Überzeugende Mischung
Regierung legt Entwurf für zweite Stufe der Rentenreform vor
Madrid – tl. Die Einigung mit der EU-Kommission steht. Für die zweite Stufe der Rentenreform hat Sozialversicherungsminister José Luis Escrivá jetzt zwei entscheidende Hürden genommen. Die Schwierigkeit bestand darin, den Druck auf das Rentensystem infolge einer immer älter werden Bevölkerung und des Renteneintritts der „Baby Boomer“-Generationen zu senken.
Einen Druck, der mit der jährlichen Rentenanpassung gemäß der durchschnittlichen Inflationsrate wegen der Mehrkosten für das System sogar noch gestiegen war. Escrivá scheint es mit der zweiten Reformstufe gelungen zu sein, eine Mischung aus Beitragserhöhungen und längeren Berechnungszeiten gefunden zu haben, die Brüssel und Koalitionspartner überzeugte.
Die Steigerung der Einnahmen über Rentenbeitragserhöhungen konzentriert sich auf drei Instrumente: Zum einen wird der maximal höchste monatliche Rentenbeitrag – derzeit liegt er bei 4.495 Euro – ab 2024 bis 2050 jährlich um die Inflationsrate plus einem Aufschlag von jeweils 1,2 Prozentpunkten angehoben. Ferner müssen Bezieher hoher Gehälter ab 2025 zusätzlich einen Solidaritätszuschlag von einem Prozent abführen. Dieser „Soli“steigt jährlich um 0,25 Prozentpunkte, bis er 2045 sechs Prozent erreicht. Schließlich steigt auch der Mechanismus für intergenerationelle Gleichheit. Und zwar ebenfalls in jährlichen Schritten von nun 0,6 auf 1,2 Prozent im Jahr 2050.
Die Rentenausgaben pro Jahr wären trotzdem auf 15 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts (BIP) gestiegen. Derzeit machen die Ausgaben zwölf Prozent des BIP aus.
Die Regierung rechnet damit, dass die Einnahmen mit der Reform um 15 Milliarden Euro höher ausfallen, während die Ausgaben um 2,5 Milliarden Euro steigen. Die Unabhängige Steuerbehörde Airef wird das prüfen. Sollten die Ausgaben aus dem Ruder laufen, wird ein Korrekturmechanismus aktiviert.
Die zweite große Änderung im Zuge der zweiten Stufe der Rentenreform
besteht in einer Erhöhung der Beitragsjahre zur Berechnung der Rentenhöhe. Hier musste sich Minister Escrivá auf einen Kompromiss einlassen. Wer künftig seinen Rentenantrag stellt, kann wählen, ob er beim alten System mit den vergangenen 25 Gehaltsjahren bleibt oder sich für die neue Variante mit 29 Jahren entscheidet, wobei die beiden schlechtesten Gehaltsjahre gestrichen werden. Das zweigleisige Verfahren bleibt bis 2044 bestehen, ab dann gelten grundsätzlich 27 Jahre.
Die Arbeitgeberverbände lehnten den Entwurf für die zweite Stufe der Rentenreform entschieden ab. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Nachhaltigkeit des Rentensystem
zulasten der Unternehmen und Beschäftigten erfolgt, indem die Beiträge erhöht werden, hieß es. Der Vorschlag des Ministers sei ein Rückschritt, „weil er mehr Arbeitsjahre, mehr Beitragszahlungen und weniger Rente bedeutet“.
Arbeitgeber laufen Sturm: Mehr Arbeit, mehr Beiträge, weniger Rente
Entwurf muss durchs Parlament
Die Gewerkschaften dagegen begrüßten den Entwurf. Als nächsten Schritt folgt die Vorstellung des Entwurfs im Kreis der Mitglieder des Paktes von Toledo, wie der 1995 geschlossene Staatsvertrag für das öffentliche Rentensystem genannt wird. Anschließend wird das Kabinett den Entwurf als Gesetzesdekret verabschieden, dann folgt die Abstimmung im Parlament.