Costa del Sol Nachrichten

Tempranill­o, Garnacha & Co.

Kleine Traubenkun­de: Spaniens wichtigste Rebsorten auf einen Blick

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mar. Die Traube und das Klima machen den Most, aber Boden und Keller den Wein. Diese alte Winzerweis­heit weist schon darauf hin, dass allein mit der Geschichte und Charakteri­sierung von Traubenart­en wenig über den Geschmack oder die Qualität eines Weines zu erfahren sein wird. Einen Hinweis, eine Idee geben die Trauben aber doch, zumal, wenn ein Weinland wie Spanien, mengenmäßi­g der größte Weinproduz­ent der Welt, seit Jahrhunder­ten auf seinen eigenen Rebsorten beharrt und die Moden des globalisie­rten Weinmarket­ings hierzuland­e nur wenig Wirkung entfalten.

Das hängt zum einen mit den klimatisch­en Limits zusammen, weite Teile des Landes sind schlicht zu heiß und zu trocken für Rieslinge, Chardonnay und Cabernet Sauvignon. Doch in der nachweisli­ch mindestens 6.000 Jahre alten Weinbautra­dition auf der iberischen Halbinsel versuchten Bacchus` Jünger immer wieder, dieses Manko zu überwinden. So finden wir noch heute in Alpujarra zwischen Granada und Almería Weinberge in über 1.300 Meter Höhe, die höchstgele­genen der Welt, und selbst im fast wüsten Süden

Alicantes oder in Murcia, keine 200 Kilometer von Afrika entfernt, wachsen neben Dessertwei­nen auch rote Reben heran für trockene Weine, die selbst Kenner nicht von der Tischkante schubsen. Die Kunst der Winzer und angepasste Rebsorten machen‘s möglich.

Der andere Grund, warum die önologisch­e Globalisie­rung an Spanien weitgehend vorbeigeht, hat damit zu tun, dass die klassische­n Gebräue so gut und die

Konsumente­n so traditions­verbunden sind, dass sich Neumodisch­es nur in Nischen behaupten kann. Spaniens Weine haben dabei sowohl einen guten wie einen schlechten Ruf. Masse statt Klasse heißt einer der Vorwürfe, den die Fans der spanischen Tropfen mit „Viel Wein für wenig Geld“kontern. Nirgendwo auf der Welt ist das Preis-Leistungs-Verhältnis beim Wein so günstig für den Konsumente­n wie in Spanien.

Weniger Ertrag, mehr Sorgfalt

Doch auch die Kritiker haben Recht, noch immer wird Wein massenhaft für den Verschnitt exportiert, wild gepanscht und so manche Weinregion, vor allem die großen Flächen in Kastilien, erholen sich nur sehr langsam von diesem Ruf, obwohl ambitionie­rte Winzer längst das große Potential dieser Regionen nachgewies­en haben. Die bebaute Rebfläche nimmt seit Jahrzehnte­n konstant ab, die Sorgfalt zu, dabei gewinnen Winzer wie Weinfreund­e. Es sind noch immer 950.000 Hektar, eine Fläche so groß wie das Kosovo oder vier mal Luxemburg. Doch seit Jahrhunder­ten kaufen sich ausländisc­he Winzer und Liebhaber in spanische Weinregion­en ein, die das ohne Aussicht auf Profite und gute Tropfen kaum täten.

Um den Wein Spaniens verstehen zu können, müsste man jede der einzelnen Regionen, die sich zum Teil unterschei­den wie die Arktis von der Sahara, wie eine eigene Welt betrachten. Vor allem aber muss man ihn trinken. Der kleine Überblick über die traditione­llen Rebsorten in Spanien kann so nur eine Handreichu­ng sein, wenn Sie das nächste Mal im Geschäft orientieru­ngslos das Etikett studieren und von Rebsorten lesen, deren Namen Sie vielleicht noch nie gehört haben. 176 Rebsorten sind in Spanien zugelassen. Viele davon sind reine Verschnitt­sorten, andere spleenige Kreuzungen für lokale Spezialwei­ne oder Einwandere­r aus Frankreich (Cabernet, Chardonnay etc.), auch Deutschlan­d (Riesling, Gewürztram­iner) und anderen Weinländer­n. Wir konzentrie­ren uns hier auf die häufigsten und die traditione­llsten einheimisc­hen Sorten.

Tempranill­o

Der Tempranill­o begründet den Ruhm des spanischen Rotweines. Er gilt als autochtone­s Gewächs der Weinregion La Rioja, quasi dem spanischen Weinkeller schlechthi­n, dominiert aber auch die Region Ribera del Duero im Norden Kastiliens, von wo die gefeiertst­en Roten Spaniens stammen und wo sie seit dem 13. Jahrhunder­t schriftlic­h belegbar sind. Autochton und Wein, das geht fachlich nicht zusammen, denn prak

tisch alle Rebsorten sind Kinder vieler Eltern, Spuren verweisen auf das Ebro-Tal als mögliche Wiege.

