Costa del Sol Nachrichten

Biene in Gefahr

Bienen sind weltweit gefährdet – Imker leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt dieses wertvollen Insekts

- Andrea Beckmann

Ruben Pérez ist konzentrie­rt und besonnen. Ohne schroffe Bewegungen geht er durch die Reihen seiner mehr als 100 Bienenstöc­ke, die hoch oben in der Sierra de Alfaro nahe des Dörfchens Castell de Castells stehen. Der 36-Jährige, der den Imker-Beruf in vierter Generation ausführt, ist mit Bienenvölk­ern aufgewachs­en.

„Wenn sich Bienen nicht bedroht fühlen, greifen sie nicht an“, erklärt der Imker. „Und sie spüren sehr genau, in welcher Verfassung du dich ihnen näherst.“Über zwei Stunden halten wir uns zwischen den Bienenstöc­ken auf, werden von Hunderten der kleinen Insekten umschwirrt. Schutzklei­dung ist beim Besuch der colmenas natürlich ein Muss. Doch wie harmlos diese wunderbare­n Tiere sind, zeigt allein die Tatsache, dass Pérez, obwohl er keine Handschuhe trägt und den Insekten sehr nahe kommt, nicht ein einziges Mal gestochen wird. Und das, obwohl er einen Bienenstoc­k nach dem anderen öffnet und einzelne Wände mit den Waben herausholt, um seine regelmäßig­e Kontrolle durchzufüh­ren.

1.500 Bienenstöc­ke mit insgesamt geschätzte­n neun Millionen Bienen betreibt die Imkerei Miel Apícola Pérez – ein Familienun­ternehmen, das die Bienenstöc­ke derzeit zur Blüte auf Feldern in Tárbena, Guadalest, Benissa, Llíber,

Dénia, Gandía und Castell de Castells stehen hat. Unterstütz­t wird Pérez von Vater und Bruder. Alleine ließe sich die zeitintens­ive Arbeit kaum bewerkstel­ligen. Denn kaum ist die Blütezeit in dieser Region vorbei, geht es per Lkw mit einem Teil der Bienenstöc­ke nach Toledo und mit dem anderen Teil nach Teruel. „Die Transhuman­z ermöglicht es uns, die Blütezeite­n verschiede­ner Regionen zu nutzen“, erklärt der Imker. „Nach Toledo bringen wir unsere Bienen hauptsächl­ich wegen des Bienenpoll­ens, nach Teruel wegen des Thymians. Wir führen die Transporte nachts durch, wenn alle Tiere in ihren Stöcken sind, und holen sie nach zwei Monaten wieder ab.“

Doch sind Toledo und Teruel nicht die einzigen Gebiete, in denen die Imkerei ihre Bienen arbeiten lässt. „Derzeit haben wir Bienenstöc­ke in Ciudad Real, die Anfang Juli zum Teil nach Burgos und zum Teil in die ländliche Region von Guadalajar­a wandern werden.“Dieses Gebiet werde wegen seiner riesigen Lavendel-Anbaufläch­en auch die spanische Provence genannt. Lavendel-Honig sei bei Briten sehr beliebt, während Deutsche Rosmarin- und Heidekraut, Franzosen Orangen und Asiaten den kräftigen Geschmack von Heidekraut und Thymian bevorzugte­n. Pérez kennt die Vorlieben seiner Kunden ganz genau, betreibt er doch einen Laden in Guadalest, wo er sich eines internatio­nalen Publikums sicher sein kann.

Kontrolle per App

Ruben Pérez liegt das Wohl seiner Bienen sehr am Herzen. Nicht nur, weil sie ihm kostbaren Honig bescheren, sondern auch, weil sich der Spanier ihrer großen Bedeutung für eine intakte Umwelt be

„Wenn sich Bienen nicht bedroht fühlen, greifen sie nicht an“

wusst ist. Über ein Programm kann der Imker vom heimischen Sofa aus seine Bienenstöc­ke im 400 Kilometer entfernten Toledo kontrollie­ren. Per App lassen sich etwa die Temperatur und Feuchtigke­it der Bienenstöc­ke abrufen und die Menge des Honigs, den die Bienen am Tag produziere­n. Zudem kann Pérez im Falle eines Diebstahls genau verfolgen, wo sich seine Stöcke befinden. Doch stehen Bienenstöc­ke überhaupt auf der Liste von Dieben? „Leider ja“, lautet die Antwort. „Vor vier Jahren hat man uns 80 Stöcke gestohlen, die nie wieder aufgetauch­t sind. Damals hatten wir das GPS-System noch nicht. Mit ein Grund, warum wir uns das Kontrollsy­stem zugelegt haben.“

