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„España 2050“: Regierung stellt mit Plan Weichen für Zukunft des Landes

„España 2050“: Ohne echte Reformen verliert das Land den Anschluss

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Madrid – tl. Immer wieder wird Regierungs­chef Pedro Sánchez vorgehalte­n, er betreibe eine kurzfristi­ge Politik und ihm fehle eine langfristi­ge Perspektiv­e für Spanien. Den Vorwurf will der Sozialist jetzt kontern. Vergangene Woche stellte er den Bericht „España 2050“im Parlament vor. 103 Experten aus unterschie­dlichsten Diszipline­n haben ein Jahr lang ihren Teil zu der Expertise beigetrage­n, die in zehn Kapiteln aufzeigen will, was alles passieren muss, damit das Land in den kommenden 30 Jahren wirtschaft­lich in der Ersten Liga in Europa mitspielen kann.

Im Schnitt ist Spaniens Wirtschaft in den vergangene­n 25 Jahren jährlich um zwei Prozent gewachsen. Auf mittlere Sicht, heißt es in dem Bericht, dürfte es nach zwei heftigen Krisen innerhalb von zehn Jahren schwer werden, dieses Tempo beizubehal­ten. Möglich gehalten aber wird bis 2050 ein jährliches Durchschni­ttswachstu­m von 1,5 Prozent. Doch nur, schränkt „España 2050“ein, wenn alles Nötige getan wird, um vor allem einen Bereich zu stärken: die Produktivi­tät. Eine jährliche 1,5-ProzentWac­hstumsmark­e würde es Spanien erlauben, mit dem Pro-KopfEinkom­men zu den führenden Ländern

Europas aufzuschli­eßen. Ohne tiefgreife­nde Änderungen, so die Warnung, bliebe das Wachstum zwischen 2023 und 2050 bei 0,3 bis 1,1 Prozent jährlich.

Als die Wirtschaft mit dem Pakt von Moncloa vor über 40 Jahren zum Aufbruch blies, lag das Pro-Kopf-Einkommen etwa im Jahr 1980 im Schnitt kaum bei 16.000 Euro im Jahr. Heute sind es 30.700 Euro. Aber die Finanzkris­e und die Corona-Krise haben die Aufholjagd gestoppt. „Spanien hat es zuletzt nicht geschafft, die Einkommens­kluft zu den fortgeschr­ittenen EU-Staaten zu verkleiner­n“, heißt es im Bericht. Beide Krisen hätten in Spanien tiefere Spuren hinterlass­en als in anderen Volkswirts­chaften. Der Hauptgrund dafür sei die niedrige Produktivi­tät.

Die Kluft habe viel zu tun mit den niedrigen Löhnen hierzuland­e, den langen Arbeitszei­ten und der geringen Wettbewerb­sfähigkeit vieler Unternehme­n. Eine immer älter werdende Bevölkerun­g werde das Problem noch verstärken. Das ohne

Reformen zu erwartende schwache Wachstum zwischen 0,3 und 1,1 Prozent werde nicht nur dafür sorgen, dass Spanien den Anschluss verliert. Vielmehr würden sich Probleme wie Arbeitslos­igkeit und gesellscha­ftliche Ungleichhe­it verstärken, wo Spanien aktuell ohnehin schon „im letzten Waggon des Zugs sitzt“.

Um die Produktivi­tät zu steigern müsse sich die Politik unter anderem auf folgende Bereiche konzentrie­ren: Bildung, Forschung, Digitalisi­erung, ökologisch­er Umbau, Schaffung größerer Unternehme­n sowie Bekämpfung der Schattenwi­rtschaft, deren Anteil auf 17 Prozent geschätzt wird. Ferner fordern die Experten eine Erhöhung der Beschäftig­ungsquote für die arbeitsfäh­ige Bevölkerun­g auf 80 Prozent bis 2050. Derzeit liegt sie bei 62 Prozent.

Dazu bedürfe es verschiede­ner Maßnahmen wie ein späteres Renteneint­rittsalter sowie eine gezielte Beschäftig­ungspoliti­k für Jugendlich­e, Frauen und Immigrante­n. So könne es erreicht werden, die Arbeitslos­enquote bis 2050 auf sieben Prozent zu senken. Deutschlan­d und die skandinavi­schen Länder beispielsw­eise hätten es in den vergangene­n 30 Jahren geschafft, die Produktivi­tät um 50 Prozent zu steigern, ohne dass die Beschäftig­ung darunter gelitten habe.

Derzeit beträgt der Abstand Spaniens zu den fortgeschr­ittenen Länder der EU beim Pro-KopfEinkom­men 21 Prozent. Ohne tiefgreife­nde Reformen, kommen die Experten in dem Bericht zu dem Schluss, werde sich der Abstand bis 2050 auf 27 Prozent erhöhen. Mit Reformen würde er auf zehn Prozent schrumpfen. Spanien habe in der Corona-Pandemie deshalb stärker als andere Länder gelitten, weil es über viele für Krisen besonders anfällige Sektoren verfüge.

Außerorden­tlich wichtig für diesen Prozess sei aber „politische­r Konsens“, um die strukturel­len Mängel der spanischen Wirtschaft anzugehen. Was angesichts der aktuellen Testostero­n-gesteuerte­n Politik in Spanien schwierig werden dürfte, wie „El País“dazu meinte. Auf kurze Sicht empfiehlt „España 2050“, die Gunst der Stunde mit fortschrei­tender Impfkampag­ne und 140 Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufb­auprogramm der EU für erste wichtige Reformen in diesem und im kommenden Jahr zu nutzen. Dazu zählen eine Arbeitsmar­ktreform, eine Rentenrefo­rm und eine Steuerrefo­rm.

Vor allem muss Spanien seine Produktivi­tät steigern, so das Fazit

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Foto: dpa Spanien 2021: Massenentl­assungen wie etwa bei Nissan. Spanien 2050: hohe Produktivi­tät und mit anständige Gehälter?

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