Atlantis gefunden
Schon wieder – Forscher und Filmemacher entdecken diesmal Mauern im Atlantik vor Sanlúcar
Cádiz – mar. Sie haben Atlantis gefunden. Schon wieder. Diesmal liegt der platonische Stadtstaat vor der Küste zwischen Chipiona und Sanlúcar, also in der Bucht von Cádiz nahe der Mündung des Guadalquivir. Beim jüngsten Tauchgang fanden Forscher Mauerreste auf dem Meeresgrund und dazu die unverzichtbaren konzentrischen Kreise, in denen das Mauerwerk angeordnet sei, wie es Platon 360 v.u.Z. beschrieb.
Atlantis, das ist nicht nur das sagenhafte Großreich, das der Philosoph Platon auf 9.000 bis 10.000 Jahre vor seiner Zeit datierte, das ihm als Fabel auf den Größenwahn der Menschheit diente und das, weil es Athen angriff, den Zorn der Götter weckte, die es niederbrannten und auf den Meeresboden schickten. Atlantis, das dem Meer, in dem es ruhen soll, seinen Namen gab, ist vor allem ein „running gag“der Historiker, mit dem sie seit Jahrhunderten Archäologen über Stock und Stein und unter Wasser jagen, wissend, dass alles nur antikes Seemannsgarn ist.
Und auch wieder nicht. Mal war Atlantis die Stadt eines bis heute nicht identifizierten Volkes, dann die Metropole eines der verlorenen Stämme Israels, es war Phönizier-Hafen oder Hauptstadt des keltiberischen Tartessos.
Herkules spreizt seine Beine
Selbstredend lag Atlantis auch schon vor Kreta, Korsika, Zypern, Sizilien, am Bosporus und in der Adria, wahrscheinlich auch vor der Costa Brava, denn alles Große der Menschheit hat seine Wurzeln in Katalonien. Auch die Azoren, Madeira, Kap Verde und die Karibik waren bereits Kandidaten beim Miss Atlantis Wettbewerb. Doch die Gegend um Cádiz hat einen Vorteil: Platon erwähnt sein Atlantis „unweit“, aber „hinter“den Säulen des Herkules. Und die standen, so schreibt schon Homer, der quasi noch beim Bau dabei war, in der Meerenge von Gibraltar. Die Säule waren seine Beine, eines stand auf Afrika, das andere auf Europa. Kein Wunder, dass es lange dauerte, bis sich Seefahrer durch die „Meerenge“wagten.
Die Taucher José Manuel Ávila und Antonio Fernández suchen Atlantis seit 2013. Dieses Mal hätten sie „kuriose Anomalien“mit ihren Sonden festgestellt, die sich bei weiteren Tauchgängen als „homogene
Strukturen aus Blöcken“herausstellten, „eine Mauer“. Ihrem Projekt kam zu Gute, dass sie in einer Strandbar Michael Donellan kennenlernten, einen US-Archäologen und Filmemacher, der von Indiana Jones bis Transformers tätig war. Der hatte selbst schon oft angekündigt, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis man (er) Atlantis wiederfinde und der nahm auch die Firma Prisma unter Vertrag, die über die entsprechende Technik verfügt. Nun wurde der verdächtige Bereich mit einem Forschungsschiff systematisch analysiert. Die Schlussfolgerungen: „Was wir fanden kann natürlich oder vom Menschen geschaffen oder eine Mischung von beidem sein“. Die „Mauern“erreichen eine Länge von 63 Meter, ragen bis zu
4 Meter hoch aus dem Meeresboden und sind bis zu 2,30 Meter dick. Berechnet man das „Trümmerfeld“mit, kommen die Abentteuerer auf eine Gesamtlänge von 450 Meter, die zudem noch „eine Art Halbkreis“markierten, was aufgrund von Platons Beschreibungen, ein wichtiges Indiz sei.
Insgesamt drei Mauernstrukturen wurden identifiziert, alle im gleichen Abstand zueinander, eine Art Amphitheater markierend. Mit an Bord des Teams ist Dr. Mercedes de Caso Bernal, Historikerin und Maritimarchäologin von der
Universität Cádiz. Sie mahnt „Vorsicht“bei Interpretationen an. „Tatsächlich wissen wir nicht, was wir gefunden haben, wir haben auch erst ein Viertel des vorgesehenen Meeresbodens untersucht“, bremst sie die Euphorie, deutet aber gleichzeitig die Möglichkeit an, dass es sich um eine untergegangene, bebaute Insel handeln könnte. Cádiz war selbst einst eine Insel, im Mündungsgebiet von Guadalquivir oder Guadalhorce in Málaga standen phönizische und römische Städte auf Inseln. Seebeben, Sedimente und Tsunamis ließen sie verschwinden oder verankerten sie mit dem Festland.
Michael Donellan glaubt weiter daran, dass Atlantis nicht hypothetisch ist und dass es vor Sanlúcar und Chipiona im Atlantik liegt, sagte er auf einer Pressekonferenz. „Alles was wir finden, ähnelt dem, was Platon gesagt hat“und „alles ist auch extrem alt“. Die Struktur sei genau so, dass zwischen den Mauern Schiffe navigieren konnten, auch das habe Platon beschrieben. Dass vom 6. bis 12. Oktober in Cádiz ein Filmfestival läuft, auf dem die erste Staffel von Donellans „Atlantis“anläuft, drei Episoden zu den aktuellen Entdeckungen und Mutmaßungen, ist natürlich nur ein Zufall.
Allen Beteiligten, so die Kritik der Fachwelt, fehle es an wissenschaftlichem Rigorismus. Man müsse ergebnisoffen suchen und forschen. Was sie bis jetzt vorweisen könnten, sei nicht viel belastbarer als die antiken Sagen.
Wir wissen nicht, was wir gefunden haben, aber es kann nur Atlantis sein