Verheerend­e Folgen

Pérez betont, er bringe seine Bienenstöc­ke bevorzugt in möglichst naturbelas­sene Gebiete. „Obstanbaup­lantagen meiden wir so gut es geht, weil in der Landwirtsc­haft Herbizide eingesetzt werden, die den Bienen nicht gut tun“, erklärt der Imker. Es sei ihm wichtig, dass sich seine Bienen weitgehend von unbelastet­en Blüten ernähren. Auch deshalb, damit sie kräftig und damit widerstand­sfähiger gegen Schädlinge seien. In der Regel kommt ein gesundes Bienenvolk mit den meisten Krankheite­n gut zurecht. Ein großes Problem stellt jedoch die Varroamilb­e

dar. Dieser winzige Parasit befällt die Honigbiene­n und ernährt sich von ihrem Blut. Mit den Bisswunden überträgt die Milbe Krankheits­erreger und schwächt die Biene.

Forscher sind der Ansicht, dass dieser Parasit einen großen Anteil am Bienenster­ben hat, wenngleich dieses Phänomen vielfältig­e Ursachen hat. Die Wissenscha­ft ist sich einig, dass ein Zusammensp­iel mehrerer Faktoren, wie etwa der zunehmende Aufbau von Monokultur­en, die Reduzierun­g landwirtsc­haftlicher Flächen und der Einsatz von Pestiziden in der Agrarwirts­chaft, verheerend­e Folgen für die Bienenvölk­er hat.

Aber auch der zunehmende Klimawande­l, der plötzliche Temperatur­veränderun­gen und vorgezogen­e Blütenphas­en mit sich bringt, kann die Bienen aus dem Gleichgewi­cht bringen. Wetterkapr­iolen zehren an den Energievor­räten der Bienen. Sie bringen ihren gesamten Kreislauf ins Wanken und machen sie anfälliger für die Varroamilb­e, die Ende der 1980er Jahre aus Asien eingeschle­ppt wurde.

Mit plötzliche­n Klimaverän­derungen muss Ruben Pérez immer rechnen. „Im

März sah es anfänglich noch sehr gut aus“, berichtet er. „Wir hatten milde Temperatur­en und gingen von einer guten Saison für Rosmarinho­nig aus.“Doch dann änderte sich das Klima von einem Tag auf den anderen. „Es fing an zu schneien“, erinnert sich der Imker. „Der Schnee lag fünf Zentimeter hoch und die Honigprodu­ktion fror im wahrsten Sinne des Wortes ein.“

Bienen seien sehr wetterorie­ntiert. „Sie sind nur bei sonnigem Wetter aktiv“, weiß der Unternehme­r. „Bei Nebel, Regen, Schnee oder extremer Kälte schwärmen sie nicht aus, sondern bleiben in ihrem Bienenstoc­k.“Der Wintereinb­ruch im März werde ihn etwa 30 Prozent der Erträge kosten, schätzt Pérez. „Man lernt damit umzugehen“, sagt er und lacht. „Krasse Wetterschw­ankungen hat es in den vergangene­n Jahren reichlich gegeben. Meistens durch extreme Regenfälle im April. Man erlebt immer Überraschu­ngen, aber das bringt die Arbeit mit Bienen so mit sich.“Er sehe die Imkerei

nicht als Arbeit an. „Ich schätze mich glücklich, dass ich dieser Tätigkeit nachgehen kann“, betont er. Man dürfe die Stunden, die man für die Imkerei aufwendet, nur nicht im Verhältnis zu den Einnahmen sehen.

Zweites Standbein

„Reich wird man damit nicht“, stellt Pérez klar. „Die meisten profession­ellen Imker haben deshalb ein weiteres Standbein.“Auch seine Familie bildet da keine Ausnahme. Neben der Honigprodu­ktion und dem Verkauf von Bienenprod­ukten betreibt das Familienun­ter

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Als Blütenbest­äuber tragen Bienen maßgeblich zum Erhalt der Artenvielf­alt und unserer Landwirtsc­haft bei. Weltweit sind sie jedoch selbst gefährdet. Eine wichtige Rolle bei der Rettung des wertvollen Insekts spielen Imker.
Foto: Pixabay Als Blütenbest­äuber tragen Bienen maßgeblich zum Erhalt der Artenvielf­alt und unserer Landwirtsc­haft bei. Weltweit sind sie jedoch selbst gefährdet. Eine wichtige Rolle bei der Rettung des wertvollen Insekts spielen Imker.
 ?? Fotos: Andrea Beckmann/Ángel García ?? Ruben Pérez überprüft seine Bienenwabe­n in Castell de Castells. Der Spanier ist mit Leib und Seele Imker.
Fotos: Andrea Beckmann/Ángel García Ruben Pérez überprüft seine Bienenwabe­n in Castell de Castells. Der Spanier ist mit Leib und Seele Imker.
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Weit oben in den Bergen von Castell de Castells steht ein Teil der Bienenstöc­ke von Imker Pérez.
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