Mit Publikum und Team zum Sieg
Sepp Kuss gewinnt die Spanien-Rundfahrt – Jumbo-Visma derzeit im Radsport nicht zu schlagen
Madrid – dpa. Jumbo-Visma gewinnt als erstes Rad-Team alle drei großen Landesrundfahrten. Es war ein Bild für die Ewigkeit. Arm in Arm rollten Sepp Kuss, Jonas Vingegaard und Primoz Roglic über den Zielstrich der vorletzten Etappe der Spanien-Rundfahrt. Der historische Triumph war faktisch perfekt, die Schlussetappe nach Madrid die verdiente Ehrenrunde.
Das unantastbare Trio bildet das Podium der Gesamtwertung und fährt im selben Team. „Ich bin oft in siegreichen Teams, aber das Führungstrikot zu tragen, ist unglaublich. Ich lebe meinen Traum“, sagte der Vuelta-Sieger Kuss. Die Mannschaft Jumbo-Visma, wegen ihrer schwarz-gelben
Trikots ehrfurchtsvoll Killerwespen genannt, dominierte die drei großen Landesrundfahrten in diesem Jahr wie keine andere Equipe zuvor. Roglic gewann im Mai den Giro d’Italia, Vingegaard im Juli die Tour de France und in Spanien avancierte Edelhelfer Kuss zum Publikumsliebling und wurde etwas zähneknirschend von den beiden Topstars zum verdienten Sieg „eskortiert“. Alle drei Grand Tours in einem Jahr hat noch nie eine Mannschaft gewonnen.
Ein Grund für die Stärke Jumbos ist die Schwäche der Konkurrenz. Titelverteidiger Remco Evenepoel trat nicht in der Form des Vorjahres an, die kletterfesten Spanier wie Juan Ayuso, Enric Mas und Mikel Landa landeten auf den
Plätzen vier, fünf und sechs und erfüllten nicht die Sehnsüchte ihrer Landsleute. „Wir hatten mehr Gegenwehr erwartet, aber am Ende hatten wir die drei stärksten Fahrer im Rennen“, sagte Jumbo-VismaSportchef Grischa Niermann.
Dominanz nährt auch Zweifel
Für den Sport ist die Dominanz Gift, sie kann zu Langeweile führen und bietet gerade im Radsport Nährboden für allerlei Verdächtigungen. „Wir verstehen die Skepsis“, sagt Vingegaard. „Die Leute sollten jedoch wissen, dass wir sehr viel opfern und sehr detailliert arbeiten.“Die Vuelta brachte in diesem Jahr noch ein weiteres Betrugsthema erneut auf den Tisch. Nachdem Kuss am Tourmalet mit atemberaubender Geschwindigkeit attackiert hatte, von einem Zuschauer ausgebremst wurde und den Angriff ohne zu zögern wiederholte, sprach Ex-Profi Jerome Pineau von Motordoping.
„Sepp Kuss fuhr am Tourmalet zehn Kilometer pro Stunde schneller als die Gruppe davor“, sagte der Franzose. Allerdings werden nach jeder Etappe die Räder der Top-Fahrer geröntgt, um mechanischen Betrug auszuschließen. Für Pineau ist das kein Argument. „Es gibt keine Beweise, aber bei Armstrong hatten wir sie auch nicht und jeder wusste es“, sagte der Ex-Profi. Die Dominanz des Teams bereite ihm Sorgen. Jumbo-Visma bestritt den von Pineau unterstellten Betrug.