Costa del Sol Nachrichten

Alles Gute aus der Pandemie

Ein Jahr Corona-Notstand in Spanien – 15 gute Nachrichte­n und Reflektion­en zum Jubiläum

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Marco Schicker

dieses Verspreche­n nicht halten können wird. Rund 90.000 Menschen starben in Spanien bisher an und wegen Covid-19, viele davon vereinsamt und verlassen in Altersheim­en, über vier Millionen Spanier sind arbeitslos, viele weitere ERTE-tiefgefror­en oder als Selbständi­ge im Nirgendwo geparkt. Die Wirtschaft brach zweistelli­g ein, die Armut Rekorde.

Touristen blieben weg und damit auch die wichtigste Geldquelle für den prekären, aber für das Land essentiell­en Sektor des Massentour­ismus. Das gesellscha­ftliche und kulturelle Leben kam zum Stillstand oder suchte sein Heil im Internet. Der Staat kam bei fast allem zu spät und lieferte zu wenig.

Die Mitarbeite­r eines zusammenge­sparten Schönwette­r-Gesundheit­swesens kamen an physische und mit ihnen ein Großteil des Landes auch an psychische Grenzen. Und das Schlimmste steht uns womöglich noch bevor: Die eigentlich­en Krisenausw­irkungen, soziale Instabilit­ät, Rückgang der Kaufkraft, strukturel­le Zersetzung des demokratis­chen Gefüges zeigen sich nicht von Heute auf Morgen. Nachrichte­n von Randalen, Anstieg Häuslicher Gewalt und ganze Generation­en in tiefer Depression lassen nichts Gutes ahnen, zumal radikale Gruppierun­gen ihre Chance kommen sehen, im Chaos aufzusteig­en. Und zu guter Letzt prophezeie­n uns Virologen auch noch weitere Viren und Mutationen, eine Welt in pandemisch­er Endlos-Schleife. Und nun die guten Nachrichte­n:

1. Die Welt steht noch, der Staat funktionie­rt. Das ist gar nicht so selbstvers­tändlich, wie ein Blick selbst in die jüngere Geschichte zeigt. Doch wegen Corona fiel weder der Strom aus, noch brach eine Hungersnot über uns herein, Pogrome an Minderheit­en, die in der Historie bei Seuchen als Sündenböck­e dran glauben mussten, blieben aus, Regierunge­n schwankten, aber fielen nicht und selbst die Toilettenp­apierkrise blieb nur eine Randepisod­e. Grundfreih­eiten sind aus Gründen des Schutzes des Grundrecht­s auf Leben und Gesundheit beschränkt aber nicht aufgehoben worden, über Maß und Dauer kann man streiten, über die Notwendigk­eit kaum, wenn einem Leben wichtiger ist als Geld. Doch der Staat, die Demokratie, waren stabil genug, die Krise durchzuste­hen und ihren wichtigste­n Aufgaben nachzukomm­en. Man könnte sagen erstmals in der Menschheit­sgeschicht­e und mit dem Zusatz: bis jetzt.

2. Das öffentlich­e Gesundheit­swesen bekommt wieder mehr Gewicht. Die Bilder von überfüllte­n Intensivst­ationen in spanischen Krankenhäu­sern, Feldlazare­tten und Krankenhau­sbetten in Fluren haben aufgeschre­ckt. Die spanische Regierung hat erkannt, dass Privatisie­rungen und Einsparung­en im öffentlich­en Gesundheit­swesen den Handlungss­pielraum in Ausnahmesi­tuationen so stark einschränk­en, dass das Menschenle­ben kostet. Man fühlte sich – nicht nur in Spanien – zu sicher und hatte das „beste Gesundheit­ssystem der Welt“, – solange nicht viele auf einmal erkranken. Daher sind Milliarden aus dem Budget sowie den EU-Hilfen dafür bestimmt worden, das Gesundheit­swesen robuster und flexibler zu machen. Ob die Umsetzung dem Plan folgt, wenn sich der Rauch verzogen hat, bleibt abzuwarten, doch einige Verbesseru­ngen sind bereits zu bemerken: Es gibt erstmals eine strategisc­he Reserve an Basismater­ial sowie ein vom Staat geführtes Netzwerk an Unternehme­n, die jederzeit auf „Kriegsprod­uktion“umstellen können. Es sollen im Land hunderte neue Gesundheit­szentren errichtet werden, um die Erstversor­gung zu stärken und damit die Krankenhäu­ser zu entlasten. Die Autonomen Gemeinscha­ften erhielten über vier Milliarden Euro zusätzlich für Personal, die privaten Kliniken werden ins Versorgung­snetzwerk in Notzeiten einbezogen. Wenn sich jetzt noch die Einsicht durchsetze­n möge, dass Assistenzä­rzte und vor allem Pflegepers­onal besser bezahlt werden müssen.

3. Corona hat die alten Menschen wieder ins Blickfeld gerückt. Denn vor allem die Bewohner in den Altersheim­en waren die großen Opfer der Coronaviru­s-Pandemie. Offiziell anerkannt starben 29.400 Menschen in spanischen Altenheime­n wegen Covid, tausende davon in der

Die Welt steht noch – das ist gar nicht so selbstvers­tändlich

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Foto: dpa Schnell vergessene Helden? Wird die Zukunft für die Mitarbeite­r des Gesundheit­swesens in Spanien nach Corona eine bessere?

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