Katalonien schürt Unfrieden:
Gericht setzt Verschiebung der Landtagswahl aus – Regionalregierung kündigt Einspruch an
Hickhack um die Landtagswahl sorgt für angespannte politische Lage in Spanien
Barcelona – sk. Erst macht die Corona-Pandemie der Landtagswahl in Katalonien einen Strich durch die Rechnung, dann das Oberlandesgericht der Verschiebung des Urnengangs. Nun läuft in Katalonien wieder alles so verworren wie eh und je. Die Basken hatte es schon erwischt, den Urnengang der Galicier auch und nun machte die grassierende Coronavirus-Krise eine Verschiebung der für 14. Februar angesetzten Landtagswahl in Katalonien auf 30. Mai erforderlich. Überrascht hat das niemanden. Wenn kein Karneval, warum dann Wahl? „Es ist das Vernünftigste, diese Wahlen zu verschieben“, sagte Elsa Artadi, Sprecherin von Junts per Catalunya, die mit den Linksrepublikanern ERC eine Minderheitsregierung bilden.
Dann funkte das katalanische Oberlandesgericht (TSJC) überraschend dazwischen. Es gab am Dienstag in einem vorläufigen Urteil dem Antrag eines Anwalts statt und setzte die Verschiebung auf den 30. Mai aus. Nun soll möglicherweise also doch am 14. Februar gewählt werden – oder auch nicht. Denn die katalanische Regionalregierung teilte in Barcelona mit, sie werde umgehend Einspruch einlegen, mit dem Ziel doch Ende Mai zu wählen.
Natürlich sprossen sogleich Verschwörungstheorien aus dem Boden, die Separatisten sprachen von einem „verdeckten 155“. Die Zentralregierung strecke mit Hilfe der Institutionen erneut die Hand nach Katalonien aus. Die Sozialisten konnten ihre Zufriedenheit auch kaum hinterm Berg halten, schließlich setzen sie auf die Popularität ihres Spitzenkandidaten, des Gesundheitsministers Salvador Illa. Dessen Beliebtheitskurve entwickelt sich derzeit umgekehrt zur Infektionskurve von Sars-CoV-2. Und nun weiß der Gesundheitsminister selbst noch nicht, ob er denn Anfang Februar in den Wahlkampf ziehen oder die Corona-Infektionskurve biegen soll.
Der Madrider Regierung käme die Verlegung der Landtagswahl auf Ende Mai sicherlich nicht gelegen. Aus einem Burgfrieden zwischen PSOE und PP würde bei einer Wahl Ende Mai dann erst einmal nichts, auch der Katalonienkonflikt würde schwelen, der Oberste Justizrat und die Regierung sich gegenseitig Nadelstiche versetzen, die Grabenkämpfe zwischen PP und Vox nicht abreißen und Unidas Podemos weiterhin mit Vorstößen die Koalition mit den Sozialisten belasten. Kurz, das vergiftete Klima würde anhalten.
So ein Panorama käme den Separatisten nicht ungelegen. Der Effekt Illa würde bis Ende Mai auch verpuffen. Die beiden Platzhirsche ERC und Junts per Catalunya müssten sich nicht wie jetzt mit einer dritten aufstrebenden politischen Kraft herumschlagen, die zudem die Unabhängigkeitsbewegung noch mehr schwächen und weiter spalten würde. Und in Madrid bliebe den Linksrepublikanern der ERC mehr Zeit, sich mit Hilfe von Podemos weiter den Sozialisten anzunähern. Alternativen gibt es ja keine.
Katalonien steht seit der Amtsenthebung ihres Ministerpräsidenten Quim Torra im September vor einer Richtungsentscheidung. Die Regierungsgeschäfte bis zur Wahl hat Pere Aragonés von der ERC inne. Der abgesetzte Torra hat die Wahl zu einem Plebiszit über die Gründung eines unabhängigen Katalonien erklärt. Dieser Schuss könnte für die Separatisten aber auch nach hinten losgehen, da jüngsten Umfragen zufolge die Unabhängigkeitsbewegung kontinuierlich an Zuspruch verliert.
Mit der Verschiebung der Wahl bleiben viele Vorhaben auf der Strecke