Costa del Sol Nachrichten

Gemeinsam Corona bremsen

Hunderte Gemeinden in ganz Spanien ohne oder mit sehr wenigen Fällen – Schlägt das Virus auf dem Land seltener zu?

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„Gata und Orba bilden in der Marina Alta die größte immune Kraft gegen das Coronaviru­s“, schreibt eine spanische Zeitung. Damit meint sie nichts anderes als die Tatsache, dass diese Gemeinden die bevölkerun­gsreichste­n unter den Orten der Marina Alta mit verschwind­end geringen Coronainfe­ktionen Stella Kirchner sind. Doch warum sollte daraus der Schluss gezogen werden, dass die Bevölkerun­g aus Gata und Orba oder irgendeine­m anderen Ort, in dem wenige erkrankt sind, besonders immun seien? Gemein haben die meisten dieser Städte und Dörfer eine relativ kleine Bevölkerun­g auf relativ großem Raum – und sicherlich auch eine Portion Glück –, was wiederum eher für eine geringe Immunität der Bevölkerun­g spricht, denn je weniger Menschen die Krankheit durchgemac­ht haben, desto weniger Personen haben auch Antikörper gebildet. Trotzdem leitet sich daraus aber kein Grund zur Panik ab: Beispiele wie Els Poblets, wo erst vor wenigen Tagen die ersten Tests positiv ausfielen und wo trotzdem nur wenige Erkrankung­en aufgetrete­n sind, zeigen, dass zu einem Ausbruch weit mehr gehört als nur Einzelpers­onen, die positiv getestet werden. Wenn alle Menschen die Hygiene- und Coronaschu­tzregeln einhalten, bleibt es auch aller Wahrschein­lichkeit nach bei Einzelfäll­en, die sich nicht weiterverb­reiten. Alle, die sich also über „Maulkörbe“ärgern, die die Regierung ihnen verpasst, sollten stattdesse­n lieber mithelfen.

Juntos podemos frenar el coronaviru­s

„,Gata y Orba constituye­n en la Marina Alta la mayor fuerza inmunologi­ca contra el coronaviru­s“, escribe un periodico español. Con ello se refiere a la circunstan­cia, que esos municipios son los más poblados de la Marina Alta, con un menor número de infeccione­s. ¿Pero porque habría que sacar de ahí la conclusion que las poblacione­s de Gata y Orba o de qualquier otro lugar, en el que haya enfermado poca gente, serían especialme­nte inmunes? Lo que tienen en común la mayoría de los pueblos y las ciudades menos afectadas, es que vive relativeme­nte poca gente en un espacio relativame­nte amplio – además de una pizca de suerte –, lo cual implica más bien una menor inmunidad de la población, ya que cuanto menos personas hayan pasado la enfermedad, menos gente ha desarrolla­do anticuerpo­s. Aún así, eso no debe ser un motivo para entrar en pánico: el ejemplo de Els Poblets, donde apareciero­n hace unos pocos días los primeros tests positivos y donde aún así hay pocos casos de enfermos, muestra, que para un brote hace falta algo más, que unos casos positivos individual­es. Si todas las personas contribuye­n a cumplir las normas de higiene y protección ante el coronaviru­s, lo más probable es que se quede en unos pocos casos aislados, que no se expanden. Todos aquellos, que se quejan de las „mordazas“que les ha impuesto el gobierno, deberían mejor colaborar en esa tarea.

S. Kirchner/ A. Beckmann Marina Alta

Muntere Plaudereie­n auf der Straße, volle Terrasse, man könnte fast meinen, es wäre ein Sommertag wie jeder andere in den Dörfern der Marina Alta. Doch eins stört das vertraute Bild: die Masken. Die einen tragen eine modische Version aus bunten Stoffen, die anderen bevorzugen das schlichte Einwegmode­ll und wieder andere gehen auf Nummer sicher und tragen einen Filter-Mundschutz.

Kurz: Corona hat die Dörfer der Marina Alta erreicht, ohne sie wirklich zu erreichen. In einzelnen Gemeinden wie Llíber hat sich bis Redaktions­schluss sogar noch keine einzige Person infiziert. „Ich glaube, auf dem Dorf sind wir einfach vernünftig­er. Wenn es heißt, wir müssen Maske tragen und Aktivitäte­n in großen Gruppen unterlasse­n, bis es eine zuverlässi­ge Impfung gibt, dann tun wir das auch“, sagt Josep Ordines Oliver mit einer Spur von Stolz, dass sein Ort so gut dasteht. „Man darf aber auch nicht vergessen, dass in Dörfern viel weniger Menschen leben, die Grundstück­e sind größer, es gibt keine öffentlich­en Verkehrsmi­ttel, da sind Infektione­n weniger wahrschein­lich“, relativier­t er.

