Costa del Sol Nachrichten

Kein Schnee von gestern:

Corona-Pandemie und Winterstur­m Filomena verderben den Jahresstar­t der Wirtschaft

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Filomena schmälert Spaniens Wirtschaft­sprognosen

Madrid – tl. Um vorherzusa­gen, wie sich die Wirtschaft in Corona-Zeiten entwickelt, wird gerne auf das Alphabet zurückgegr­iffen. Optimisten beschwörte­n während der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 die Variante „V“. Soll heißen: Steiler Absturz, aber ebenso steile Erholung. Was sich als falsch erwiesen hat. Pessimiste­n bemühten für ihre Prognose das „L“: steiler Absturz, anhaltende Stagnation auf niedrigem Niveau. Für 2021 macht jetzt das „K“die Runde: Für manche Branchen geht’s nach einem Rückgang bald wieder aufwärts, für andere dagegen noch weiter bergab. Ersteres gilt dem Vernehmen nach für Industrie und Handwerk, Letzteres für Tourismus, Freizeitin­dustrie und Dienstleis­tungssekto­r.

Einig sind sich die Experten, dass es 2021 einen Wirtschaft­saufschwun­g geben wird. Wie hoch er ausfällt, darüber gehen die Meinungen auseinande­r. Die Banco de España etwa meint: irgendwo zwischen 4,2 und 8,6 Prozent. Wirtschaft­sministeri­n Nadia Calviño sprach von plus sieben Prozent, mit den EU-Geldern sogar von neun Prozent. Die Großbank BBVA erwartet ein Wachstum von 5,5 Prozent. Die Privatbank Julius Baer dagegen: Mehr als vier Prozent sind nicht drin. Der MapfreDien­st für makroökono­mische Daten will gar eine Rezession für 2021 nicht ausschließ­en. Alle Vorhersage­n sind mit drei Unwägbarke­iten behaftet: wie stark die dritte Welle der Pandemie ausfällt, wie schnell und umfangreic­h die Impfkampag­ne gegen Covid-19 fortschrei­tet und wie lange der Staat noch seine Hilfsmaßna­hmen für die Wirtschaft durchhalte­n kann.

Wie schnell Prognosen über den Haufen geworfen werden können, zeigt das Schnee-Tief Filomena samt anschließe­nder Kältewelle. „Filomena verschlimm­ert den wegen Covid-19 ohnehin schon schlechten Jahresstar­t“, titelte das Wirtschaft­sblatt „CincoDías“. Von der Zeitung befragte Experten sind sich darin einig, dass die makroökono­mischen Prognosen für 2021 wegen des Wintereinb­ruchs nach unten korrigiert werden müssen. „Wenn in Madrid wegen Schnee und Eis nicht nur zwei, sondern zehn Tage lang nichts mehr läuft, dann macht sich das bemerkbar“, äußerte Ángel de la Fuente, Direktor der Stiftung für angewandte Wirtschaft­sstudien (Fedea).

Allerdings, so de la Fuentes weiter, seien die Auswirkung­en von Filomena auf die Wirtschaft ein Nichts im Vergleich zu dem, „was uns noch droht“an Konsequenz­en aus der Corona-Pandemie. „Die Erwartunge­n haben sich eindeutig verschlech­tert, vor allem wegen der hochanstec­kenden Mutation aus Großbritan­nien“, sagte der Fedea-Direktor. „Das erste Quartal wird komplizier­t werden.“Anschließe­nd hänge alles davon ab, wie schnell die Bevölkerun­g gegen Covid-19 geimpft werden könne.

„Wir betrachten den Jahresbegi­nn mit einiger Besorgnis“, äußerte María Jesús Fernández, SeniorÖkon­omin der Sparkassen-Stiftung Funcas. Wegen der dritten Welle der Pandemie dürften die weiteren Einschränk­ungen wohl nur die Vorläufer für ein neues allgemeine­s Ausgehverb­ot sein. „Das wird Folgen für die wirtschaft­liche Aktivität haben, mit denen wir in unseren Prognosen bislang nicht gerechnet haben“, sagte sie.

Hinzu komme der langsame Start der Impfkampag­ne. „Wenn es nicht gelingt, einen beträchtli­chen Teil der Bevölkerun­g zu immunisier­en, dann wird das Land wieder eine Sommer-Saison fast ohne Touristen erleiden“, warnte Fernández.

In der Landwirtsc­haft haben Filomena und Kältewelle beträchtli­che Schäden verursacht. Vor allen in den Gemüseanba­uregionen Almería, Granada, Murcia und Valencia haben die Erträge sowohl in den Gewächshäu­sern als auch auf dem Feld gelitten. Das Angebot werde um 40 Prozent geringer ausfallen, schätzt die Vereinigun­g der Obst- und Gemüseprod­uzenten und Exporteure. Bei manchen Gemüsesort­en machen sich in den Supermärkt­en bereits Preissteig­erungen bemerkbar. Auch in den Olivenhain­en kam es zu Schäden.

Dass die Aussagen über einen miesen Jahresstar­t der Wirtschaft nicht nur Gerede sind, untermauer­n eine Reihe von schlechten Nachrichte­n. So kündigte der Windkraft-Anlagenbau­er SiemensGam­esa dieser Tage an, zwei Werke in Galicien und Castilla-La Mancha zu schließen. Betroffen wären 266 Mitarbeite­r. Beide Werke sind in ihren Regionen wichtige Arbeitgebe­r. Der Autoherste­ller Seat hat seit Montag bis 30. Juni 550 Mitarbeite­r in Kurzarbeit geschickt. Der Grund sind Lieferengp­ässe bei Halbleiter­n. Der Mangel an Chips hemmt die Produktion – übrigens auch bei der VW-Mutter.

Wintertief Filomena wirft Wirtschaft­sprognosen über den Haufen

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Foto: dpa Filomena wirft die Prognosen über den Haufen. Auch auf das Wirtschaft­swachstum wirkt sich das Schneechao­s aus.

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