Wohin mit den Campern?
Camping boomt und boomt: Genau der richtige Zeitpunkt, um einen Campingplatz neu zu eröffnen
Dass der neue Campingplatz in Águilas funktionieren würde, da war sich Michael Thyssen recht sicher. Dass er aber so schnell ausgebucht sein würde, hat selbst ihn überrascht, der sich in der Branche so gut auskennt wie kaum ein zweiter. Michael Thyssen hat mit der Firma Dümo Reisemobile GmbH&Co KG in Dülmen einen der größten Händler für Wohnmobile und Wohnwagen in Europa aufgebaut und ist seit 2022 Besitzer des Dümo Camperpark in Águilas, der im September 2022 eröffnet wurde und vorher „Camping Los Geraneos“hieß.
Den Camping-Boom hat er schon lange kommen sehen. „Es war klar abzusehen, dass es einen massiven Umbruch geben wird, übrigens nicht nur in der Wohnmobilbranche“, sagt der Deutsche. „Man muss sich einfach nur die Statistik ansehen. Seit 25 Jahren ist klar, dass die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen werden und die Nachfrage nach Freizeitmobilen steigen wird. Allein im Jahr 1964 wurden 1,4 Millionen Kinder geboren, die nun fast 60 Jahre alt sind.“Der Fachkräftemangel lasse sich ebenso mit der Statistik erklären. „Man kann das alles nachlesen.“
Auch der deutsche Caravaning Industrie Verband aus Frankfurt (CIVD) belegt den CampingBoom mit Zahlen. „Reisemobile
und Wohnwagen liegen nicht erst seit Corona voll im Trend, sondern werden europaweit seit vielen Jahren immer beliebter“, heißt es in einer Mitteilung. „2020 und 2021 wurden in Deutschland pro Jahr über 100.000 Freizeitfahrzeuge neu zugelassen – dies waren historische Rekordwerte für die Branche.“Dass die Neuzulassungen im
Jahr 2022 niedriger lagen, hat einen Grund: „Die Neuzulassungszahlen hätten deutlich höher ausfallen können, doch aufgrund stockender Lieferketten und Personalmangels
konnten die Hersteller nur weniger Fahrzeuge als geplant fertigstellen.“
Die Camping-, Stell- und Parkplätze können mit dem Boom nicht mithalten. Es gibt zu wenig. „Ich hatte ein interessantes Erlebnis auf der Caravan Salon Messe in Düsseldorf im September 2021“, erzählt Michael Thyssen. Zufällig kam er am Stand von Adria vorbei, dem slowenischen Hersteller von Reisemobilen und Wohnwagen, die die Firma Dümo Reisemobile neben Marken wie Pössl und Bürstner verkauft. „Es gab eine Diskussionsrunde über die Zukunft der Branche.“Es ging um die Frage: Wohin mit all den Campern? „Diskutiert wurde zum Beispiel über Genehmigungen für Camper auf Bauernhöfen oder Weingütern. Auch in Deutschland macht man sich langsam Gedanken. Die Verbände finden die Ideen toll, aber es passiert nichts.“
Bei Michael Thyssen reifte langsam die Idee, selbst einen Campingplatz zu eröffnen. „Das war immer wieder Gesprächsthema“,
erzählt der 65-Jährige. Im Winter 2022 fuhren Michael und Anne Thyssen mit ihrem Wohnmobil nach Spanien, von der Costa Brava über die Costa Blanca bis nach Portugal. Der Mitarbeiter bei Dümo Reisemobile Aldo Hovenjürgen verfügte über die notwendige Erfahrung und auch über Kontakte zu Maklern. Fünf Plätze zwischen Valencia und Águilas standen am Ende zur Auswahl.
Águilas hatte eigentlich zwei Minuspunkte. Der Platz liegt von allen am südlichsten und nicht direkt am Meer. „Wenn das Wetter im Norden gut ist, fährt keiner mehr weiter in den Süden“, gibt Michael Thyssen zu bedenken. Als er und seine Frau im Winter den Platz besuchten, waren sie mit gerade einmal vier bis fünf Fahrzeugen die einzigen. „Das lag auch an den damaligen Besitzern, ältere spanische Geschwister, die sich eigentlich zurückziehen wollten.“
„Die Stadt Águilas lebt“
Die Wahl fiel trotzdem auf Águilas
aus mehreren Gründen. „Die Stadt Águilas unterscheidet sich von allen, die ich bisher an der Küste gesehen habe“, schwärmt Michael Thyssen. „Die Stadt lebt, unabhängig vom Tourismus. Als wir an einem Mittwochabend in der absoluten Nebensaison essen waren und aus dem Restaurant kamen, tobte auf der Straße das Leben.“Die Infrastruktur sei nicht nur auf Tourismus ausgelegt. Ein weiterer großer Pluspunkt für den
Im Gespräch sind Genehmigungen für Camping auf Bauernhöfen und Weingütern
Deutschen, der am liebsten mit seinem Rennrad unterwegs ist: „Águilas ist die einzige Stadt, die ich kenne, um die ein Radweg führt. Für Camper ist das ein wichtiger Punkt. Fast alle haben ein Fahrrad dabei.“
Dass sich der Strand nicht in unmittelbarer Nähe befinde, sei zwar nicht bequem, aber auch kein wirklicher Nachteil. „Bei schlechtem Wetter können Flächen am Strand weggerissen werden und Spanien forciert den Küstenschutz. Wenn man dort vorher investiert hat, ist das Risiko groß.“
Der Dümo Camperpark beschäftigt derzeit acht Festangestellte, allen voran Managerin Christiane Schmidt. Die Deutsche, die seit 13 Jahren mit ihrer Familie in Águilas lebt, ist ausgebildete Hotelfachfrau und spricht neben deutsch und spanisch, auch englisch und französisch. „Ein Glücksfall“, sagt Michael Thyssen.
Als er den Platz übernahm, wurden zunächst die zugewucherten Plätze und Wege von Gestrüpp befreit, die Waschhäuser renoviert, Wasserleitungen neu verlegt und der Stangenwald entfernt, an dem Planen zum Schutz vor der Sonne befestigt waren. Auf dem Dach des Hauptgebäudes, in dem die Bar
Seit drei Jahren werden so viele Wohnmobile wie noch nie zugelassen
untergebracht ist und mehrere Säle, die als Restaurant genutzt werden können, ist eine riesige Photovoltaik-Anlage installiert, mit einer Leistung von 78 kWp. „Das reicht aber noch nicht zur Eigenversorgung“, sagt Michael Thyssen. „Abends, wenn gekocht und geheizt wird und die Lichter angehen, wird zusätzlich Strom benötigt.“
Alle 108 Plätze waren in diesem Winter überwiegend belegt. Vor allem bei deutschen Campern hat sich der neue Dümo Camperpark schnell herumgesprochen. Wenn Michael Thyssen über den Platz geht, bleibt er alle paar Meter für einen Plausch mit seinen Campern stehen. Auch er und seine Frau Anne wohnen in einem selbst entworfenen Bürstner 644 auf dem Platz. Michael Thyssen ist davon überzeugt, dass das Projekt Dümo Camperpark in Águilas langfristig erfolgreich sein wird. „Ich glaube an die Statistik“, sagt er. „Wir verkaufen sehr viele Wohnmobile pro Jahr und jeder Kunde bekommt einen Hinweis auf diesen Platz.“
Auch der CIVD ist optimistisch für die Zukunft. Konkrete Prognosen gibt der Verband zwar nicht ab, aber Fakt sei, dass Reisemobile und Wohnwagen weiter voll im Trend liegen werden.