Thyssen-Sammlung bleibt
Einigung mit Staat – Baronin erhält viel Geld – Star „Mata Mua“kehrt ins Museum zurück
Jahrelange Verhandlungen mit neun Kulturministern hat es gebraucht, bis die Vereinbarung erzielt werden konnte: Die Baronin Thyssen, Carmen Cervera oder Tita genannt, verlängert ihre Leihgabe weitere 15 Jahre und erhält im Gegenzug 6,5 Millionen Euro im Jahr. Der Staat erhält anschließend eine Option auf den Ankauf ihrer Sammlung.
Seit 2004 bereichert die private Sammlung Carmen Thyssen das Madrider Museum Thyssen-Bornemisza, das um ein weißes Gebäude im rechten Winkel zum alten Palacio Villahermosa erweitert wurde. Im Palacio hängt die hochkarätige Sammlung von Baron Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza, im modernen Teil die Sammlung seiner Witwe. Deren 1999 beschlossene kostenlose Leihgabe war 2011 abgelaufen und seither Thema für Dispute.
Die 1943 in Barcelona geborene einstige Miss España und Ehefrau der Schauspieler Lex Barker (Tarzan) und Espartaco Santoni hat gelernt, sich durchzubeißen und eisern zu verhandeln. Nach ihrer Hochzeit 1985 mit dem Baron entwickelte sie einen ausgeprägten Kunstsinn. Einen Teil ihrer Bilder hat sie von ihrem Mann erhalten, viele andere kaufte sie in den vergangenen Jahrzehnten im In- und Ausland zusammen. Sie hat das moderne Gebäude in Madrid erhalten und Museen in Málaga mit spanischer und andalusischer Kunst sowie in Andorra eröffnet. Einen Vorgeschmack auf ihr Museum im Kloster von Sant Feliu de Guíxols (Girona) bietet der bereits bestehende Espacio Carmen Thyssen.
Einzigartige Kunstmeile
Es war ein riesiger Erfolg, als der spanische Staat 1993 die 800 Werke der berühmten Thyssen-Sammlung für umgerechnet 270 Millionen Euro erwerben könnte. Entscheidend für den Standort Madrid war der Einfluss Carmen Cerveras. Zusammen mit dem Prado und dem Reina Sofía in Laufweite ist hier eine weltweit einzigartige Kunstmeile entstanden.
Der Baron hatte damals allerdings nicht alle Werke der Sammlung, die schon sein Vater begonnen
hatte, dem Staat verkauft. Einige wichtige Bilder überließ er seiner Frau. Zu denen gehört Paul Gauguins „Mata Mua“(Es war einmal). Es ist ein herausragendes Bild, ein Publikums-Magnet. Carmen Cervera weiß um die Bedeutung und hängte es im Juni ab, als die Verhandlungen wieder mal ins Stocken gerieten. In einem Bunker in Andorra wartet es auf seine Rückkehr.
Und die scheint jetzt gesichert, denn Kulturminister José Manuel Rodríguez Uribes ließ keinen Zweifel: Das Bild kehrt innerhalb von zwei Monaten nach Madrid zurück, wenn das jetzt schon verbindliche Abkommen offiziell unterzeichnet wird und der Staat fast 100 Millionen Euro für die Leihgabe von 427 Bildern bis 2036 zahlt.
Die Summe scheint hoch, aber noch höher wird auf dem internationalen Kunstmarkt gepokert. Nach Aussage der Rechtsanwälte der Thyssen-Witwe, den beiden ehemaligen PP-Ministern Ángel Acebes und José María Michavila,
war ein Sammler bereit, für „Mata Mua“250 Millionen Euro auf den Tisch zu legen. Der Wert des Bildes ist auf 40 Millionen Euro geschätzt. Vor diesem Hintergrund ist es zu verstehen, dass der Kulturminister Carmen Cervera „für ihre Größe und ihren Patriotismus“lobt und diese sich aufrichtig freut, dass das Bild, das sie als die Liebe ihres Lebens bezeichnet, nun in Spanien bleiben wird.
Die Sammlung ist auf über eine Milliarde Euro geschätzt, die Option, sie 2036 zu erwerben, liegt bei 1,04 Milliarden Euro. Ob „Mata Mua“legal aus Spanien ausgeführt wurde und ob mit dem Wohn- und
Steuersitz Andorra seit 1992 für Carmen Cervera und „ihrer speziellen steuerlichen Situation in Spanien als Mäzenin“alles im Reinen ist, bleibt noch unklar. Sicher ist, dass das Kulturministerium sich vertraglich verpflichtet, die Fertigstellung und Einrichtung des Museums in San Feliu de Guíxols zu unterstützen, die bislang nur schleppend vorangeht.
Baronin „brauchte das Geld“
Zusammen mit „Mata Mua“wurden im Juni noch drei andere Werke abgehängt, um diese eventuell versteigern zu lassen. „Rennpferde in der Landschaft“(1894) von Edgar Degas, „The Martha McKeen of Wellfleet“(1944) von Edward Hopper und „Die Brücke von Charing Cross“(1899) von Claude Monet. Ob sie ins Museum zurückkehren, gehört zu den Feinheiten, die bis zur Vertragsunterzeichnung noch geregelt werden müssen. 2012 hatte Carmen Cervera schon „Die Schleuse“(1824) von John Constable in London versteigern lassen und fast 28 Millionen Euro erzielt. Sie brauchte das Geld, sagte sie unverhohlen.
Diese Politik, einzelne Stücke aus der Krone zu brechen, wurde heftig kritisiert, aber illegal ist sie nicht. Die Baronin konnte mit ihrer persönlichen Sammlung machen, was sie wollte. Bis jetzt. Für die kommenden 15 Jahre hat sie sich nun der Staat gesichert.