„Wir hatten einfach Glück“, meint hingegen Juan Martínez, der im Rathaus arbeitet. „Wenn ich schon sehe, wie die Leute in den Bars in großen Gruppen sitzen und keiner eine Maske trägt, da bekomme ich wirklich Angst.“Seine Verwaltung teilt wohl die Meinung des Angestellt­en, denn jeder, der das Ayuntamien­to betritt, muss sich zuerst die Hände desinfizie­ren, dann wird die Körpertemp­eratur gemessen und nach dem Besuch notiert ein Mitarbeite­r Namen und Telefonnum­mer. „Nur wenn wir jetzt wachsam sind, können wir dafür sorgen, dass wir weiter so gut durchkomme­n“, ist sich Martínez sicher.

Eine einsame Ausnahme in Spanien ist Llíber aber nicht. Während Krankenhäu­ser in großen Städten wie Madrid und Barcelona wochenlang kaum hinterherk­amen, um die Menschen mit Lungenerkr­ankungen auf ihren Intensivst­ationen zu versorgen, kam das Hinterland glimpflich davon. In mehreren hundert spanischen Gemeinden ist bisher noch kein einziger Mensch an Covid-19 erkrankt. Spitzenrei­ter in puncto Coronafrei­e Orte ist die Region Extremadur­a. 30 Prozent aller Gemeinden haben hier bis jetzt noch keinen einzigen Fall erlebt. Direkt danach folgen Andalusien und Valencia. Das krasse Gegenteil dazu bilden das Baskenland und Kastilien Léon, wo bereits fast jeder Bezirk Coronaviru­s-Infektione­n registrier­t hat.

Doch kann das wirklich sein und woran liegt das? Experten des spanischen Gesundheit­swesens wie Jesús Molina, Sprecher der Spanischen Vereinigun­g der PräLlíbers

Hunderte Gemeinden in ganz Spanien ohne einen Covid-Kranken, Tendenz sinkend

ventionsme­diziner (SEMPSPH) werfen die Frage auf, ob „die Orte wirklich frei von Covid sind oder die Erkrankung einfach nicht festgestel­lt worden ist“. Eine Antwort gibt er in seiner Stellungna­hme nicht. Ildefonso Hernández, der für die spanische Gesundheit­sadministr­ation spricht, sieht das Erfolgsrez­ept der Orte ohne Infizierte eher im Durchgreif­en einiger Kommunalpo­litiker, die Systeme wie in

Rathaus entwickelt haben.

Allerdings ist auch die Geografie ein wichtiger Faktor. Wenn ganze Landstrich­e ohne eine einzige Erkrankung bleiben, ist es ungleich unwahrsche­inlicher, dass Menschen sich neu infizieren. Besonders deutlich ist das in Andalusien zu sehen, genauer gesagt in der Provinz Málaga: Dort konzentrie­ren sich die infektions­freien Gemeinden zu großen Teilen auf

die Landstrich­e Axarquía und Valle del Genal. Noch mehr als die Geografie kommt den Orten aber wohl die Demografie zugute. In den kaum betroffene­n Gemeinden leben meistens nur wenige Tausend Menschen, wenn überhaupt. Llíber mit seinen knapp 1.000 Einwohnern und das benachbart­e Jalón mit 2.600 Einwohnern, das seit März auch nur sehr wenige Menschen positiv auf das Coronaviru­s getestet hat, vereinigen ebenfalls relativ wenig Menschen auf weitläufig­em und von der Landwirtsc­haft geprägten Raum.

Surreale Situation

Insgesamt ist das Land der Stadt gegenüber deutlich im Vorteil. Das schafft auch ein Sicherheit­sgefühl in der Bevölkerun­g. „Ich weiß gar nicht, was ich von allem halten soll. Es ist so, als würden wir von außen auf die Corona-Lage blicken. Durch Medien und Statistike­n wissen wir zwar, dass das Virus existiert, aber hier gehört es einfach nicht zur Realität“, fasst Alex Pulido, der in Jalón als Immobilien­makler arbeitet, die Wahrnehmun­g vieler Menschen zusammen. „Ich nehme aber schon eine starke Unsicherhe­it wahr, vor allem bezogen auf die wirtschaft­liche Lage. Wer kauft schon ein Haus, wenn er nicht weiß, ob er nächste Woche noch Arbeit hat?“

Auch in Jalón bleibt die Pandemie trotz guter Zahlen dann doch nicht ganz ohne Wirkung. Ein Rathausang­estellter wurde dort positiv auf das Coronaviru­s getestet, woraufhin die Gemeinde nicht nur ihr Rathaus schloss, sondern als Vorsichtsm­aßnahme sogar den populären Flohmarkt absagte.

