Mein Haus, sein Heim: 3.611 Hausbesetzungen in Barcelona
Barcelona verzeichnet 3.611 Hausbesetzungen in sechs Monaten – Polizei oft machtlos
Barcelona – sk. Viele Spanier brechen derzeit in die Ferien auf. Dabei begleitet einige weniger das ungute Gefühl, dass während ihrer Abwesenheit eingebrochen werden könnte, als vielmehr die Furcht vor einer Besetzung ihres Heims durch Okupas. Hausbesetzungen scheinen zuzunehmen. In Katalonien registrierte das Innenministerium im ersten Halbjahr 3.611 Anzeigen wegen Haus- und Wohnungsbesetzungen, fast 500 mehr als im Vorjahreszeitraum. Diese Zahlen stellen die anderer Regionen krass in den Schatten und erwecken zeitweise den Eindruck, man könne eine Immobilie ruhigen Gewissens nicht mehr allein lassen. In Andalusien gingen im selben Zeitraum 1.183 Anzeigen ein, während die Zahlen in Madrid rückläufig sind: Dort erfassten die Behörden 657.
„Es ist nicht wahr, dass eine Person, die ein paar Tage außer Haus ist, bei ihrer Rückkehr nicht mehr reinkommt, weil es besetzt ist. In dem Moment, in dem der Eigentümer die Polizei ruft und versichert, dass es sich um seinen Wohnsitz handelt, müssen die Okupas gefasst werden“, versichert die katalanische Landespolizei Mossos d’Esquadra.
Die Landespolizei wertet den Sachverhalt von Wohnungsbesetzungen als komplex, in dem nicht nur das Recht des Eigentümers einfließt, sondern auch das in der Verfassung verankerte Recht auf eine Wohnung. Darauf berufen sich Okupas, wenn sie Immobilien besetzen, die leer stehen und nicht als Wohnsitz angesehen werden.
Ordnungshüter dürfen wohl eine Besetzung verhindern, aber in eine Wohnung können sie nicht einfach mit Gewalt eindringen – selbst wenn der Hausherr ein Besetzer ist. Ab 48 Stunden nach der Besetzung ist ein richterlicher Befehl notwendig. Andernfalls sehen sich am Ende die Polizisten mit juristischen Konsequenzen konfrontiert – etwa einer Klage wegen Amtsmissbrauch. Auf gewaltlose Besetzung stehen dagegen Strafen von drei bis sechs Monaten in Form von Tagessätzen – ein Bagatelldelikt in den Augen der Polizei.
All das wissen auch die Mafias, die in und um Barcelona leer stehende Immobilien besetzen, Schlösser austauschen und die Schlüssel an Kleindealer weitergeben. Wenn viel Zeit verstreicht, kann es für den Eigentümer kompliziert werden, die Eindringlinge
Sind die Schlösser getauscht, wird es für Eigentümer kompliziert
loszuwerden. Sicher, der Rechtsweg steht offen, aber er kann sich hinziehen. Es gibt Anwälte, die sich auf solche Fälle spezialisieren. Leidtragende heuern auch Firmen wie Desokupa an, die die Okupas mehr oder wenig nachdrücklich auf die Straße setzen.
Oftmals aber bedeutet das für Eigentümer ein bitteres Drama mit finanzieller und emotionaler Belastung. Bisweilen müssen auch Anwohner mitansehen, wie ihr Viertel verkommt und einen Menschenschlag mit hohem Konfliktpotential anzieht. Jüngst ist das in Licorella de Cubelles passiert, wo sich 70 Familien mit einem Mal von Personen, die leer stehenden Bankbesitz in Beschlag nahmen, bedroht fühlten. Die Anwohner versuchten mit einer Menschenkette Okupas am Zugang zu hindern, die von der Polizei aufgelöst wurde.