Corona zum Souvenir
Fallzahlen auch in Spaniens Urlaubsregionen steigen schon wieder – Bringt Ostern unvermeidlich die vierte Welle?
mar. Binnen Stunden waren die frisch angebotenen Flüge nach Mallorca ausgebucht, die Deutschen wollen auf „ihrer“Insel Ostern Urlaub machen. Auch an die Costa Blanca gehen wieder mehr Flüge, denn die Inzidenz von unter 50 nimmt die Region Valencia ebenfalls von der Liste der Risikogebiete, noch nicht aber die Costa del Sol (siehe Report und Regionales). In Madrid feiern hingegen Franzosen schon seit Wochen, als hätte es Corona nie gegeben.
Mögen sich Hoteliers und Gastronomen auf die Einnahmen freuen, müssen die meisten Spanier mit der himmelschreienden Ungerechtigkeit leben, über Ostern in ihren Regionen „eingesperrt“zu bleiben, denn diese einschneidende und angesichts der drastisch gesunkenen Fallzahlen besonders schmerzhafte Restriktion bleibt aufrecht. Doch selbst jene, die jetzt von ausländischen Touristen profitieren, ihre Bars und Hotels wieder öffnen können, leben mit der Ungewissheit, ob die beschränkte Reisefreiheit ihnen nicht den Sommer und damit die umsatzstärksten Monate verhageln wird, wenn Touristen Corona als Gastgeschenk mitbringen, denn die Einreisekontrollen sind löchriger als Schweizer Käse.
Die klügste Entscheidung für Spanien wäre es – und so lässt es auch Fernando Simón, Chef des sanitären Krisenstabes der Regierung – durchklingen, europaweit hinsichtlich Reisen die Füße still zu halten, „bis man die angestrebte Impfquote“von rund 50 Prozent bis Sommerbeginn und 70 Prozent der Bevölkerung bis Herbstanfang erreicht habe. Alles andere wäre grob fahrlässig, denn die „Nebenwirkungen“der vorschnellen Lockerungen kennt man mittlerweile zur Genüge.
Italien wieder im Lockdown
Am Dienstag, 16. März, meldete das spanische Gesundheitsministerium eine landesweite 14-Tages-Inzidenz von 128 Fällen pro 100.000 Einwohnern,
die Sieben-Tages-Inzidenz liegt derzeit bei 60, binnen 24 Stunden wurden 141 Covid-bedingte Tote gemeldet und 4.962 neue Infektionsfälle. Aber: Auch wenn die landesweite Inzidenz noch immer leicht sinkt, in zehn Autonomen Gemeinschaften steigen die Fallzahlen auf Tagesbasis schon wieder an, wenn auch sachte, in Madrid kamen sie seit der dritten Welle nie unter die 200er Marke. Mit Murcia, Andalusien, den Balearen und den Kanarischen Inseln gehören auch die wichtigsten Urlaubsgebiete zu den Regionen,
die einen Anstieg verzeichneten, noch bevor die Osterwelle anrollt.
Noch signifikanter sind die Anstiege der Fallzahlen in den touristischen Zubringerländern, einschließlich Deutschland und Österreich und besonders übel sieht es in Frankreich mit einer Inzidenz von über 400 und erst recht in Italien aus, wo man am Montag mit über 500 Fällen pro 100.000 Einwohnern schon wieder in einen landesweiten, harten Lockdown gehen muss. Großbritannien und Spanien sind überhaupt die einzigen Ländern des Kontinents, die derzeit fallende Zahlen liefern. Die spanischen Experten und ihre Modelle verweisen fast zwangsläufig auf den Ausbruch einer vierten Welle: „Alles weist in Spanien auf einen weiteren Anstieg hin“, so Joan Caylà, Präsident der Spanischen Gesellschaft für Epidemiologie.
Rafael Ortí, Präsident der Spanischen Gesellschaft für Präventivmedizin, geht bereits fest davon aus, „dass wir mit den momentanen Maßnahmen das Virus nicht stoppen können“, denn das „kann nur die Impfung“. Es werde eine vierte Welle geben, die vor allem die Regionen mit einer Inzidenz von jetzt über 120 „sehr deutlich abbekommen werden“. Ortí verweist dabei auch auf den großen Unsicherheitsfaktor der Virus-Varianten und -Mutationen, die nachweislich ansteckender sind. Auch wenn man noch nicht belegen kann, dass sie relativ mehr schwere Verläufe provozieren, bedeutet eine höhere absolute Anzahl von Ansteckungen am Ende mehr Krankenhausaufenthalte und Tote.
Spanien atmet gerade durch, ein schweres Atmen, denn das Land musste binnen 24 Stunden am Dienstag wieder 141 Covid-Tote vermelden. Das ist zwar die niedrigste Zahl seit 15. Oktober 2020, aber es sind 141 Menschen an einem Tag. Nur noch 7,5 Prozent aller Krankenhauspatienten werden derzeit wegen Covid behandelt, aber immer noch jeder fünfte Patient auf der Intensivstation ist ein Covid-Fall.