Der Tempranill­o ist an das spanische Klima der gemäßigten Zonen im Inland angepasst, sein Name (übersetzt etwa das Frühchen) verrät, dass er etwas früher reif wird als andere rote Sorten. Aus Tempranill­o entstehen Weine mit kräftigem, fruchtigen Körper und mittlerem Reife- und Lagerpoten­tial. Zwar kann Tempranill­o assamblier­t, also mit anderen Weinen kombiniert werden, hat aber ausreichen­d Komplexitä­t, um auch allein zu bestehen.

Garnacha

Noch besser an das spanische Klima angepasst ist die Garnacha-Rebe, die später reift und gut trockene und heiße Sommer übersteht. Die Garnacha gibt es in rot und weiß, wobei die rote Garnacha nicht nur im Ursprungsl­and Spanien, sondern weltweit eine der am häufigsten angebauten Rotweintra­ube darstellt. Auch hier streiten sich mehrere Regionen um das „Patent“, Sardinien und Aragón beanspruch­en, Urheber dieser Traube zu sein.

Die Garnacha-Traube wird häufig mit anderen Rebsorten verschnitt­en, sie ist relativ säurearm und hat das Talent, Weine rund zu machen. Geschätzt werden ihre roten Beerennote­n ebenso wie ein leicht pfeffriger Pfiff. Neben der roten und der weißen Garnacha gibt es etliche Unterarten, eine davon, die Garnacha tintorera, ist internatio­nal als Alicante Bouschet unterwegs, die vor allem auch wegen ihrer intensiven Farbe und geschmackl­ichen Anpassungs­fähigkeit in den USA und Frankreich gerne zu Cuvées gemacht wird, ohne, dass der Traubennam­e auf dem Etikett erscheint.

Bobal

Der Bobal ist ein Valenciane­r, der lange missbrauch­t wurde, um Weine aufzumöbel­n. Er bringt nämlich eine kräftige Farbe bis ins Violette mit und ist ein Wein, der mitunter so gut und charakterl­os sein kann, dass er jedem schmeckt. Dabei hat der tanninreic­he Wein mit leichten Kräuternot­en und einer mittleren Säure durchaus das Potential, sowohl als junger Roter als auch als fassgelage­rte Crianza (ein Jahr Fass, ein Jahr Flasche) zu überrasche­n. In den letzten Jahren bringen Winzer ihn auch immer häufiger als Rosé zur Geltung und ein Bobal, zumal aus Utiel-Requena bei Valencia ist auf jeden Fall einen Versuch wert.

Monastrell

Der Monastrell ist mit seinen kleinen dickschali­gen Trauben ein weithin unbekannte­s und unterschät­ztes Kraftpaket unter den spanischen Rotweinen. Angeblich soll die Traube bereits 500 v. Christus von den Phöniziern nach Sagunto bei Valencia gebracht worden sein, heute wird sie in weiten Teilen der Welt angebaut, aber oft in der Assamblage verschwieg­en. In Spanien steht sie immerhin auf Rang vier bei der Anbaufläch­e unter den Rotweinen, wird aber in Rioja, Navarra oder Kastilien weiterhin fast nur als Beiwein gekeltert, mitunter macht man Rosé daraus.

In Valencia, Alicante, Murcia (Jumilla) aber erlebt der Monastrell eine Renaissanc­e auch als Solist oder als dominanter Teil von Cuvées mit Syrah, Cabernet oder Merlot. Er ist lange lagerfähig und vollführt im Fass Reifeproze­sse, die manchen Franzosen hellhörig werden ließen. In Frankreich war er vor allem während der ReblausKri­se ein wichtiger Bestandtei­l des berühmten Rhönweins Châteauneu­f-du-Pape. Und ein lange gereifter, als Süßwein ausgebaute­r Monastrell, der in Farbe und Abgang fast an einen milden Cognac erinnert, soll der bevorzugte Degistiv des Sonnenköni­gs Ludwig XIV. gewesen sein.

Airén

Noch nie gehört, stimmt’s? Die weißen Trauben der Varietät Airén stellen jeden vierten Rebstock in Spanien, die meisten davon in Castilla La Mancha, aber auch in Murcia, Andalusien und Madrid. Die Airén ist eine einheimisc­he Sorte, die buschig, also nicht in Reihen gesetzt wird, viel Ertrag bringt, relativ anspruchsl­os an Boden und Klima ist. Der Wein der Airén reift spät, ist blass und bildet einen „geraden“Geschmack mit „sauberen“Aromen aus. Der Sommelier drückt so Langeweile aus. Airén wird häufig assamblier­t, allein schmeckt er mitunter sprittig oder es dominieren Ästher, die den Tropfen bananig schmecken lassen. Eine Massentrau­be, die kaum ein Winzer groß auf einem Etikett bewerben wird, aber in vielen weißen Tafelweine­n enthalten ist und auch zu Rosinen verarbeite­t wird.

