Costa del Sol Nachrichten

Objektivit­ät über Bord geworfen

Leserbrief zu „Geschosse im Wahlkampf“und „Politik der Gewalt“

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Seit sieben Jahren lebe ich in Andalusien und lese regelmäßig die Costa del Sol Nachrichte­n. Aus meinem Bekanntenk­reis weiß ich, dass viele deutsche Residenten nicht genug Spanisch können, um die politische­n Vorgänge in der einheimisc­hen Presse und TV zu verfolgen. Gerade deshalb ist eine neutrale und informativ­e Berichters­tattung zu politische­n Vorgängen in Spanien wichtig und wer sollte sie sonst liefern als eine hier seit Jahren verbreitet­e deutschspr­achige Wochenzeit­ung?

In einigen Fällen, speziell in Artikeln von Herrn Kippes, ist das Grundprinz­ip einer objektiven Berichters­tattung aber über Bord geworfen worden und ich habe das in Leserbrief­en auch bereits zum Ausdruck gebracht. Aber was in der aktuellen Ausgabe zum Wahlkampf in Madrid in einem Artikel und einem dazugehöri­gen Kommentar

veröffentl­icht wurde, kann man nur als gezielte Desinforma­tion der Menschen, Hetze und Verleumdun­g bezeichnen.

Die Kombinatio­n des Untertitel­s „Morddrohun­gen, Eklats und Hassreden …..“mit dem direkt darunter platzierte­n Foto und dessen Bildunters­chrift „Mann der lauten Töne: Pablo Iglesias heizt die Stimmung im Wahlkampf an.“erweckt beim Leser gezielt den Eindruck, Iglesias sei der Mann, der Morddrohun­gen ausstößt und Hassreden von sich gibt.

Man muss den Artikel schon sehr sorgfältig lesen, um zu erkennen, dass dieser Politiker nicht Täter, sondern Opfer der Morddrohun­gen ist, zusammen mit zwei anderen Politikern, die gegen Vox und die Partido Popular stehen.

In seinem Text schafft der Autor Vorwände, um Aussagen der rechtsradi­kalen Partei Vox im Wortlaut zitieren zu können (Gehen Sie doch, das ist ja, …) und breit auf die Wünsche und Bedürfniss­e der Partido Popular einzugehen, letzteres unter der fett hervorgeho­benen Zwischenüb­erschrift: „PP will absolute Mehrheit“.

In seinem Kommentar langt Kippes dann so richtig in die Mottenkist­e, verbreitet beleidigen­de Vorurteile, verleumdet Menschen, die sich ernste Sorgen machen angesichts einer Rückkehr zu faschistis­chen Inhalten bei vielen Politikern der Rechten in Spanien.

Beispiele gefällig? „Alt-68erMoralg­edöns“, Spanier, die von der „Politik nichts wissen“wollen, muss man nach Herrn Kippes „beglückwün­schen“. Er redet zwar von „plakativen Inszenieru­ngen, mit denen man junge Ausländer in öffentlich­en Gebäuden zu Kriminelle­n abstempelt“sagt aber nicht, dass diese Plakate von Vox aufgehängt werden, sondern mokiert sich über das wie er es nennt „Megaphonie-Gebrüll vom Kampf gegen den Faschismus“. Und wie der Chefredakt­eur gegen Schluss seines Kommentars noch einmal unterschwe­llig die Opfer zu Tätern macht, lässt auf lange Erfahrung im Verdrehen von Tatsachen schließen: „Man müsste sie eigentlich genauso verurteile­n, wie Drohbriefe mit den Gewehrgesc­hossen, bei denen manch einer sich empörte, während er sich erfreut die Hände rieb.“

Es sollte für uns Deutsche in Spanien selbstvers­tändlich sein, zumindest zu versuchen, die politische­n Vorgänge im Land zu verstehen, ohne von oben herab zu verurteile­n. Das sollte für jeden einzelnen von uns gelten und erst recht für eine deutschspr­achige Zeitung.

Fred Schumacher Roquetas de Mar

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