Tausendundeine Köstlichkeit
Zu Tisch beim Kalifen: Al-Ándalus hat sich tief in Spaniens Küche gekocht – Maurisches Menü zum Nachkochen
Mit der Übernahme weiter Teile der Iberischen Halbinsel durch Araber und Berber ab dem Jahr 711 kam auch ein üppiges orientalisches Buffet nach Hispanien. Die Eroberer bedienten sich dafür der Zutaten, die man vorfand, von den Getreiden Kastiliens bis zum Wein der Römer, trafen auch Vertrautes an, wie die jüdische Küche, mit der man Essensge- und -verbote teilte. Die Mauren brachten aber vor allem Speisen und viel Wissen darum mit.
Sie etablierten viele neue Früchte, die bis heute spanische Exportschlager und präsent in den Küchen der Einwohner sind: Wassermelonen aus Persien, Honigmelonen aus Syrien, Zuckerrohr, Quitten, Zitrusfrüchte, Granatapfel, selbst die Artischocken und den Spinat sowie den Reis. Die Aubergine, eine der wichtigsten Zutaten der jüdisch-spanischen Küche und (deshalb) von den Christen zunächst als psychedelische Droge, mörderische Eierfrucht verteufelt, die Menschen in den Irrsinn treiben konnte, fand ihren Weg überhaupt erst über Al-Ándalus nach Europa. Neue Anbau- und Bewässerungsmethoden blieben bis heute erhalten und machten einige Regionen fruchtbar und ergiebig, wo vorher Pflanzen nur durch Regen und Zufall gediehen. Die Mauren sorgten durch diese intensivere Landwirtschaft für mehr Ernährungssicherheit, gesündere Abwechslung. Überproduktion ermöglichte regem Handel und Bevölkerungswachstum. Es profitierten also beide Seiten.
Oliven gab es schon seit den Phöniziern in Hispania und den
Wein, den die Iberer schon tranken und handelten, auch. Er wurde von den Arabern trotz muslimischen Alkoholverbotes (das damals noch lange nicht so unumstößlich war) umfangreich kultiviert. Nicht nur als Essig, Most oder Rosine, sondern als berauschender Trunk, unter dem Deckmantel des Exports oder der Medizin. Zwar versuchten fanatische Regime wie die Almoraviden und Almohaden dies zu unterbinden, doch auch die letzte muslimische Dynastie, die Nasriden in Granada, trank aus dem Weinkelch bis zur endgültigen Neige 1492.
Der Emir und die Amsel
Auch bei der maurischen Küche muss man zwischen Wohlhabenden und Alltags-, ja Armenküche unterscheiden. Die Omayaden, die erste stabile islamische Dynastie überhaupt, so auch auf der Iberischen Halbinsel, waren königliche Flüchtlinge eines Putsches in Damaskus, bei dem fast die ganze Familie ausgerottet wurde. Die Überlebenden brachten ab 750 nicht nur ihre höfischen Tafeltraditionen mit, sondern auch, was sie auf der Flucht bei befreundeten BerberStämmen in Nordafrika aufschnappten.
Hinzu kamen bald Einflüsse aus Bagdad, die vor allem der exilierte Musiker und Poet Abu alHasan, bekannt geworden als Ziryab, die „Schwarze Amsel“, ab 822 an den Hof des Emirs von Córdoba brachte. Er fand zwar reiche Gaben, aber wenig taugliche Sitten vor und machte sich bald zum Zeremonienmeister und Berater des guten Geschmacks für den Emir, tafelte Wildbret auf, formte die Gelage zu Gesamtkunstwerken und brachte auch die Zahnbürste mit. Córdoba mauserte sich damals – neben Bagdad und Konstantinopel – zur größten und einflussreichste Stadt der Welt, die Palastanlage Madinat al-Zahra war sozusagen das Versailles des Mittelalters. Und so erblühte dort auch die Esskultur.
Auf der anderen Seite war der größere Teil der Neueinwanderer Berber, also Angehörige nordafrikanischer Stämme, auch Jemeniten, Moslems zwar, aber eben kei