Costa del Sol Nachrichten

Keine spanische Steckdose

Reform des Strommarkt­s: Kommission­svorschlag übergeht Spanien

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Madrid/Brüssel – tl. Brüssel hat geliefert – und Spanien muss enttäuscht sein. Die von der EUKommissi­on vorgelegte­n Vorschläge zur Reform des europäisch­en Strommarkt­s bleiben hinter den Erwartunge­n zurück. Der große Wurf wird vertagt. Deutschlan­d hat sich zulasten der Südländer durchgeset­zt, die mehr wollten.

Die Energiekri­se hatte den Strommarkt in Europa aus dem Lot gebracht. Die Grundregel­n wie das Merit-Order-Prinzip bestimmen, dass das teuerste zum Einsatz kommende Kraftwerk den Strompreis bestimmt. Weil Gas aber immer teurer wurde, stieg auch der Strompreis in nie gekannte Höhen. Den Strompreis vom Gaspreis entkoppeln und den Preisbildu­ngsmechani­smus zugunsten der Erneuerbar­en Energien ändern, das wäre eine grundlegen­de Reform gewesen. Eine Reform, wie sie sich Spanien, Italien und zunächst auch Frankreich gewünscht hatten. Die deutsche Bundesregi­erung reagierte ablehnend auf grundsätzl­iche Änderungen an den Regeln. Die Reform des Strommarkt­s in Europa möge „nicht im Krisenmodu­s“erfolgen, hieß es in einem Schreiben an die EU-Kommission, das auch von den Niederland­en, Dänemark, Finnland, Luxemburg, Lettland und Estland unterzeich­net wurde.

EU setzt auf Langzeitve­rträge

Die Ausnahmen, die Frankreich für seine Kernkraft zugebillig­t wurden, führten zudem dazu, dass die Phalanx der Südländer geschwächt wurde. Gemäß der Empfehlung­en Deutschlan­ds und der Mitunterze­ichner konzentrie­rt sich die EU-Kommission nun auf die Langzeitve­rträge, mit deren Neugestalt­ung unter besonderer Berücksich­tigung der erneuerbar­en Energien Verbrauche­r vor hohen Strompreis­en geschützt werden

sollen. Gedacht ist dabei vor allem an die langfristi­gen Abnahmeabk­ommen (PPA’s) und die sogenannte­n Differenzv­erträge (CfD’s).

Bei PPA’s kauft ein Unternehme­n langfristi­g von einem Produzente­n Strom zu einem Festpreis. Bei CfD’s einigen sich Käufer und Verkäufer auf einen langfristi­gen Strompreis, der immer zu zahlen ist. In beiden Fällen sind Strompreis­spitzen nach oben, aber auch nach unten ausgeschlo­ssen.

Spaniens Energiemin­isterin Teresa Ribera kann mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein. Ihre Reformvors­chläge zielen zwar nicht darauf ab, das Merit-Order-Prinzip grundsätzl­ich abzuschaff­en. Ihr

geht es aber darum, einen Mechanismu­s zu finden, der die Endkundenp­reise für Strom vom steigenden Gaspreis entkoppelt.

Eine Lösung könnte in der „iberischen Ausnahme“liegen, bei der für den Gaspreis in der Stromprodu­ktion eine Höchstgren­ze festgelegt wird. Das aber läuft auf eine Subvention­ierung der teuren und CO2-kritischen Gaskraftwe­rke mit Steuergeld­ern und anderen Mitteln hinaus.

Ein anderer Vorschlag der Ministerin lautet dahingehen­d, dass der Strommarkt gesplittet wird in Technologi­en, die in der Stromprodu­ktion zum Einsatz kommen. Für jede Technologi­e soll es eigene Marktvertr­äge geben. Vorstellba­r wäre auch, parallel zum MeritOrder-Markt einen sogenannte­n Kapazitäts­markt einzuricht­en für Gas, Kohle und Kernkraft. In einem Kapazitäts­markt erfolgt der Handel nicht mit Strommenge­n, sondern mit bereitgest­ellter Leistung. So erhalten Produzente­n Geld unabhängig davon, ob ihr Kraftwerk Strom einspeist oder nicht. Die teuren Backup-Kraftwerke würden so separat vergütet.

Ausnahmen für Kernkraft in Frankreich schwächen Südflanke in EU

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Foto: dpa Wirtschaft­sministeri­n Nadja Calviño bei einem Treffen der EU-Finanz- und Wirtschaft­sminister.

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