Liebe Leser,
oft muss ich an einen Satz denken, mit dem die Zeitung „El País“schon relativ bald nach
Ausbruch der Pandemie einen Artikel übertitelte: „Vielleicht waren wir glücklich und wussten es nicht.“Wie wahr. Am 31. Januar jährte sich der erste bekannte Covid-19-Fall in Spanien. Vieles ist in diesem Jahr angesichts des Horrors und der Einschränkungen der Pandemie relativiert worden. Was wir zuvor als selbstverständlich ansahen, ist heute teils undenkbar oder unerreichbar geworden.
Dinge, die uns alltäglich erschienen, aber uns glücklich machten, ohne dass wir uns dessen bewusst waren, sind in weite Ferne gerückt. Was vorher schon fern war, ist durch Corona noch weiter weg gerückt.
Gleichzeitig ereignen sich um uns herum Familiendramen, die uns das Herz zerreißen. Die im Sterben liegenden Eltern nicht noch einmal sehen zu können, ist etwas, was ein Mensch schwer ertragen kann. Und wenn es kein Drama wegen Corona ist, dann sind es andere. Wirtschaftliche Tragödien wegen Arbeitslosigkeit, oder Patienten, die wegen des überlasteten Gesundheitswesens ihre dringend notwendigen Behandlungen verschieben müssen, Menschen, die möglicherweise eine Krebsdiagnose viel später erhalten und damit wichtige Zeit verlieren. Gute Nachrichten sind rar geworden und nach den Abendnachrichten könnte man sich täglich die Kugel geben.
Und dennoch, es liegt in unseren eigenen Händen, trotz all dieser Widrigkeiten sich wieder ein kleines Stückchen Glück zurückzuholen. Denn auch das hat uns Corona gelehrt, dafür braucht es nicht viel: ein Spaziergang am Strand oder eine Wanderung in den Bergen, ein Spieleabend mit dem Partner oder der Familie.
Viele von uns haben jetzt deutlich mehr Zeit als vorher. Warum nicht im eigenen Zuhause Projekte angehen, die vorher immer auf die lange Bank geschoben wurden. Einen kleinen Nutzgarten anlegen, die Wände streichen. Machen Sie es sich schön zu Hause, bis man wieder hinaus in die Welt kann. Lesen Sie! Aber bitte nicht die Kommentare in Sozialen Netzwerken, sondern gute Literatur. Die Klassiker. Zum Beispiel Daniel Defoes „Die Pest zu London“. Auch das relativiert einiges.