Kleiner Fisch schnappt großen Hecht
Sánchez und der Balanceakt – Einstieg der Saudis bei Telefónica stellt Regierung vor ein Problem
Madrid – tl. Der Einstieg des saudischen Telekom-Anbieters STC bei Telefónica mit einem Anteil von 9,9 Prozent beschäftigt die Politik. Klar ist, dass eine Operation in dieser Größenordnung von der Regierung genehmigt werden muss, weil es sich bei dem Telekom-Konzern um ein Unternehmen von strategisch wichtiger Bedeutung handelt. Die Regierung scheint aber wohl geneigt zu sein, dem Einstieg zuzustimmen – allerdings mit Auflagen. So äußerte sich Regierungschef Pedro Sánchez bei einer Veranstaltung des Arbeitgeberverbands CEOE: „Der legitime Schutz unserer nationalen Interessen setzt der ausländischen Investition Grenzen“.
Das war keine Absage an die Saudis, aber ein Hinweis, womit sie rechnen müssen. Sánchez treibt die Sorge um, dass Saudi-Arabien bei einem Nein mit Repressalien reagieren könnte. Spanische Unternehmen sind in dem ölreichen Königtum bestens im Geschäft. Auch könnten sich andere Investoren aus den Golfstaaten abgeschreckt fühlen. „Ich möchte sagen, dass ein Interesse großer Investoren an Spanien grundsätzlich eine gute Nachricht ist“, so Sánchez. Gleichwohl werde die Regierung die Operation analysieren. „Wir werden sicherstellen, dass die nationale Sicherheit gewährleistet bleibt und die Grenzen einer ungewollten Einflussnahme nicht überschritten werden.“Ein Balanceakt also.
Denkbar wären Auflagen, wie sie dem australischen Pensionsfonds IFM beim Energiekonzern Naturgy gemacht wurden. Dabei
ging es um die Sicherung der nationalen Aktivität, der Beschäftigung, einer vorsichtigen Dividendenpolitik sowie der Förderung Erneuerbarer
Energien. Als Negativbeispiel hat die Regierung jedenfalls den Einstieg des Mobilfunkkonzerns Etisalat aus den Vereinigten Arabischen Emiraten bei Vodafone vor Augen. Inzwischen wollen die Araber, die 15 Prozent halten, den Vorstand umbauen.
Die Vorbehalte der Regierung
rühren auch daher, dass STC den Erwerb der Telefónica-Anteile in einer Art Geheimoperation betrieben hat. Niemand wusste davon. Was kein Vertrauen schafft. Auch wenn STC beteuert, keine kontrollierenden Absichten zu verfolgen.
Sánchez muss für ein Ja zum Einstieg der Saudis zudem regierungsinterne Probleme überwinden. Arbeitsministerin Yolanda Díaz will alles daransetzen, um die Operation zu verhindern. SaudiArabien ist für sie kein Land von zweifelsfreiem Ruf. Spanien besitzt mit dem Gesetz über Kapitalbewegungen und wirtschaftliche Transaktionen mit dem Ausland die Möglichkeit, spanische Unternehmen
vor ungewolltem Einfluss internationaler Investoren zu schützen. Ab einem Einstieg von zehn Prozent bei strategisch wichtigen Unternehmen bedarf es der Genehmigung der Regierung. Bei Unternehmen, die relevant sind für die Verteidigung, liegt die Grenze bei fünf Prozent. Telefónica ist ein solches Unternehmen.
Telefónica will offenbar einen Eindruck von Gelassenheit verbreiten. Dabei dürfte der Vorgang am Selbstbewusstsein nagen: Die Spanier machen doppelt soviel Umsatz wie STC, haben aber weniger als die Hälfte an Börsenwert. Das erinnert an den kleinen Fisch, der sich den großen schnappt.
Saudis und der Aktienkauf: Wie eine Geheimoperation, die kein Vertrauen schafft