Liebe Leser,
Das ist keine Übung. Die „Normalität“kehrt tatsächlich nach Spanien zurück und mit ihr Touristen, die diese „betreute Freiheit“mitunter irritiert. So bleibt mein Besucher aus Deutschland angewurzelt vor dem Shopping Center in Alicante stehen und wundert sich, dass er in keinem
Geschäft, keiner Kneipe einen Schnelltest vorzeigen muss, um sie betreten zu dürfen. Auf der anderen Seite hängt bei ihm die Gesichtsmaske zunächst auf „halb acht“und die Erklärung unserer strikten Maskenregeln nimmt er unter teutonischem Stirnrunzeln zu Kenntnis. Wie erkläre ich schlüssig, dass er sich die Meeresbrise auf der fast leeren Strandpromenade derzeit nur um die Ohren wehen lassen darf? Es stimmt, die Wahrscheinlichkeit im Lotto zu gewinnen, ist in der Region Valencia heute gefühlt höher, als sich Corona einzufangen, bei einer 7-Tages-Inzidenz von 18! Doch sind es weniger meine Erzählungen von grausamen Wellen, Quarantänen, Tragödien, die Spanien seit März 2020 durchleben musste, die ihn überzeugen, als der selbstverständliche Umgang der Menschen mit teils unlogischen, veralteten, lästigen Normen. Da lachen die Spanier herzhaft, sehen – so wie wir uns auch – nach über einem Jahr Freunde und Familie wieder. Und auf dem Weg zum Klo zieht man die Maske eben hoch und raucht ein paar Meter weg von der Terrasse, – auch wenn das schon wieder Blödsinn ist, weil man dort auf Laufpublikum trifft. Die Rückkehr der „Alegría“ist so unbändig und schließt auch das Personal ein, das endlich wieder arbeiten und Geld verdienen kann, dass die Spanier den groben Unfug der einen oder anderen Amtsanordnung gar nicht mehr in Frage stellen müssen. Es lohnt den emotionalen Aufwand schlicht nicht. Sie wissen, es ist eine Zeit des Überganges. In Israel sind die Masken draußen Geschichte, dort sind aber 84 Prozent der Erwachsenen geimpft, in Spanien erst ein Viertel davon. Aber unsere Zeit wird kommen, sehr bald. Kein Grund, jetzt noch die Nerven wegen so einer Lappen-Lappalie wegzuschmeißen und sich als „Querdenker“zu profilieren, die in nichts, aber auch gar nichts Recht behielten. Spanien ist keine Diktatur geworden, die Spanier keine Schafe, sondern Nach- statt Querdenker, die wissen, was ihnen im Leben wichtig ist, und das auch dem anderen zugestehen und gönnen wollen.