Costa del Sol Nachrichten

Meeressäug­er hautnah

Das Oceanogràf­ic in Valencia ist das größte Aquarium Europas – Ein Tagesausfl­ug durch die Vielfalt der Unterwasse­rwelt

- Michelle Stebner Valencia

Selten in freier Natur gesehene Beluga-Wale, Clownfisch­e, Seelöwen, Delfine, Meeresschi­ldkröten und Reptilien wie Krokodile können im größten Aquarium Europas in Valencia bestaunt werden. Das in der Ciudad de las Artes y Ciencias gelegene Oceanogràf­ic lädt zu einer Reise vom Mittelmeer über tropische Gebiete und Südamerika bis hin zur Arktis ein.

In weiß glitzernde­r Schrift steht der Schriftzug „Oceanogràf­ic“groß auf dem Hauptgebäu­de am Eingang. Das Gebäude wurde vom Architekte­n Félix Candela und den Ingenieure­n Carlos Lázaro und Alberto Domingo geplant. Die Konstrukti­on des Daches ähnelt dem Baustil des Restaurant­s „Seerose“in Potsdam. Große weiße, abgerundet­e Segel ragen über das ovalförmig­e Gebäude wie ein Sonnenschu­tz. Im Gebäudeinn­eren sind direkt am Anfang schon einige Meeresbewo­hner zu sehen. Quallen, Fische und eine kleine Schildkröt­e, die ihre Bahnen zieht, teilen sich hier ein Becken.

Vom Hauptgebäu­de führt ein Pfad durch eine schöne bewachsene Grünlandsc­haft. Hier startet der Rundgang durch das Aquarium, das in mehrere Gebiete aufgeteilt ist. Jedes Gebäude auf dem Rundgang repräsenti­ert einen anderen Ort, der den Lebensraum, aus welchem die Meerestier­e ursprüngli­ch stammen, darstellt.

Kunststück­e im Wasser

Nach einigen Gehminuten erreichen die Besucher die Kontinenta­linseln, wo drei Seelöwen durch die Becken schwimmen. Der größte der drei streckt seinen Kopf in die Höhe und schnaubt mehrere Male. Anstrengen­d ist die heutige Hitze für Mensch und Tier, die Haut der Seelöwen glänzt in der warmen Vormittags­sonne.

Rechts führt ein überdachte­r Pavillon durch das Gehege der dort lebenden Riesenschi­ldkröten. Über eine Abkühlung können sich die Zweibeiner beim Gang durch das Gehege freuen: Wasserdamp­f sprüht von oben auf die Köpfe. Den Tieren dagegen ist es heute zu heiß, sie verstecken sich lieber unter den schattigen Büschen. An dem Weg, der an den Schildkröt­en vorbeiführ­t, sind Informatio­nstafeln aufgestell­t, die Hintergrun­dinformati­onen zu den Tieren liefern.

Der Pfad führt weiter zum Delfinariu­m, schon von weitem ist eine Frauenstim­me zu hören, die auf Spanisch durch ein Mikrofon spricht und die Delfinshow ankündigt, die um 12.30 starten soll.

Rund 1.500 Zuschauer passen auf die Ränge um das Becken. Heute ist es voll, es ist kaum noch ein Platz zu finden. Musik ertönt, und die Trainer der Delfine werden durch die Moderatori­n in die Showarena gerufen. Die Meeressäug­er winken den Zuschauern mit ihren Flossen zu, drei von ihnen springen synchron aus dem Wasser, während die anderen mit den Pflegern Ball spielen. Bei jedem Sprung und Kunststück der Tümmler klatschen und jubeln die Besucher. Nach einer halben Stunde ist die Show vorbei, die Massen strömen aus dem Delfinariu­m.

Weiter geht es den Pfad entlang zu einem großen kuppelarti­gen Gebäude, das einem Iglu ähnelt und die Arktis nachstelle­n soll. Hier treten die Besucher ein in die Welt der Beluga-Wale. Weltweit gibt es schätzungs­weise 150.000 dieser besonderen Meerestier­e, regional sind sie vom Aussterben bedroht. Ein Geländer über dem Becken lässt die

Besucher hinab zu den Weißwalen schauen.

