Mütterliche Schatten
Kaum ein Kollektiv kann von sich behaupten, einen ganzen Monat lang gewürdigt zu werden. Auf die Mamas trifft es (scheinbar) zu. Quer über den Mai verstreut sind ihre internationalen Festtage, vom Día de la Madre über den Muttertag zum Mother’s Day.
Lauter Anlässe zum Feiern sind es, aber auch zum Nachdenken. Etwa über die Schattenseiten des heutigen Mutterseins. Ein Mega-Event am Samstag hatte hintergründig einiges damit zu tun: Charles III. wurde zum König gekrönt und trat damit endlich aus dem Schatten seiner übergroßen Mutter.
Dass Charles bis ins hohe Alter darauf gewartet hatte, war an sich weder seine noch ihre Schuld. Doch lässt es an viele Menschen des Alltags denken, die sich viel zu lange nicht aus Mutters Griff lösen. Spanien etwa gilt als eines der Länder, wo sich die Jugend besonders damit schwertue.
Meist wird die miese Wirtschaft als Grund genannt, selten aber die Mentalitätskrise, die lauter überfordert-überlastete Helikopter-Eltern hervorbringt. Wie Prinzen und Prinzessinnen bemuttert, bekommen Jugendliche freie Fahrt zu Handy, Party und Sex, aber kaum Orientierung zu verantwortlicher Reife.
Doch das Kind mit Genussmitteln ruhigzustellen, erscheint heute für viele als einziger Ausweg. Vor allem für Mütter, die mit Job, Haus,
Familie allzu oft auf sich allein gestellt bleiben. Die Politik eilt mütterlich herbei, lauter Hilfen für die Gören versprechend. Doch eine wirkliche Würdigung der so schwierig gewordenen Mutterschaft bleibt, auch im Mai, im Schatten vieler anderer aktueller Prioritäten.