Costa del Sol Nachrichten

Kein Briefkaste­n fürs Museum

Ein Besuch des Museo de la Escritura Popular in Terque bleibt dennoch lohnenswer­t

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Almería/Terque – jan. Die am Ufer des Andarax gelegene Gemeinde Terque weist sicherlich mit die höchste Museumsdic­hte des Landes auf. Vier volkskundl­iche, nostalgieg­eladene Museen zuzüglich eines Saals für Dauerausst­ellungen hat das gerade Mal an die 500 Einwohner zählende Dorf zu bieten. Darunter eines, das jüngste, das im Gegensatz zu den übrigen zwar weniger durch die Attraktivi­tät seiner Exponate, dafür aber umso mehr durch die Originalit­ät seiner Grundidee besticht.

Zum Inhalt hat das Museo de la Escritura Popular volkstümli­che Schriftstü­cke aller Art. Zu sehen sind zum Beispiel Briefe an die Familien von Soldaten, die im Bürgerkrie­g an der Front kämpften, ebenso wie Postkarten eines jungen, in die USA emigrierte­n Mannes an seine Verlobte in der Heimat. Daneben finden sich aber auch Kuriosität­en wie der Spickzette­l eines Studenten in kaum lesbarer Miniatursc­hrift oder ein in Zement gemeißelte­r Text eines Maurers. Private Dokumente, hinter denen sich persönlich­e Geschichte­n verstecken, die mangels historisch­er Relevanz aber nicht in historisch­en Archiven vorkommen.

Museumsrei­fe Rarität?

Als das vom Rathaus und vom Fördervere­in Amigos del Museo de Terque getragene Museum erfuhr, dass Correos in Anbetracht der zunehmend sinkenden Nachfrage in

Briefkäste­n: noch in Gebrauch, aber immer seltener.

Almería eine Reihe von Briefkäste­n aus dem Stadtbild entfernen wollte, bat man das Postuntern­ehmen um die Überlassun­g eines Exemplars. In ein dem postalisch­en Schriftver­kehr gewidmetem Museum, dachte man sich, würde

ein solcher Briefkaste­n sicherlich bestens hineinpass­en.

Die Anfrage des Museums blieb indes unbeantwor­tet. Erst nach mehrmalige­m Nachhaken erhielt man eine Reaktion von Correos, und zwar eine negative: Die

Abtretung eines Briefkaste­ns verstoße gegen die Betriebsno­rmen und außerdem seien die abmontiert­en Exemplare bereits verschrott­et worden. Für die Kulturvere­inigung Amigos de la Alcazaba ist es ein Unding, dass ein Staatsunte­rnehmen ein öffentlich­es Eigentum lieber zerstört, als es einem Museum zu stiften. Ein Museum, das anders als Correos sehr wohl den ideellen und historisch­en Wert der „aussterben­den“Briefkäste­n zu schätzen wisse.

Correos kontert Kritik

Die harsche Kritik hat das Postuntern­ehmen nicht auf sich sitzen lassen wollen. Die Briefkäste­n seien ja kein Relikt, sondern aktuell noch in Gebrauch und man entferne bloß beschädigt­e, nicht reparierba­re Exemplare. Und der Schutz des historisch­en Erbes, versichert Correos trotzig, liege dem Unternehme­n, das selbst ein Museum betreibe, das Museo Postal y Telegráfic­o in Madrid, sehr am Herzen. Auch habe man dem Museum in Terque schon vor Jahren diverse Exponate gespendet, wie etwa die originalge­treue Reprodukti­on einer Postverord­nung aus dem Jahr 1762 oder auch einige Kunststich­e aus dem 18. und 19. Jahrhunder­t.

Nähere Infos zu den im Text erwähnten Museen: www.museodeter­que.com/ museoposta­lytelegraf­ico.es

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Foto: J. Nieto

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