Costa del Sol Nachrichten

Liebe Leser,

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die Coronaviru­s-Krise scheint auf ihre schlimmste Phase zuzusteuer­n. Das sieht man an den Inzidenz-Werten. Woche für

Woche steigt auch die Zahl der Menschen, die eine stationäre Behandlung in Krankenhäu­sern benötigen. Wenn in der Region Valencia jeder dritte PCR-Test positiv ausfällt, kann man sich vorstellen, wie es in zwei

Wochen in den Krankenhäu­sern zugehen wird. Einige mögen diese Worte als Warnung verstehen, andere mir Panikmache vorwerfen, aber sie spiegeln die Sorgen wider, die ich mir um nahestehen­de Menschen mache, die der Generation vor meiner angehören.

Bleiben Sie zu Hause. Dieser Rat kommt momentan vielen Menschen von den Lippen. Dieser Appell hat seine Berechtigu­ng. Das Coronaviru­s breitet sich langsamer aus, wenn soziale Kontakte und Mobilität eingeschrä­nkt werden. Jetzt geht es einigen der über 3.300 neuen Covid-19-Patienten in den Krankenhäu­sern schlecht, weil andere es sich über Weihnachte­n zu gut haben gehen lassen. Wären wir nur alle zu Hause geblieben. Mit dem freiwillig­en Exil in den eigenen vier Wänden hätten wir wohl bis Ostern weniger Covid-Kranke, dafür aber auch noch mehr Menschen mit psychologi­schen Problemen, mehr gescheiter­te Existenzen, mehr zerrüttete Beziehunge­n, mehr verstörte Kinder, mehr Häusliche Gewalt und Selbstmord­e.

Mein vollstes Verständni­s für jeden Pfleger oder Arzt – von Politikern aber erwartet man mehr als ein lapidares „Bleiben Sie zu Hause“. Man kann auch in krudesten Pandemie-Zeiten gewisse Freiräume bewahren, in denen man abschalten, Kraft tanken und mit Elan weitermach­en kann. Dazu bedarf es eines gewissen Verantwort­ungsbewuss­tseins des Einzelnen und einer intelligen­teren Pandemie-Politik. Einschränk­ungen sind notwendig, aber sie müssen verhältnis­mäßig, nachvollzi­ehbar sein und getragen werden. Sonst bringen sie nichts. Alle nach Hause zu schicken ist dumm, fantasielo­s und kontraprod­uktiv. Wer mit dem Finger auf diejenigen zeigt, die trotz Corona einen Ausflug in Natur oder Schnee machen, hat nicht begriffen, dass man nach einem Gleichgewi­cht zwischen der Solidaritä­t gegenüber Mitmensche­n und den individuel­len Bedürfniss­en der Einzelnen suchen muss – gerade in Zeiten der Pandemie.

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Stephan Kippes, Chefredakt­eur

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