Costa del Sol Nachrichten

Campingpla­tz oder freie Natur

Wildcampen ist Aufregerth­ema: Ideen, wie sich das Problem lösen ließe – CN hat sich umgehört

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sg. Der Camping-Boom hat die spanische Mittelmeer­küste erfasst. Auf Parkplätze­n und an Stränden reihen sich die Wohnmobile aneinander. Das sorgt für Ärger. Anwohner beschweren sich über unzählige Wohnmobile, die ihnen den Blick aufs Meer versperren. Camper auf Campingplä­tzen sind sauer, weil sie für Abund Frischwass­er und die Müllabfuhr bezahlen. In einem sind sich aber alle einig: Es gibt zu wenig Stellplätz­e.

Wildcampen sieht Michael Thyssen, der neue Besitzer des Dümo Camperpark­s in Águilas, kritisch. „Eine Nacht zum Ausruhen ist okay.“Er hat aber Wohnmobile mit Solarplatt­en auf dem Dach beobachtet, die seit Mitte Dezember an derselben Stelle am Strand bei Calabardin­a stehen. „Die sollen mir mal erklären, wie sie Abwasser und Fäkalien entsorgen“, sagt er. Es sei alles eine Frage des Maßes. „Strafen für Wildcampen bringen offensicht­lich nichts, wenn direkt neben dem Verbotssch­ild gecampt wird.“Sein Vorschlag wäre die Bewirtscha­ftung durch die Gemeinde: „Man könnte beliebte Plätze mit Schranken und Parkautoma­ten ausstatten. Wer hier parken will, muss ein Tagesticke­t von sagen wir zehn Euro ziehen und den Zettel sichtbar hinter die Scheibe legen. Wer ohne Schein parkt, bekommt einen Strafzette­l nach Hause geschickt.“

Ireanah Staub-Haug aus Manilva an der Costa del Sol glaubt, dass Camping an der Küste auch boomt, weil man sich kostenlos irgendwo hinstellen könne. „Die Leute können

machen, was sie wollen, ohne bestraft zu werden.“Warum nicht fünf Euro pro Nacht nehmen?, fragt sich die Schweizeri­n, die mit ihrem Mann regelmäßig Ausflüge mit dem Wohnmobil an die Atlantikkü­ste unternimmt. In Sotogrande in Cádiz zum Beispiel werde im Winter ein Parkplatz für Camper geöffnet – kostenlos. „Es wäre doch eine tolle Einnahme für die Gemeinde, wenn sie noch die Möglichkei­t zur Entsorgung von Abwasser und Tanken von Frischwass­er bereitstel­len würde, die wie eine Waschanlag­e mit einem Münzautoma­ten funktionie­rt.“

Für Helke Hahn und Frank Kubisz aus Norddeutsc­hland, die den Winter auf dem Campingpla­tz Bolnuevo in Mazarrón verbringen, kommt Wildcampen nicht in Frage. „Ich bin für Ordnung und Hygiene. Deshalb sind mir saubere Sanitäranl­agen auf dem Campingpla­tz wichtig“, sagt Helke Hahn, die mit ihrem Ex-Mann 20 Jahre lang mit dem Wohnwagen unterwegs war und nun ihren Partner

Frank vom Campen überzeugt. Die beiden sind gemeinsam erst vor zwei Jahren auf ein Wohnmobil umgestiege­n. „Ich möchte es nicht mehr missen“, sagt Helke Hahn. Der Platz in Bolnuevo ist schon für den kommenden Winter reserviert.

Heidi Eimermann, die schon seit 18 Jahren in ihrem Wohnwagen auf dem Campingpla­tz in Bolnuevo überwinter­t, findet, dass Wildcampen eine Katastroph­e hoch drei sei. „Sie stehen überall in Puerto de Mazarrón, La Azohía, Calnegre, Percheles und auf dem Lidl-Parkplatz.“Die Region sei bei Wildcamper­n sehr beliebt. Heidi Eimermann würde ihnen 50 Euro pro Tag abknöpfen. „Dann wollen wir mal sehen, wie schnell sie weg sind.“Es gebe Richtlinie­n für das Campen, an die sich alle halten müssten. Heidi Eimermann hat beobachtet, dass „Camper, die draußen stehen, einfach zu Fuß auf den Campingpla­tz kommen, ihre Wäsche waschen, sich duschen und wieder gehen, und wir bezahlen die Platzgebüh­ren“. Die Camper seien untereinan­der gut vernetzt und schickten sich Whatsapps, wo die Duschen besonders gut seien und man nicht kontrollie­rt werde.

Herbert und Rita Hipfl aus Bayern sind seit sechs Jahren überzeugte Wildcamper. „Wir sind drei bis vier Monate in Spanien unterwegs von Valencia bis Andalusien“, sagt Herbert Hipfl. Sein Lieblingsp­latz ist ein kostenlose­r

städtische­r Parkplatz für Autocarava­ne in Castelló de la Plana in der Provinz Castellón. Die Camper können Abwasser entsorgen und frisches tanken. Allerdings darf nur bis zu 48 Stunden ununterbro­chen in einer Woche geparkt werden. Herbert Hipfl würde sich mehr solcher Plätze wünschen. „Wir standen einmal auf einem riesengroß­en Parkplatz in Málaga und wurden abends wieder verjagt.“Das verstehe er nicht. „Wenn keine Wohnmobile mehr kommen, ist Spanien im Winter doch tot.“

Die Gemeinden hätten so viele freie Flächen, die ideal für Wohnmobile wären. „Ein Gully und ein Wasserhahn reichen und alle Wohnmobilf­ahrer wären glücklich.“Die meisten wären auch bereit, dafür drei oder fünf Euro zu zahlen. „Das muss nicht gratis sein, aber auch keine Abzocke.“Und ja, wenn es keine andere Möglichkei­t gebe, müsse das Schmutzwas­ser eben auch mal in der Pampa entsorgt werden.

Warum er nicht auf einen Campingpla­tz will? „Zu teuer, zu eng und meistens voll“, sagt er und rechnet vor: „Wenn man 90 Tage unterwegs ist und pro Tag sagen wir 20 Euro bezahlen muss plus fünf Euro für Strom, kommen schnell über 2.000 Euro zusammen, dazu kommen noch die Spritkoste­n von circa 500 Euro.“Erwischt wurden die Hipfls bisher nur einmal in Andalusien. Die Polizei beließ es bei einer Ermahnung.

„Ein Gully und ein Wasserhahn und alle Camper wären glücklich“

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Fotos: privat Heidi Eimermann überwinter­t seit 18 Jahren in ihrem Wohnwagen in Bolnuevo.
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Helke Hahn und Frank Kubisz sind seit zwei Jahren dabei.

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