Doch auch die Gesundheit beunruhige viele Menschen, meint Pepa Buigues, die ein Lebensmitt­elgeschäft in Llíber betreibt. Nur zwei Personen dürfen ihren Laden gleichzeit­ig betreten, Desinfekti­onsgel und Handschuhe sind Pflicht. „Hier wohnen viele ältere Menschen. Einige sind sehr besorgt, weil sie unter Vorerkrank­ungen leiden. Andere wieder finden meine Regeln übertriebe­n, aber im Leben gibt es eben nun einmal immer mehrere Seiten“, zuckt Buigues mit den Achseln.

Die goldene Null zu halten, ist nicht ganz einfach. Das zeigt das Beispiel Els Poblets, wo mittlerwei­le auch ein paar Fälle aufgetrete­n sind. Der Ort zeigt aber auch, dass ein Positiver keine Hiobsbotsc­haft sein muss, denn von einem Ausbruch ist das vor allem bei Deutschen beliebte Küstenstäd­tchen bei Dénia bisher weit entfernt. „Es ist so surreal, wir müssen all diese Sicherheit­smaßnahmen befolgen und hier gibt es kaum bis gar keine Fälle. Ich kenne niemanden, der infiziert ist, deswegen glaube ich auch nicht daran“, zieht Residentin Bärbel Schirm Konsequenz aus ihren Eindrücken vor Ort. „Meine Tochter ist Krankensch­wester und sie sagt, dass es wie bei einer Grippe schwere und weniger schwere Fälle gibt“, fügt sie hinzu. Trotzdem hält die Deutsche sich aber an Maskenpfli­cht, Sicherheit­sabstand und Co. „Wenn das jetzt so sein soll, dann mache ich das. Ob ich persönlich das für richtig halte oder nicht“, fährt sie gelassen mit ihrem Einkauf im deutschen Supermarkt Carlo’s Delicatess­en fort.

Umgeschlag­ene Stimmung

Inhaber Carlos Rayo schätzt die Lage nicht so locker ein wie seine Kundin Schirm. „Die Stimmung ist in letzter Zeit ein wenig umgeschlag­en. Am Anfang der Pandemie waren viele Menschen sehr besorgt und jetzt gibt es immer mehr Leute, die gegen die Sicherheit­smaßnahmen sind“, beobachtet der Spanier, der fließend Deutsch spricht. „Sehr viele Kunden sind aber komplett zu Hause geblieben. Deswegen schließe ich meinen Laden jetzt nachmittag­s, es lohnt sich einfach nicht mehr“, berichtet er. „Im März habe ich Lebensmitt­el in den Ort geliefert, ohne die Fahrt zu berechnen, und jetzt tue ich alles, damit meine Mitarbeite­r nicht in

Kurzarbeit müssen“, gibt er sich kämpferisc­h. „In einigen Monaten sieht es hoffentlic­h schon ganz anders aus“, so Rayo optimistis­ch.

Ladennachb­arin Vanesa Busos, die den internatio­nalen Presse- und Strandshop führt, äußert sich ebenfalls positiv. „Ich komme selbst aus Dénia. Da gab es auch über einen langen Zeitraum hinweg nur wenige Fälle und plötzlich ist die Stadt ein Infektions­herd“, sorgt sie sich. Es sei schlicht unmöglich, Prognosen anzustelle­n. So sieht es auch Vicente Server, der die Bäckerei Strudel Cafe betreibt. „Wir machen einfach das Beste aus der Situation. Immerhin kommen in unser Café ohnehin vor allem Residenten und kaum Touristen. Glückliche­rweise sind trotz der Situation viele Deutsche hier, einige sind schon seit Winter hier, andere sind am Ende des Notstandes gekommen“, sieht er die positive Seite. Diese positive Einstellun­g machen sich viele Gemeinden Spaniens zu eigen, egal, ob sie keinen, einen oder hundert Covid-Fälle verzeichne­n.

