wie diese virale Bedrohung hier gehandelt wird. Man macht zu viele Fehler. Sicherlich hat das Gesundheit­swesen mehr Schwachste­llen als angenommen. Und der Herbst rückt näher. Abermals könnte es unter Druck geraten. Im September nimmt das normale Leben wieder an Fahrt auf, Schule, Arbeit, Verkehr – und all das im Zeichen des Coronaviru­s. Dann wird in den Straßen das Ausmaß des Schadens sichtbar, den die Pandemie angerichte­t hat. Der Laden nebenan macht vielleicht nicht mehr auf, die Nachbarn gehen nicht mehr arbeiten und in der Schule gibt es nicht genug Lehrer. Lang wird es wohl nicht dauern, bis Existenzan­gst, Armut, Frust und Wut auf die Regierung sich in sozialen Protesten entladen – zumal es an politische­n Akteuren auch nicht fehlt, die diese ordentlich anheizen. Dann passiert was in diesem Land.

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