Investmentfonds auf Einkaufstour
Australiens IFM will Großaktionär bei Energiekonzern Naturgy werden
Barcelona – tl. Spaniens unternehmerisches Tafelsilber befindet sich im Fokus internationaler Investitionsfonds. So überraschte der australische Pensionsfonds IFM, der sich auf Beteiligungen an wichtigen Infrastrukturunternehmen weltweit spezialisiert hat, mit einem Übernahmeangebot für 22,69 Prozent der Anteile am spanischen Energiekonzern Naturgy, früher Gas Natural. Während IFM sein Angebot als „freundlich“bezeichnete, sprach Naturgy von einer „nicht beantragten“Offerte.
Das IFM-Angebot richtet sich an die Kleinaktionäre von Naturgy. Ihnen bieten die Australier 23 Euro pro Aktie. Was scheinbar ein großzügiges Angebot bedeutet. Denn obwohl der Aktienwert von Naturgy nach Bekanntwerden des IFM-Vorstoßes stieg, blieb der Kurs unter der 23-EuroMarke. In der obligatorischen Mitteilung an die Nationale Kommission für Märkte und Wettbewerb (CNMC) gab IFM bekannt, dass verkaufsbereite Aktionäre in bar bezahlt werden.
Warum ausgerechnet Naturgy? Ein Grund könnte darin liegen, dass IFM-Vizepräsident Jaime Sales ein Spanier ist, die unternehmerische Szenerie hierzulande genau kennt. Hinzu kommt, dass Naturgy eine wichtige Rolle im energetischen Übergang spielt, den sich die Regierung Sánchez auf die
Fahnen geschrieben hat.
So gilt der in Katalonien ansässige Konzern nicht nur als Nummer eins auf dem spanischen Gasmarkt, sondern widmet sich verstärkt den Erneuerbaren Energien (EE). Unlängst wurde bekannt, dass Naturgy bei der Versteigerung einer weiteren Stufe von EEAusbaukapazitäten seinen Hut in den Ring werfen will.
IFM richtet seine Beteiligungen als langfristiges Engagement aus. Ist deswegen auch an Unternehmen interessiert, „die auf lange Sicht eine nachhaltig gewinnbringende Perspektive bieten“, wie es in der Note an die Börsenaufsicht heißt. IFMVize Siles betonte, Naturgy könne nur vor der IFM-Erfahrung profitieren können, nun da der Konzern den Weg in Richtung energetischen Übergang eingeschlagen habe.
Käme IFM zum Zuge, dann hätte Naturgy den vierten Großaktionär. Nummer eins ist die CaixaBank-Holding Criteria, die 24,4 Prozent der Anteile hält. CVC Capital Fonds mit Sitz in Luxemburg sowie der Singapore-Staatsfonds GIP sind mit je 20 Prozent beteiligt. Das algerische Staatsunternehmen Sonatrach besitzt weitere vier Prozent. Lediglich neun Prozent der Naturgy-Aktien blieben dann in Kleinaktionär-Hand.
Unklar bleibt, wie sich Großaktionär Criteria verhält. Sollte sich herausstellen, dass IFM mit einem der Hauptaktionäre paktiert, dann müssten die Australier ein 100prozentiges Übernahmeangebot starten. Aber auch die Regierung hat ein Wort mitzureden. Schließlich zählt Naturgy zu den strategisch wichtigen Unternehmen. Hier bedarf jedes Beteiligungsangebot, das zehn Prozent der Anteile überschreitet, der Zustimmung der Regierung. Ein Mindesterfolg für das Angebot ist auch vorgeschrieben: Im Fall von Naturgy beträgt das Minimum 17 Prozent der Anteile. Erst dann wäre IFM mit einem Sitz im Aufsichtsrat vertreten.
Naturgy spielt Schlüsselrolle im energetischen Übergang
Viele Übernahmekandidaten
Die sinkenden Unternehmenswerte machen spanische Firmen derzeit zu beliebten Übernahmekandidaten. Ein paar Beispiele: Im vergangenen Juni hatten sich die USFonds KKR und Providers sowie der britische Fonds Cinven den aufstrebenden Billig-Mobilfunkanbieter MásMóvil geschnappt.
Die Immobilien-Plattform Idealista gehört nun dem schwedischen Fonds EQT. Der französische Fonds Vivendi ist mit knapp zehn Prozent beim Medienkonzern Prisa eingestiegen. Mit dem gleichen Anteil hat sich der norwegische Pensionsfonds an Banco Sabadell beteiligt.