Corona beendet Fastenzeit
Spanien schaut wie der Osterhase auf die Schlange einer vierten Corona-Welle – AstraZeneca wieder im Rennen, bis 65 Jahre
Málaga/Valencia/Murcia mar. Gerade noch 29 neue Coronavirus-Fälle pro 100.000 Einwohner und 14 Tage meldet die Region Valencia am Dienstag, 23. März. In Mallorca waren es 45, in Murcia 55. In Andalusien zwar 121, doch sieht es so aus, als habe Spanien die Pandemie mal wieder zurückgedrängt. Vor allem, wenn man die stetigen Anstiege und Horrorzahlen aus anderen EU-Ländern zum Vergleich heranzieht: Nachbar Frankreich steht bei 580, Österreich – mal wieder – bei 450 und Tschechien gar über 1.300. In Ungarn ist man kurz davor, das Zählen einzustellen, das Land hat im Moment die höchste Sterblichkeitsquote weltweit, Berichte aus Krankenhäusern erinnern eher an das Amazonasgebiet als an die Donauebene.
Inzidenzen steigen wieder
Doch Spanien ist gewarnt, zumindest theoretisch. Dass die Wellen asynchron über Europa schwappen und die Regionen mit den niedrigsten Inzidenzen am Ende tödlich aufholen, haben wir mittlerweile gelernt. Am Dienstag meldeten zwölf der 17 Autonomen Regionen Spaniens einen, wenn auch leichten, Anstieg der Fallzahlen, und das Gesundheitsministerium musste, mit einigen Nachträgen vom Wochenende, 200 neue Covid-Todesfälle verkünden. „Wenn das so weitergeht, müssen wir den Länderpakt für die Osterfeiertage vielleicht noch einmal überdenken“, warnt Gesundheitsministerin Carolina Darias und weist darauf hin, dass die Auslastung der Intensivstationen von knapp 20 Prozent höher liegt als vor der dritten Welle. Sollte die vierte wieder so übel werden, könnte das katastrophal enden.
Spaniens Oberster Gerichtshof hat dieser Tage auch den letzten möglichen Einspruch der Querlenker-Region Madrid abgewiesen, ihren Einwohnern für Ostern den Empfang von Besuch aus anderen Regionen oder die Reise zur Zweitwohnung an die Küste zu erlauben. Selbst wenn, da alle anderen Regionen dicht machen, kämen die Madrilenen nicht allzu weit, zumindest dort, wo es Kontrollen gibt.
„Wir bitten die Menschen, zu Ostern zu Hause und unter sich zu bleiben“, bat Regierungschef Pedro Sánchez am Mittwoch bei der Kontrollsitzung im Congreso. Die einzelnen Regionen halten, trotz der meist guten Zahlen, relativ strikt an den geltenden Einschränkungen bis nach Ostern fest. In Andalusien sind bis 12. April auch die sieben Provinzen der Region untereinander abgeriegelt, dafür darf dort – wie in Murcia, vorerst bis 9. April – die Gastronomie bis 22.30 Uhr öffnen, wo bestimmte Indikatoren nicht überschritten werden. In Valencia darf man zwar von Castellón bis Torrevieja durchfahren, um 18 Uhr machen aber alle Bars dicht. Mit Argwohn und Angst schaut Spanien
Das Vakzin von BioNTech/Pfizer ist begehrt, aber rar. Wer AstraZeneca verweigert, muss sich in Spanien hinten anstellen.
auf die Zahlen und fragt sich, ob Vatertagswochenende, Ostern, ausländische Touristen, Mutationen und Varianten eine vierte Welle lostreten werden. Eigentlich wissen alle, dass sie kommen wird, nur nicht, wo zuerst und wie stark sie wird.
Die Impfkampagne, die sie eigentlich aufhalten soll, ist noch wenig hilfreich. Am 23. März waren
gerade 4,6 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, nach jetzigem Tempo wäre die gewünschte Durchimpfung erst in gut zwei Jahren erreicht. Zwar wurden die Impfungen mit dem Wirkstoff von AstraZeneca nach einer Woche irrationalem Stopp wieder aufgenommen. Denn es konnte weder ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den aufgetretenen Thrombosen und dem Impfstoff, noch ein signifikanter Anstieg selbiger gegenüber Nichtgeimpften festgestellt werden, noch war der Tod der 43-jährigen Lehrerin aus Marbella einige Tage nach ihrer Impfung mit AstraZeneca auf dieses Mittel zurückführbar. Doch es gibt von den Vakzinen noch immer viel zu wenig.
Enttäuschung mit Janssen
Auch der neu zugelassene Stoff von Janssen stellt sich als Rohrkrepierer heraus, ganze 300.000 Dosen bis Ende April werden Spanien in Aussicht gestellt. Die Impfbereitschaft in Spanien ist mit fast 90 Prozent weltweit eine der höchsten, doch immer mehr Menschen sind dem Halb(un)wissen in Sozialen Netzwerken auf den Leim gegangen und verweigern die Impfung mit AstraZeneca.
Damit fallen sie aber, so die Vorgabe des Gesundheitsministeriums, aus dem Impfplan heraus und müssen auf das „freie Impfen“warten, das, optimistisch prognostiziert, nicht vor Juni möglich sein wird. Die EU verhängt jetzt einen sechsmonatigen Export-Stopp für Impfstoffe, hat es aber im Vorfeld versäumt, für ihre an die PharmaIndustrie hergeschenkten Milliarden für Forschung und Entwicklung die Patente oder zumindest verbindliche Lieferbedingungen einzufordern.