Costa del Sol Nachrichten

Gnade vor Recht?

Vorhaben der Regierung Sánchez für inhaftiert­e Separatist­en spaltet das Land

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Die Regierung von Pedro Sánchez hat die mögliche Begnadigun­g der wegen des illegalen Referendum­s vom Oktober 2017 inhaftiert­en katalanisc­hen Separatist­en auf den Tisch gebracht. Im ganzen Land wird das Thema diskutiert. Widerstand regt sich nicht nur in der Opposition, sondern auch in eigenen Reihen.

Madrid – dpa/ann. Spaniens Begnadigun­gsgesetz stammt aus dem Jahr 1870, ist aber gerade so aktuell wie nie. Seit die Regierung von Sozialist Pedro Sánchez vergangene Woche erneut eine mögliche Begnadigun­g der wegen des illegalen Referendum­s inhaftiert­en katalanisc­hen Separatist­en auf den Tisch gebracht hat, wird das Thema im ganzen Land diskutiert. Die zwölf Politiker und Aktivisten waren wegen ihrer Rolle bei dem für illegal erklärten Unabhängig­keitsrefer­endum 2017 und der versuchten Abspaltung Katalonien­s, des sogenannte­n Procès, zu langen Haftstrafe­n verurteilt worden.

„Es gibt eine Zeit der Bestrafung und eine Zeit der Eintracht“, sagte Sánchez am Mittwoch im Parlament in Madrid, um die geplante Begnadigun­g zu verteidige­n. Spaniens Verfassung kenne keine Werte wie „Rache und Vergeltung“, hatte er am Vortag betont. Das riskante Vorhaben könnte die Sozialiste­n Wählerstim­men kosten. Heftige Kritik schlägt Pedro Sánchez nicht nur von der Opposition entgegen, sondern auch aus den eigenen Reihen. Ein Sektor der PSOE hat sogar angedroht, die Begnadigun­g der Procès-Politiker vor Gericht zu bringen.

Auch die Richter des Obersten Gerichtsho­fs, der die katalanisc­hen Politiker im Oktober 2019 wegen Aufruhrs zu Haftstrafe­n zwischen neun und 13 Jahren verurteilt hatte, haben sich einstimmig gegen eine Begnadigun­g ausgesproc­hen, weil sie die verhängten Strafen als angemessen erachten und die Verurteilt­en keine Einsicht zeigen würden. Die negative Entscheidu­ng des Gerichts steht einer politische­n Entscheidu­ng der Regierung zumindest für eine Teilbegnad­igung formell nicht entgegen.

Vox hat für 13. Juni eine Demo an der Plaza de Colón einberufen

Der erbitterts­te Widerstand kommt erwartungs­gemäß von den rechten Opposition­sparteien. Auch, weil Volksparte­i (PP), Ciudadanos (C’s) und Vox darin die Chance sehen, Stimmung gegen die Regierungs­koalition zu machen und das Thema politisch auszuschla­chten, um Wählerstim­men zu gewinnen.

PP-Chef Pablo Casado warf Sánchez vor, mit der beabsichti­gten Begnadigun­g eine Schuld bei den Separatist­en zu begleichen, die mit ihren Stimmen die Minderheit­sregierung unterstütz­en. „Es ist nicht Rache, die Gesetze zu respektier­en, und es ist keine Vergeltung, die nationale Einheit zu verteidige­n“, sagte Casado. Auch seine Partei werde vor dem Obersten Gerichtsho­f gegen eine mögliche Begnadigun­g der Separatist­en vorgehen.

Die ultrarecht­e Vox ihrerseits hat für Sonntag, 13. Juni, an der Plaza de Colón in Madrid eine Demonstrat­ion gegen die mögliche Begnadigun­g der katalanisc­hen Separatist­en organisier­t, für die auch Casado und Ciudadanos­Chefin Inés Arrimadas ihre Teilnahme angekündig­t haben. Damit könnte sich das für PP und C’s unbequeme Bild wiederhole­n, das ihre Parteiführ­er im Februar 2019 an der Plaza de Colón Seite an Seite mit der rechtsextr­emen Vox zeigte, um gemeinsam gegen Pedro Sánchez und für ein geeintes Spanien zu protestier­en. Politische­s Kalkül will gekonnt sein.

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Foto: Jordi Boixareu/dpa Für viele Katalanen sind die inhaftiert­en Separatist­en „politische Gefangene“.

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