Zurück in die 80er Jahre
Schwarzes Jahr für Tourismus – Lobbyisten fordern Kurzarbeit bis Ostern und Staats- und EU-Gelder
Madrid – tl. Die TourismusLobby Exceltur hat ihre VerlustErwartung korrigiert. Jetzt sollen es bereits fast 99 Milliarden Euro sein, die Spaniens wichtigstem Wirtschaftszweig am Jahresende fehlen werden, 15 Milliarden mehr, als prognostiziert worden war. Der Umsatzrückgang im Tourismus wird demnach 64,7 Prozent betragen. Was den Auslands-Tourismus anbetrifft, werde die Nachfrage nach einem Spanien-Urlaub um 84 Prozent gesunken sein. „Dieser Rückgang der touristischen Aktivität macht 2020 sogar die Hälfte des gesamtwirtschaftlichen Einbruchs von 15,1 Prozent in Spanien aus“, meint die Tourismus-Lobby.
Einbußen, die sich auf den Arbeitsmarkt niederschlagen: „Mit Abschluss des Hochsaison-Monats Juli gab es 823.000 Jobs weniger als im vergangenen Jahr“, teilt Exceltur mit. Davon befanden sich 517.000 Beschäftigte in Kurzarbeit. 306.000 fehlende Jobs waren die Folge nicht erfolgter Einstellungen. Im Juli 2019 hatte der Tourismus 2,2 Millionen Arbeitsplätze geboten. Die meisten Jobs fehlten in Reiseagenturen, im Transport sowie in Unterkünften.
In den Regionen, in denen der Tourismus einen großen Anteil an der Wirtschaftskraft besitzt, werden die Verluste auch am höchsten ausfallen. Katalonien wird laut Exceltur in diesem Jahr 19 Milliarden Euro weniger einnehmen (minus 56 Prozent gegenüber 2019). Es folgen die Balearen mit einem Verlust von 12,7 Milliarden Euro (minus 80,5 Prozent). „Diese quasi jeden Tag immer schlimmer werdenden Ergebnisse machen aus dem Tourismus den am stärksten geschädigten Sektor der Wirtschaft“, heißt es von Exceltur.
Von der Regierung erwartet Exceltur ab September Hilfsmaßnahmen zur Rettung der Unternehmen. Dazu zählt eine Verlängerung der Kurzarbeit bis Ostern 2021. Außerdem beansprucht Exceltur für den Tourismus einen großen Posten im Haushalt sowie einen Großteil der EU-Mittel. Auch müssten alle Anstrengungen unternommen werden, damit das Ansehen des Landes infolge neuer Corona-Ausbrüche keinen weiteren Schaden nehme.
Auch das Consulting-Unternehmen Simon-Kucher & Partner hat sich mit den zu erwartenden Urlauberzahlen bis Jahresende beschäftigt. Nach dem Rekordjahr 2019 mit 83,7 Millionen ausländischen Gästen wartet das Unternehmen mit „apokalyptischen Schlussfolgerungen“auf: So würden nur 29,4 Millionen ausländische Touristen ins Land kommen – 66 Prozent weniger als 2019. Der Tourismus würde auf das Niveau der 80er Jahre katapultiert.
Mit minus 75,2 Prozent werden die Balearen den stärksten Rückgang zu verkraften haben. Kamen 2019 noch 13,7 Millionen Ausländer auf die Inseln, sollen in diesem Jahr nur 3,4 Millionen kommen. Die Balearen trifft es so hart, weil die Abhängigkeit vom deutschen (33 Prozent) und britischen (27 Prozent) Markt sehr groß ist.
Den stärksten Rückgang an ausländischen Touristen werde Katalonien erleben, heißt es: von 19,4 Millionen 2019 auf 6,6 Millionen 2020 – was ein Minus von 66 Prozent bedeutet. Auch die übrigen Urlaubsregionen werden Rückgänge über 60 Prozent verzeichnen. Lediglich die Kanaren schneiden mit minus 53,4 Prozent besser ab. Die Inseln im Atlantik seien die einzige Touristenregion Spaniens, die mit einer Herbst- und WinterSaison rechnen könnte.
Das Consulting-Unternehmen liefert auch Hochrechnungen über den Urlauberfluss aus den drei wichtigsten Märkten Großbritannien, Deutschland und Frankreich. Demnach kommen 2020 nur noch sechs Millionen Briten ins Land, 2019 waren es 18 Millionen. Aus Deutschland werde man 2020 rund 4,4 Millionen Urlauber zählen, im vergangenen Jahr erreichte die Zahl der Deutschen 11,2 Millionen. Die Zahl der Franzosen wird bei 4,9 Millionen liegen. Sie verdrängen die Deutschen von Platz zwei. 2019 strömten knapp 11,2 Millionen nach Spanien.
Exceltur beansprucht für Tourismus Löwenanteil der EU-Hilfsgelder
August schlimmer als Juli
Die offiziellen Urlauberzahlen für den Hochsaison-Monat Juli bestätigen den dramatischen Einbruch. Wie die Tourismusagentur Turespaña mitteilte, reisten im Juli nur 2,1 Millionen Urlauber per Flugzeug aus dem Ausland nach Spanien. Im Vergleichsmonat 2019 waren es mehr als zehn Millionen.
Die Augustzahlen dürften noch katastrophaler ausfallen, mutmaßt die Zeitung „El País“nicht zu unrecht. Großbritannien verfügte bereits Anfang August eine 14-tägige Quarantäne für Rückkehrer aus dem Spanien-Urlaub. Deutschland folgte mit einer Reisewarnung.