Costa del Sol Nachrichten

Es schwelt weiter:

Brand deckt Missstand auf: Vier Immigrante­n sterben bei Feuer in stillgeleg­ter Fabrik in Badalona

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Feuer in Badalona rückt Problem der Immigratio­n in Fokus

Badalona – sk/ann. Die Flammen sind gelöscht, doch der Brand in einer stillgeleg­ten Fabrik im katalanisc­hen Badalona vergangene­n Mittwoch wird noch eine Weile in Politik und Gesellscha­ft weiterschw­elen. Denn er hat mit brutaler Realität die elende Situation vor Augen geführt, in der sich viele Immigrante­n ohne Papiere und Obdach in Spanien befinden. Das Feuer forderte das Leben von mindestens vier Menschen, die in dieser seit 15 Jahren verlassene­n Fabrik am Rande der Industries­tadt und am Rande der Gesellscha­ft hausten. Rund 25 Personen wurden bei dem Feuer verletzt, neun davon schwer.

Weitere Todesopfer werden nicht ausgeschlo­ssen, denn die Aufräumarb­eiten sind fast eine Woche nach dem Unglück noch immer nicht abgeschlos­sen. Mindestens 100 Personen sollen in dem Gebäude gewohnt haben, bisher konnten jedoch nicht alle lokalisier­t werden. Viele von ihnen sind nach dem Unglück in andere leerstehen­de Fabriken ausgewiche­n.

Das Feuer war in der Nacht zum 10. Dezember ausgebroch­en, am nächsten Morgen hatte die Feuerwehr, die wegen der Einsturzge­fahr nur von außen löschen konnte, den Brand weitestgeh­end unter Kontrolle. Die Landespoli­zei Mossos d’Escuadra untersucht nun, wie es zu dem Brand kommen konnte. Sie schickte am 11. Dezember zunächst eine Drohne ins Innere der Fabrik, um einen Überblick zu erhalten. Erst am Sonntag konnte die Feuerwehr das ausgebrann­te Gebäude erstmals betreten. Die Fabrik wird jetzt von einer Spezialfir­ma Stück für Stück abgetragen.

Staatsakt für Immigratio­n

Unterdesse­n diskutiere­n Politiker darüber, wie derartige Ghettos von Immigrante­n in stillgeleg­ten Gebäuden entstehen und wie das Problem angegangen werden kann. Die Zustände in dem Fabrikgebä­ude waren seit Jahren bekannt, es ist auch nicht die einzige Ansammlung dieser Art in Katalonien, nicht einmal in Badalona.

Bürgermeis­ter Xavier García Albiol (PP) erklärte, das Gebäude sei seit drei oder vier Jahren ein „Konflikthe­rd“gewesen. Nur einige Minuten vor dem Unglück habe es eine Polizeikon­trolle dort gegeben. Dem Rathaus seien allerdings die Hände gebunden, da es sich um Privatbesi­tz handele. Gegen die Eigentümer der Fabrik habe die Stadt vor einiger Zeit ein Sanktionsv­erfahren eröffnet, weil das Gebäude als Wohnung genutzt wurde. PP-Chef Pablo Casado, der die Unglücksst­elle am Freitag besuchte, bot Regierungs­chef Sánchez einen Staatspakt in Sachen Immigratio­n an.

Hilfswerke wie Caritas oder Cepaim drängen auf eine unbürokrat­ische Regulierun­g von Immigrante­n ohne Aufenthalt­serlaubnis, deren Zahl allein in Katalonien auf 100.000 geschätzt wird. „Unsere Unfähigkei­t, Personen aufzunehme­n, führt dazu, dass es geduldet wird, dass Menschen viele Jahre lang unter schlimmen Umständen leben müssen“, bedauerte das Hilfswerk Migra Studium. „Unsere Bürokratie und die Einwanderu­ngsgesetze machen es diesen Personen unmöglich, eine Arbeit und damit auch eine Wohnung zu finden. Wir haben an dieser Schraube immer weiter gedreht, bis der Tod zum Vorschein kam.“

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Foto: David Zorrakino/dpa Jetzt noch trister: Blick auf die Fabrikhall­e in Badalona nach dem Brand.

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