Entspannung an der Preisfront
Zwar steigt die allgemeine Inflationsrate, aber die Kerninflation sinkt
Madrid – tl. Wieder sind es die Energiekosten, die hauptsächlich für einen Anstieg der Inflation verantwortlich sind. So betrug die Teuerungsrate im September 3,5 Prozent, wie das Nationale Statistikinstitut (INE) mitteilte. Im August lag die Teuerung noch 0,9 Prozentpunkte niedriger. Für den deutlichen Anstieg im September machen die Statistiker vor allem die Stromkosten geltend und in geringerem Maße die Spritkosten. Weil es nicht absehbar ist, wann die Energiekosten wieder sinken, rechnen Ökonomen damit, dass die Inflation weiter anziehen könnte.
Gleichwohl deutet der Rückgang der Kerninflation – sie sank im September um 0,2 Prozentpunkte auf 5,8 Prozent – auf eine grundlegende Entspannung an der Preisfront hin. Die Kerninflation, so die gängige These, bildet die grundlegende Teuerung ab und stellt den Inflationstrend besser dar als die Gesamtrate. Hierbei sind Produkte wie Energie und frische Lebensmittel, deren Preise starken Schwankungen unterliegen, nicht einberechnet.
Trend bleibt: Inflation soll in Spanien mittelfristig nachlassen
Aktuell aber ist die Inflationsrate wieder weiter entfernt von dem Zwei-Prozent- Ziel, das sich die Europäische Zentralbank (EZB) gesetzt hat. Die meisten Finanzinstitutionen meinen, dass sich die Inflationsrate in diesem Jahr zwischen 3,5 und 4,0 Prozent einpendeln werde. Davon hängen beispielsweise die 2,18 Millionen Beschäftigten ab, deren Gehaltserhöhung sich nach der Inflation richtet, sowie die Rentner, deren Ruhestandsbezüge
ebenfalls gemäß der Inflationsrate steigen.
Die Inflation hat zur Zeit aber auch viel mit dem Basiseffekt zu tun. Als Basiseffekt wird bei Gliederungszahlen der vorkommende Effekt bezeichnet, wonach deren prozentuale Veränderung von der absoluten Höhe des Grundwerts abhängt. Ist der Grundwert sehr niedrig, fällt die prozentuale Veränderung bei gleicher absoluter Veränderung sehr hoch aus – und – umgekehrt. Für die SeptemberInflation ist der Vorjahresmonat die Referenzgröße. Damals begannen die Energiekosten deutlich zu sinken. Und andere Produkte wie Olivenöl waren deutlich billiger.
Deshalb ist Raymond Torres, Direktor für Konjunktur bei Funcas überzeugt, dass der grundlegende Trend nach wie vor Gültigkeit besitzt: das mittelfristige Nachlassen der Inflation. „Diese
Dynamik ändert sich nicht. Wir können durchaus noch einen Preisschock bei Energie erleben, aber dieser Anstieg wird sich hauptsächlich auf das Erdöl beschränken. Wir erwarten keinen signifikanten Anstieg bei Gas und anderen Rohstoffen“, sagte Torres.
Der Experte sieht auch keinen Grund, warum eine inflationstreibende Preisspirale losgetreten werden sollte. Die Lohnerhöhungen seien in diesem Jahr zwar stärker ausgefallen als 2022, aber sie seien nicht übertrieben gewesen. Zum anderen hätten die Unternehmen ihre höheren Kosten über die Preise wieder reingeholt. Eine gute Nachricht ist auch, dass Experten für September eigentlich mit einer höheren Inflationsrate gerechnet hatten – so zwischen 3,7 und 3,9 Prozent. Auch die Kerninflation hält mit 5,8 Prozent ihren sinkenden Trend bei.