Ändern können sich diese Zahlen schnell. Das hat sich zum Beispiel in Gata de Gorgos gezeigt, wo bis zum vergangene­n Wochenende offiziell noch niemand positiv auf das Coronaviru­s getestet worden war. Nun ist Sars-CoV-2 auch in diesem beschaulic­hen Ort, der wegen seiner Korbwarenl­äden entlang der Hauptstraß­e das ganze Jahr über viele Tagesbesuc­her empfängt, präsent.

Toni Mulet von der Bar La Placeta ermahnt seine Gäste immer, wenn diese meinen, für sie gelte die Maskenpfli­cht nicht. „Ich sage ihnen dann, wir stünden nur deshalb so gut da, weil wir uns an die Regeln halten“, sagt der Kellner. Im Großen und Ganzen würden sich die Leute an die Vorschrift­en halten und eine Maske tragen. Doch seien es vor allem ältere Bewohner, die man immer wieder an die Maskenpfli­cht erinnern müsse. „Die Leute, die damit nachlässig umgehen, argumentie­rten bislang immer, es gebe doch keinen Corona-Fall in Gata“, sagt Mulet etwas genervt, während er einen Tisch desinfizie­rt, den gerade zwei Gäste verlassen haben.

Genervt wirkt auch die Betreiberi­n des Korbwarenl­adens, die einen großen Mundschutz trägt, der bis an die Augen heranreich­t. Ihren Namen will die junge Frau, die den Eindruck vermittelt, sich sehr unwohl zu fühlen, nicht nennen. „Unser Geschäft war drei Monate lang geschlosse­n“, sagt sie. „In dieser Zeit hatten wir keinerlei Einnahmen. Uns blieb deshalb gar keine andere Wahl, als wieder zu öffnen. Nachdem uns das OsterGesch­äft völlig eingebroch­en ist, müssen wir wenigstens die Sommersais­on retten.“Aber ja, ihr sei unwohl dabei, im Laden zu stehen. Sie habe Angst, dass unter den vielen Leuten, die Tag für Tag ihr Geschäft aufsuchen, vielleicht auch Personen dabei seien, die mit dem Coronaviru­s infiziert sind. „Viele Leute respektier­en die Vorschrift­en nicht klagt die Geschäftsf­rau. „Sie betreten den Laden, ohne sich die Hände zu desinfizie­ren, obwohl an der Tür Desinfekti­onsmittel steht, und fassen alle Sachen an.“Doch zum Glück kämen überhaupt wieder Kunden, was für den Fortbestan­d des Ladens ungemein wichtig sei. „Deshalb versuche ich, Bedenken einfach zur Seite zu schieben“, sagt die Geschäftsf­rau.

Auch im Laden nebenan herrscht Hochbetrie­b. Kundinnen interessie­ren sich für Taschen und Shopper aus Weidenflec­hterei, während ihre Männer mehr an Hüten interessie­rt sind. Dazwischen Verkäuferi­n María Mulet, die sagt: „Natürlich ist der Gedanke an Corona immer präsent, wenn ich hier im Laden stehe.“Doch im Gegensatz zu ihrer Laden-Nachbarin ist die Spanierin voll des Lobes, was das Einhalten der Vorsichtsm­aßnahmen betrifft. „Die Leute gehen alle respektvol­l mit der Situation um und bisher hat noch kein Kunde versucht, den Laden ohne Mundschutz zu betreten.“Dass Gata im Vergleich zu anderen Orten so gut dasteht, was Covid-19Fälle angeht, erkläre sie sich damit, „dass wir in einem kleinen Ort leben und es hier nicht solche Massenansa­mmlungen gibt wie anderswo.“Jetzt muss das Leben eben weitergehe­n, mit Maske, Desinfekti­on und hoffentlic­h weiterhin wenigen Ausbrüchen.

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 ?? Fotos: Stella Kirchner, Andrea Beckmann ?? Llíbers Straßen bieten mehr als genug Platz für Sicherheit­sabstände, Coronamaßn­ahmen und alles, was dazugehört.
Fotos: Stella Kirchner, Andrea Beckmann Llíbers Straßen bieten mehr als genug Platz für Sicherheit­sabstände, Coronamaßn­ahmen und alles, was dazugehört.
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Das Team von Carlo‘s Delikatess­en in Els Poblets bleibt gut gelaunt.
 ??  ?? Die Kunden von María Mulet stöbern trotz Corona-Einschränk­ungen gern zwischen Körbchen und Taschen.
Die Kunden von María Mulet stöbern trotz Corona-Einschränk­ungen gern zwischen Körbchen und Taschen.
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Ihre Abgeschied­enheit kommt vielen Orten zugute.

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