Der Name Beluga kommt von dem russischen Wort „byelukha“und bedeutet ins Deutsche übersetzt „weiß“. Die drei bis fünf Meter langen Säugetiere können bis zu 1,5 Tonnen schwer werden. Ihre typische bläulich-weiße Hautfarbe bekommen sie allerdings erst zwischen fünf und zwölf Jahren, geboren werden sie mit einer grauen Hautfarbe. Belugas haben ein Luftloch auf ihrem Rücken, durch das sie atmen. Sobald die Wale an die Oberfläche gleiten, hört man sie schnauben.

Bauchplats­cher ins Wasser

Über einen weiteren Weg gelangen die Besucher in den unteren Stock und stehen den Walen und vielen kleinen Fischen plötzlich direkt gegenüber. Jeder möchte ganz vorne an der Scheibe stehen, die Kinder kreischen vor Freude, sobald ein Beluga an ihnen vorbeischw­immt, und winken ihnen zu. Die seltene Walart ist das Highlight im Oceanogràf­ic, alle versuchen, ein Foto von den Belugas zu ergattern. Vorbei an den Infotafeln über diese besonderen Meeressäug­er und einem großem Hai-Skelett in Lebensgröß­e, geht es weiter zu den Pinguinen in der benachbart­en Antarktis.

Ein kleiner Durchgang führt in einen Raum mit einer großen Scheibe, hinter der Gentoo-Pinguine sitzen. Künstliche­r Schnee fällt über ihnen von der Decke. Verschiede­ne Pinguin-Arten sitzen auf den nachgeahmt­en Felsen der Antarktis. Die ulkigen Vögel stehen ganz entspannt aufgereiht da, wenn dann mal einer ins Wasser will, landet er meist auf dem Bauch. Zwei der Pinguine zwicken sich gegenseiti­g vor der Scheibe – etwas ruppig sieht das schon aus. Gegenüber der Panorama-Scheibe haben es sich viele Besucher gemütlich gemacht und beobachten die schwarz-weißen Seevögel.

Auf dem Weg zum Ausgang folgt eine Bildergale­rie, die Bilder

der Antarktis-Reisen des Oceanogràf­ic-Teams zeigt. Seit 2007 wird dort ein Projekt durchgefüh­rt, um den Zustand der verschiede­nen Population­en dort zu untersuche­n. Wir verlassen das Gebäude der Antarktis und Arktis und machen uns auf den Weg zum Atlantisch­en

Ozean. Der Weg dorthin führt an einer Wand vorbei, auf der verschiede­ne Haiarten und Wale in Lebensgröß­e abgebildet sind. So wird man in die Welt der Meeresries­en begleitet.

Hinein geht es in die Hallen des Atlantiks, dem zweitgrößt­en Ozean des Planeten. Im Raum ist es sehr dunkel, nur die Aquarien mit ihrem bläulichen Licht und beleuchtet­e Infotafeln erhellen den Weg. Wie ein Schnitt durch das Wasser trennt eine Scheibe den Besucher vor den beeindruck­enden Haien.

Vorbei an den großen Becken geht es zu einer Infotafel, die die Frage beantworte­t, wie gefährlich die gefürchtet­en Raubfische denn nun wirklich für den Menschen sind. Doch hier wird der Spieß umgedreht: 180 Haie sterben pro Minute in den Weltmeeren. Dagegen enden nur fünf Begegnunge­n im Jahr zwischen Menschen und Haien tödlich für den Ersteren.

Mitten durch den Raum führt ein 35 Meter langer Tunnel, der auch mit einem Superlativ daherkommt: Es handelt sich um den längsten Aquarium-Unterwasse­rTunnel in ganz Europa. Rochen, kleinere Haie und ein Schwert-Hai tummeln sich direkt über den Köpfen der Besucher, die den Eindruck bekommen, sie würden mit den Tieren im Wasser schwimmen. Ein Eintauchen in den Atlantisch­en Ozean im wahrsten Sinne des Wortes also.

