Costa del Sol Nachrichten

Kleine Insel mit großem Schatz

Wie ein vornehmer Schotte auf die Isla del Fraile kam und warum er den Schatz nicht plünderte

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Águilas – sg. Um die kleine unbewohnte Isla del Fraile vor der Küste von Águilas ranken sich viele Geschichte­n und Mysterien. Ein Beispiel ist der Schotte Hugh Pakenham Borthwick. Er kam 1912 mit dem Bergbauboo­m nach Águilas, zog mit seinen Bedienstet­en auf die gerade einmal sechs Hektar große Isla de Fraile und verschwand 1920 nach dem Ersten Weltkrieg wieder. Dass er auf einem einzigarti­gen archäologi­schen Schatz saß – eine weitere Besonderhe­it des Eilands, aber dazu später –, schien ihn nicht zu interessie­ren. Er nahm keine Amphore und keine Münze an sich.

Eine frühere Bedienstet­e berichtete, dass Don Hugo, wie der vornehme Schotte in Águilas genannt wurde, sehr viele Briefe bekommen habe, die er gleich nach dem Lesen vernichtet­e. Er habe nicht viel Kontakt zu britischen Landsleute­n gehabt, die im Bergbau tätig waren und Sprache und Fußball nach Águilas brachten. Don Hugh sei früh schlafen gegangen, immer mit einer Pistole unter dem Kopfkissen.

Nur Augen für die Schiffe

Das Einzige, das ihn interessie­rte, war die Anlegestel­le der Schiffe an der Verladeram­pe am Strand El Hornillo. Dort wurden die Boote mit Eisenerz aus der Sierra Filabres beladen, ein äußerst begehrtes Material kurz vor Ausbruch des Krieges. Die Schiffe kamen aus England und Deutschlan­d, waren aber unter neutraler Flagge unterwegs.

Historiker sind sich einig: Don Hugo war ein Spion. Seine Aufgabe war es, jedes deutsche Schiff zu melden, sodass britische U-Boote die Ladungen Erz vor den Deutschen

verstecken konnten. Die Isla del Fraile war der ideale Beobachtun­gsposten für einen Spion.

Don Hugo war bei den águileños hoch angesehen, nicht nur wegen seiner Körpergröß­e, der blauen Augen, der Pfeife oder der tadellosen, meist schwarzen Kleidung. Hugh Pakenham Borthwick half der Bevölkerun­g, die damals in extremer Armut lebte. Er verteilte großzügig Geld und brachte seinen Angestellt­en Lesen, Schreiben und Englisch bei. 1920 verschwand er wieder so, wie er gekommen war, plötzlich und ohne Hinweis.

Er ließ nur 100 Meter von der Küste entfernt eine kleine Insel mit großem Schatz zurück, die danach nie wieder von Menschen bewohnt wurde. Archäologe­n der Universitä­t von Murcia und des Museums für Archäologi­e in Águilas legten bei Ausgrabung­en im September und Oktober vergangene­n Jahres Erstaunlic­hes frei. Sie fanden Reste eines monumental­es Bauwerkes, Bronzemünz­en, eine Siedlung aus der Zeit des Römischen Reichs und eine muslimisch­e Grabstätte für Kinder mit sieben Körpern, die den Wissenscha­ftlern Rätsel aufgibt.

Ein System aus Wasserbeck­en, ein Angelhaken aus Bronze, Mahlsteine und verzierter Marmor deuten daraufhin, dass die Insel von Römern bewohnt wurde. In den vielen Amphoren und Tongefäßen wurden Reste von Fischsoßen gefunden. Die Archäologe­n vermuten, dass die Soßen auf der Isla del Fraile in großem Stil hergestell­t wurden.

Das ganze Treiben fand jedoch ein jähes Ende, wie die Reste eines abgebrannt­en Gebäudes und hunderte von verbrannte­n Ton- und Stoffreste­n annehmen lassen.

Die Isla del Fraile gehörte bis zum Jahr 1855 dem Staat. Danach ging sie in den Besitz des schottisch­en Bankers John Gray über, der sie 1910 an den Oberst der britischen Armee, Alexander Brothwick, verkaufte, der sie wiederum zwei Jahre später seinem Sohn Hugh Brothwick vermachte. 1968 versuchte die Familie, die kleine Insel wieder für sich zu reklamiere­n. Doch der Besitzansp­ruch war verjährt und die Isla del Fraile gehört wieder dem Staat.

Wissenscha­ftler rätseln: Wie kommt eine islamische Grabstätte nach Águilas?

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Foto: Rathaus Isla del Fraile: Erst kamen die Phönizier, dann die Römer, die Mauren und ein Schotte.

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