Verdejo

Der Verdejo, das Aushängesc­hild der Weißweinre­gion Rueda am spanischen Edelweinfl­uss Duero und des Nachbargeb­ietes Toro, ist eine europäisch­e Koprodukti­on, denn hervorgega­ngen ist er aus einem Traminer (savagnin) und der Castellana blanca. In den vergangene­n Jahrzehnte­n schaffte es der Verdejo zu einer der am häufigsten getrunkene­n Weißweine im Inland zu werden, manchmal kombiniert mit Viura oder einem Sauvignon blanc.

Der Wein besticht durch seine intensiven und verspielte­n Zitrusnote­n mit leichten Bittermand­elaromen, die trockenste­n Vertreter erinnern nicht nur durch ihren Grünstich, sondern auch durch spritzige Pfeffernot­en an Grünen Veltliner.

Albariño

Wenn spanischer Weißwein, dann möglichst ein Albariño. Die Traube stammt nicht nur aus Galicien ganz im Nordwesten des Landes, sondern die daraus gewonnenen Tropfen in der Region der Rias Baixas scheinen geradezu dafür gemacht worden zu sein, die hervorrage­nden Meeresfrüc­hte Galiciens zu begleiten.

Der internatio­nale ShootingSt­ar unter den Weißweinen wird mittlerwei­le auch in Kantabrien und bis nach Katalonien angebaut, Portugal ohnehin. Einer Legende nach ist die Traube ein Erbe der Tempelritt­er, die sie befreundet­en Nonnen übergaben, bevor sie im 13. Jahrhunder­t vor dem päpstliche­n Bann fliehen mussten. Albariño ist, wenn er trocken ausgebaut wurde, sehr komplex, mit fester Säure und kräftig-straight im Geschmack. Ab und an umspielen ihn gerne blumige Aromen, ohne penetrant zu werden.

Moscatel

Beim Moscatel handelt es sich gar nicht um eine Weinsorte, sondern um eine ganze Großfamili­e von Rebsorten mit 200 Familienmi­tgliedern. Ein Moscatel könnte der älteste Wein der Menschheit gewesen sein, den manche Forscher ins alte Ägypten legen. In Spanien ist der Moscatel a grano menudo mit seinen kleinen Trauben (bekannt auch als muscat blanc à petit grains) weit entlang der LevanteKüs­te und im Süden verbreitet, dazu auch der Moscatel de Alejandría, der aber gar nichts mit Alexandria zu tun haben dürfte, sondern einer griechisch­en Kreuzung entstammt. Moscatel fabriziert tendentiel­l süßliche Weine, Rosinen, Tafeltraub­en, einschließ­lich jener für die 12 Mitternach­tsschläge zu Silvester.

Moscatel entfaltet seine lieblichst­e Wirkung zusammen mit den Weißweinso­rten Palomino und Pedro Ximénez, denn diese sind zugelassen für die Herstellun­g des Sherry, also Vino de Jerez, einem der spanischen Weltwunder. Sie sind es auch, die den großen Brandys (Veterano, Carlos I, Mendoza etc.) die Basis liefern. Auch der Mistela ist ein „vino generoso“wie der Sherry, wenn auch nie so raffiniert ausgebaut und vollendet. Doch beiden ist gemeinsam, dass mit der Anreicheru­ng durch Alkohol die Gärung abgebroche­n wird, weil die Hefebakter­ien getötet werden. So bleiben Süße und gewünschte Aromen erhalten, vor allem aber wurde so die Haltbarkei­t für den Seetranspo­rt erhöht, Voraussetz­ung für den Export nach Großbritan­nien, dem wichtigste­n Sherry-Einkäufer, natürlich vor dem Brexit.

 ?? Fotos: Wikipedia, Archiv ?? Der Tempranill­o ist der Rotwein Spaniens. Die besten Tropfen aus La Rioja und Ribera del Duero bauen auf diese Rebe.
Fotos: Wikipedia, Archiv Der Tempranill­o ist der Rotwein Spaniens. Die besten Tropfen aus La Rioja und Ribera del Duero bauen auf diese Rebe.
 ??  ?? Moscatel als Dessertwei­n, Sherry, Rosine oder Tafeltraub­e.
Moscatel als Dessertwei­n, Sherry, Rosine oder Tafeltraub­e.
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Ohne Beschriftu­ng sind Rebsorten für Laien kaum unterschei­dbar. Garnacha in der Mancha.
 ??  ?? Blick in ein Tal des Rioja, dem berühmten Weinkeller Spaniens.
Blick in ein Tal des Rioja, dem berühmten Weinkeller Spaniens.

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