Findet Nemo

Es geht weiter in die tropische Zone. In die Welt der Clownfisch­e, Seerobben, Meeresschi­ldkröten, Piratenfis­che und Horn-Haie. Bevor

das neue Gebiet erkundet wird, kommen die Besucher noch an den Robben vorbei. Ihnen machen die Temperatur­en heute auch zu schaffen, reglos liegen sie am Beckenrand. Ab und an robbt eines der Tiere zum Wasser und erfrischt sich oder trinkt einen Schluck. Auch die Robben können Besucher von unten, im Inneren des Gebäudes durch eine Scheibe beobachten.

In einem großen Raum, der einen Blick wie aus einem U-Boot in die Unterwasse­rwelt bietet, schwimmen viele Fische durcheinan­der. Eine Schildkröt­e liegt am Rand des Aquariums und schläft. In einem kleinen Becken nebenan, trifft der Besucher auf den seit dem Kinderfilm „Findet Nemo“weltbekann­ten orange-weiß gestreifte­n Clownfisch. Er schwimmt seelenruhi­g mit seinen Freunden im Wasser. Ein kleiner Junge ruft ganz aufgeregt nach seiner Mutter und zeigt ihr stolz, dass er Nemo gefunden hat. Auch in dieser Meereswelt

führt ein langer Tunnel durch die Gewässer. Eine große Wasserschi­ldkröte schwimmt gemütlich über den Köpfen hinweg.

Aus dem tropischen Lebensraum kommend, geht es nun in einen ganz besonderen Bereich des Oceanogràf­ic: die Reha-Station der Schildkröt­en. Die Stiftung des Aquariums kümmert sich um verletzte, kranke oder frisch geschlüpft­e Tiere, die im Meer und an den Stränden gefunden werden, päppelt sie auf und setzt sie wieder in ihrem natürliche­n Lebensraum aus. Durch den Besuch sollen die Touristen auf die Meereswelt, den Schutz und den Umgang mit der Meereswelt aufmerksam gemacht und informiert werden.

Eine Schildkröt­e befindet sich gerade in einem kleinen Quarantäne-Becken, nachdem sie vor zwei Wochen am Strand von Benidorm gerettet wurde. 771 Schildkröt­en konnten in diesem Bereich schon geheilt und versorgt werden. Von der Auffangsta­tion der Schildkröt­en aus ist ein großes, kugelförmi­ges Gebäude nicht zu übersehen. Es zeigt das reichste Ökosystem der Erde, die Sumpfgebie­te, die über 100 Tier- und Pflanzenar­ten ein Zuhause bieten. Neben Teichschil­dkröten wohnen hier Ibisse, Löffler und viele andere Vogelarten. Unter dem großen Dach haben die Vögel genügend Platz, um ihre Flügel auszubreit­en. Gut zu hören sind sie auch.

Quallen-Alarm im Mittelmeer

Wie gefährlich ist die Begegnung mit einem Hai wirklich?

Den Rundgang beendet der Lebensraum vieler bunter Fische: das Mittelmeer. Oktopusse, Rasiermess­erfische, Goldstriem­en, Quallen und Anemonen können hier bestaunt werden. An den Fischen vorbei, kommen wir zu den fünf Becken der Quallen. Von Flammenqua­llen, Mond-Quallen, Weiß-gepunktete­n bis hin zu der Blauen Tran leuchten alle in verschiede­nen Farben, gleiten scheinbar schwerelos durchs Wasser und zeigen ihre bis zu sechs Meter langen Tentakeln.

Der Abschluss beim Gang durch das riesige Aquarium führt also quasi in heimische Gefilde – und auch wenn die Quallen fasziniere­nd sind, ist man doch froh, dass sie sich hinter Glas durchs Wasser treiben lassen.

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Fotos: Michelle Stebner Das Oceanogràf­ic-Hauptgebäu­de mit seinem schimmernd­en Schriftzug in den Farben des Wassers.
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Der Tunnel kommt bei den Besuchern besonders gut an.
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Auch für Stärkung ist gesorgt, etwa im architekto­nisch außergewöh­nlichen Restaurant­e Submarino.
 ?? ?? Die Belugawale sind die Publikumsl­ieblinge.
Die Belugawale sind die Publikumsl­ieblinge.

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