Mit eigenen Worten
Abgeordnete dürfen jetzt die drei Ko-Amtssprachen im spanischen Parlament verwenden – nicht alle finden das gut
„É unha dobre honra estrear o sistema de tradución simultánea na miña lingua materna“. Sichtlich stolz und bewegt richtete am 19. September Xosé Ramón Gómez Besteiro, galicischer Abgeordneter der Sozialisten (PSOE), das Wort in seiner Muttersprache an die Politiker im spanischen Parlament und fühlte sich „geehrt, das System der Simultanübersetzung zum ersten Mal in meiner Muttersprache verwenden zu dürfen“. Der Vorschlag der neuen Parlamentspräsidentin Francina Armengol (PSOE), den Gebrauch der drei Ko-Amtssprachen Galego, Euskera und Català im Abgeordnetenhaus zu gestatten, war am 13. September mit absoluter Mehrheit von den Parteien im Parlament angenommen worden.
Bisher war es den Abgeordneten lediglich erlaubt, kurze Statements oder Zitate in einer der Regionalsprachen zu formulieren, wenn diese im Anschluss gleich selbst vom Redner auf Spanisch übersetzt wurden. Jetzt können sie ihre gesamte Rede auf Baskisch, Galicisch oder Katalanisch halten, die anderen Abgeordneten können diese entweder mit spanischen Untertiteln auf Bildschirmen mitlesen oder sie erhalten die Rede per Simultanübersetzung direkt ins Ohr.
Für die Anschaffung der
450 Ohrhörer sowie die
Leihgebühr der Empfängergeräte hat Spaniens amtierende Regierung 53.500 Euro im Haushalt eingeplant. Das Gesamtbudget für die Maßnahme, inklusive der Kosten
für die Simultandolmetscher, darf 280.000 Euro im Jahr nicht überschreiten.
Genau diese neuen Ohrhörer knallten die Abgeordneten von
Vox nach den ersten Worten auf Galicisch dem abwesenden Pedro Sánchez auf den Tisch und verließen aus Protest gegen die Mehrsprachigkeit im Parlament den Saal. Am 27. September zeigten die Rechtspopulisten Francisca Armengol außerdem wegen Amtspflichtverletzung vor dem Obersten Gerichtshof an, weil sie die Einführung der Ko-Amtssprachen erlaubt habe, noch bevor die entsprechende Änderung der
Parlamentsvorschriften verabschiedet und im Staatsanzeiger veröffentlicht worden sei. Die Parlamentspräsidentin habe damit „außerhalb des legalen Rahmens“gehandelt.
„Baskisch vor Englisch gelernt“
Auch die Konservativen stehen der Einführung der Ko-Amtssprachen kritisch gegenüber, zwar verließen sie nicht den Saal, verzichteten aber bei der Parlamentssitzung am 19. September während der auf Galicisch, Baskisch und Katalanisch gehaltenen Reden auf die Ohrhörer. Der Abgeordnete Néstor Rego vom Bloque Nacionalista Galego (BNG) zog die Volkspartei (PP) dafür durch den Kakao. Er könne ja verstehen, dass PP-Chef Alberto Núñez Feijóo als Galicier für die Reden auf Galego keine Übersetzung brauche, und sich vielleicht auch Katalanisch nicht übersetzen lassen will. „Aber ich freue mich sehr, dass Sie Zeit hatten Baskisch noch vor Englisch zu lernen“, sagte der BNG-Abgeordnete ironisch.
Sprache – und gerade die Muttersprache – ist eben immer verknüpft mit Emotionen, und die Tatsache, dass die drei Regionalsprachen während der Franco-Diktatur (1939 bis 1975) verboten waren, erklärt, warum die Verwendung ihrer regionalen Muttersprache für viele Galicier, Basken, Katalanen, Valencianer und Balearen so viel mehr ist als eine bloße Änderung der Parlamentsvorschriften.