Der Ziegelstein hat wieder Hunger
Bauträger-Sektor steht vor einer Neuordnung – Erste große Fusion
Madrid – tl. Umweltschützer werden die Nachricht mit Schrecken aufnehmen, andere dagegen dürften auf einen Job hoffen: „Der Ziegelstein hat wieder Hunger“, schrieb jüngst die Zeitung „El País“. Wobei „Ziegelstein“in Spanien als Synonym für recht zügellose Bauwirtschaft steht, die Spanien mit Wohnungen zupflastertenund kaum eine Ecke des Landes mit ihrem Tun verschonte. Bis die Blase 2008 schließlich platzte.
Der Anlass, der „El País“zu dieser Aussage bewog, ist die Gründung eines Super-Bauträgers. So schluckte das Unternehmen Neinor Homes den Mitbewerber Quabit und avancierte zur Nummer eins unter Spaniens Bauträgern. Experten sind sich sicher, dass dieser Zusammenschluss den Start zu einer Neuordnung des Sektors bedeutet.
Die Schwierigkeit, bebaubaren Boden und Finanzierung zu finden, zwinge zu Zusammenschlüssen. 2021 wird es wohl weitere Fusionen geben. Vor 20 Jahren war es die Bauindustrie, die die wirtschaftliche Expansion anführte. Nach dem Crash verschwand die Branche in der Bedeutungslosigkeit. 2019 stellten Bauträger nur 106.000 Bauanträge. Auf dem Höhepunkt des Immobilienbooms 2006 wurden 865.000 Wohnungen gestellt, mehr als in Frankreich, Deutschland und Italien zusammen.
„Das Management der Unternehmen damals war weitaus weniger professionell“, sagt José Ignacio Morales Plaza, Vorstandsvorsitzender des Bauträgers Vía Célere. „Hinzu kam geringe Scheu gegenüber dem Schuldenmachen.“Auch die Zusammensetzung der Unternehmen ist mittlerweile oft eine andere. „Das Kapital ist heutzutage internationaler“, äußert Samuel Población, Direktor National für Wohnung und Boden der Consultingfirma CBRE. An den drei führenden Bauträger-Unternehmen Neinor, Via Célere und Aedas sind ausländische Investmentfonds beteiligt.
Die großen Namen aus Zeiten des Immobilienbooms sind vom Markt verschwunden. Ein paar „Alte“gibt es noch. Etwa das 1981 gegründete Familienunternehmen Amenabar. 2020 machte das Unternehmen einen Umsatz von 680 Millionen Euro. Eine alte „Bekannte“aus dem Immobilienboom ist auch Metrovacesa. Obwohl das Unternehmen nichts mehr zu tun hat mit der Vorgängerin. 2008 übernahmen die Gläubigerbanken Santander und BBVA die Kontrolle und führten Metrovacesa 2018 zurück an die Börse. Beide Banken brachten Baugrund ein. Heute besitzt Metrovacesa die meisten Grundstücke von allen Bauträgern.
Überhaupt ist bebaubarer Grund der Katalysator für die beschriebene Neuordnung des Sektors. „Den braucht jedes Unternehmen, wenn es weiter Häuser bauen will“, sagt Ignacio de la Torre, Chef-Ökonom des Finanzberatungs-Unternehmens Arcano. „Und manchmal ist es billiger, einen Konkurrenten mit Baugrund zu übernehmen, als die Grundstücke zu erwerben.“Die gleiche Motivation sieht Juan Carlos Calvo, Direktor für Strategie bei Metrovacesa, hinter den Zusammenschlüssen: „Der eigentliche Grund für derartige Operationen ist der Erwerb von Baugrund.“
Internationales Kapital an vielen spanischen Bauträgern beteiligt
Corona stärkt Bauwirtschaft
Und die Corona-Pandemie? „Der Bauträger-Sektor wird gestärkt daraus hervorgehen“, ist Aedas-Vorstandsvorsitzender Martínez überzeugt. „Die Gesellschaft beginnt wie nie zuvor den Wert des Lebensraums zu schätzen, den ein Haus bietet.“Allerdings werde sich wegen Corona die Entwicklung um zwei oder drei Jahre verzögern, bis in Spanien wieder über 120.000 Wohnungen im Jahr gebaut werden.