Mit dem Staat zum Eigenheim
Pedro Sánchez kündigt neue Maßnahme für Hypothekennehmer an – Opposition kritisiert Wahlzweck
Madrid – ann/tl. Wo hören Regierungsmaßnahmen auf – und wo fängt Wahlkampf an? Diese Frage lässt sich dieser Tage in Spanien recht eindeutig beantworten – sei es auf kommunaler Ebene, wo nach vier Jahren Nichtstun plötzlich und im Eilverfahren Schulzäune repariert und Straßen asphaltiert werden, oder auf regionaler beziehungsweise nationaler Ebene.
Auch Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez hat bei einem Parteitreffen auf Teneriffa am vergangenen Sonntag das nächste Kaninchen aus dem Hut gezaubert: eine Aval-Linie des Staatlichen Kreditinstituts ICO, um für bis zu 20 Prozent der Hypotheken von jungen Menschen bis 35 oder Familien mit Kindern zu bürgen, die sich ihr erstes Eigenheim kaufen. In beiden Fällen darf das individuelle Jahreseinkommen nicht über 37.800 Euro liegen. Die Maßnahme wurde am Dienstag im Ministerrat gebilligt. Laut Regierung soll dies helfen, „diese unüberwindbare Mauer namens Eigenmittel für so viele junge Menschen und Familien zu vermeiden, die nun endlich eine würdige Wohnung kaufen können“.
Die meisten Banken verlangen bei der Hypothekenvergabe zum Kauf einer Immobilie 20 Prozent Eigenkapital des Kaufwerts. Wer diese Summe und auch keinen Bürgen aufbringen kann, erhält kein Darlehen. „Ich will, dass Spanien ein Land wird, in dem 20 Prozent des Eigenheims geschützt sind“, sagte Sánchez auf Teneriffa. Er sei sich bewusst, dass es die Rechte stört, dass er Maßnahmen ankündige, meinte der Regierungschef. „Genau, ich kündige Maßnahmen an, weil diese Regierung tut und nicht abtut.“In der Tat kritisiert die Opposition heftig, dass Sánchez kurz vor der Kommunalund Landtagswahl in vielen Regionen am 28. Mai mit solchen Maßnahmen auf Wählerfang geht.
Bereits Ende April hatte Regierungschef Sánchez zusätzliche 20.000 Sozialwohnungen (VPOs) auf Gelände angekündigt, das dem Verteidigungsministerium gehört und nicht mehr genutzt wird. Auch diese Maßnahme wurde am Dienstag im Ministerrat abgesegnet. So wird jetzt ein Vertrag geschlossen zwischen zwei staatlichen Gesellschaften, die zum Verteidigungsministerium und Wohnungsbauministerium gehören. Wie die Zeitung „El País“berichtet, erhält das Verteidigungsministerium für die Abtretung der Grundstücke insgesamt 500 Millionen Euro. Das Wohnungsbauministerium wiederum stellt die Grundstücke den autonomen Regionen und Rathäusern kostenlos zur Verfügung. Insgesamt
handelt es sich um 246 Flächen, die über alle Regionen verteilt sind.
Denn das Thema Wohnungsbau ist eigentlich Sache der Regionen und rückt gerade deshalb angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen in den Fokus. Gut weg kommt dabei keine Landesregierung. In allen Regionen wurde der soziale Wohnungsbau in den vergangenen Jahren vernachlässigt, was sich jetzt mit wenig bezahlbarem Wohnraum rächt. Laut dem Wirtschaftsportal „elEconomista“wurden im Jahr 2012 noch 53.000 VPOs gebaut, im vergangenen Jahr waren es gerade mal 9.264.
Von der angekündigten Aval-Linie beim ICO werden nach Einschätzung von Experten übrigens etwa 50.000 Menschen in Spanien profitieren. Ob die Bürgschaft dabei nun eine Regierungsmaßnahme oder eben doch Wahlkampf ist, dürfte ihnen beim Unterzeichnen des Hypothekenvertrags ziemlich egal sein.
Alle Regionen haben den sozialen Wohnungsbau in den vergangenen Jahren vernachlässigt