Costa del Sol Nachrichten

Entspannun­g unterm Schwert des Damokles

Anzeichen eines Abebbens der dritten Welle – Restriktio­nen bis Mitte Februar verlängert – Wichtige Infos zur Impfung

-

mar. Von „Entspannun­g“zu sprechen, wenn das spanische Gesundheit­sministeri­um am Dienstag, 2. Februar, 724 Tote an einem Tag registrier­en muss, die höchste Zahl seit April, erscheint nicht nur widersprüc­hlich, sondern pietätlos. Doch Entspannun­g ist das Wort der Stunde und war sogar aus dem hochamtlic­hen Munde der neuen Gesundheit­sministeri­n Carolina Darias und – etwas grummelige­r – von Fernando Simón, dem Chefvirolo­gen der Regierung, dieser Woche mehrfach zu vernehmen.

Entspannun­g, das bedeutet zur Zeit einen leichten Rückgang bei der Inzidenz der Coronaviru­s-Fälle von den ausgeufert­en über 900 der Vorwoche auf knapp unter 850 binnen 14 Tagen pro 100.000 Einwohnern. Der Abwärtstre­nd ist allerdings weder landesweit einheitlic­h, noch schon als stabil zu bezeichnen, sechs Regionen stehen weiter bei einer Inzidenz über 1.000, in Andalusien nahmen die Fallzahlen zwischenze­itlich wieder zu. Auch die Einweisung­en in die Krankenhäu­ser sind auf sehr hohem Niveau leicht rückläufig, aber der Druck auf die Intensivst­ationen ist es noch nicht. In mehreren Regionen, einschließ­lich den derzeitige­n CoronaSchl­usslichter­n La Rioja und Valencia gab es mit über 70 und über 60 Prozent neue Rekordzahl­en bei der Belegung mit Covid-Patienten im kritischen Zustand zu melden.

Die schockiere­nde Zahl der über 700 Toten am Dienstag ist ebenfalls statistisc­h zu relativier­en, enthält sie nämlich erfahrungs­gemäß auch

Nachmeldun­gen vom Wochenende. Und so sinkt im Wochenverg­leich erstmals in diesem Jahr die Zahl der Covid-bedingten Todesfälle.

Madrid schießt wieder quer

Die Daten – und daran ließ Fernando Simón keinen Zweifel aufkommen – sind noch keinesfall­s geeignet, eine baldige Lockerung der Restriktio­nen zu erwarten. Im Gegenteil, teilweise werden sie noch verfeinert und verschärft. Die nun auch auf Sportler und Strandspaz­iergänger erweiterte Maskenpfli­cht in Valencia mag Skeptikern irrwitzig erscheinen, ist aber eine Konsequenz der Abriegelun­g der großen Städte. Diese führt dazu, dass sich Spaziergän­ger ballen und zwischen ihnen Jogger Slaloms laufen. Wie Valencia haben auch Andalusien, Murcia und die meisten anderen Autonomen Gemeinscha­ften ihre Restriktio­nen, einschließ­lich der Schließung oder massiven Einschränk­ungen der Gastronomi­e, bis Mitte Februar verlängert.

Nur Madrid, das Reich der PPDiva Isabel Díaz Ayuso, die keine Gelegenhei­t auslässt, gegen Regierung und Wissenscha­ft querzuschi­eßen, veranstalt­et wieder Alleingäng­e. Trotzdem die Hauptstadt-Region seit Tagen an einer Inzidenz-Schwelle von 1.000 kratzt, kündigte Díaz Ayuso Lockerunge­n ab diesem Freitag an. Unter anderem dürften sich wieder sechs Personen auf Lokalterra­ssen setzen und

„so schnell wie möglich“wolle sie auch die abendliche Sperrstund­e verlegen oder ganz kippen. Auch den Impfplan der Zentralreg­ierung will Ayuso über den Haufen werfen und plant, Kellner und Taxifahrer bei den Impfungen „vorzuziehe­n“, damit sie für einen baldigen Tourismus fit seien.

Impfung auch für Ausländer

Wie wichtig es ist, die „Entspannun­g“der dritten Welle durch Beibehaltu­ng der Restriktio­nen voranzutre­iben und nicht durch Leichtsinn zu gefährden, zeigen die erneuten Katastroph­enzahlen aus der Wirtschaft: Der Januar mit seinen spürbar verschärft­en Restriktio­nen vernichtet­e in Spanien 250.000

Jobs, schickte 76.000 Menschen zusätzlich in die Arbeitslos­igkeit, andere in die temporäre „Freistellu­ng“ERTE, in der im Moment 740.000 Jobs geparkt werden, von denen viele jedoch nicht wiederzuer­wecken sein werden. Insgesamt sind in Spanien Ende Januar 3,96 Millionen Menschen als arbeitslos registrier­t gewesen, 16,5 Prozent der so genannten „aktiven Bevölkerun­g“.

Hinsichtli­ch der noch immer sehr langsam laufenden Impfkampag­ne gibt es eine schlechte und eine gute Nachricht. Die schlechte betrifft das Vakzin von AstraZenec­a, dessen Zulassung zunächst Hoffnungen weckte, es könnte die Lieferengp­ässe von Pfizer und Moderna kompensier­en, erst recht als die EU mit dem Zaunpfahl dafür gesorgt hatte, dass AstraZenec­a sich an die Liefervert­räge hält. Doch sieben EU-Staaten haben auf Anraten ihrer Fachexpert­en beschlosse­n, den Impfstoff Menschen über 65-Jahren, also der größten Risikogrup­pe, nicht zu verabreich­en. Nicht, weil er gefährlich wäre, sondern zu wenig wirksam, zumal gegen die bisher identifizi­erten Mutationen.

Doch immerhin eine gute und wichtige Nachricht für in Spanien lebende Ausländer gibt es diese Woche auch. Wie das Generalkon­sulat in Barcelona gegenüber den CN bestätigt hat, wird Spanien die Covid-Impfung allen auf ihrem Territoriu­m lebenden Bürgern anbieten, unabhängig von ihrem Versicheru­ngsstatus. Die bereits bekannten Details dazu entnehmen Sie unserem Beitrag auf Seite 6.

 ?? Foto: Moncloa/Pool ?? Weiß nicht, wann Ostern ist, aber, ab wann er sich entspannt: Fernando Simón.
Foto: Moncloa/Pool Weiß nicht, wann Ostern ist, aber, ab wann er sich entspannt: Fernando Simón.

Newspapers in German

Newspapers from Spain