Zwangspause für Lope de Vega
Sevillas bedeutendstes Theater muss wegen Verwahrlosung für über ein Jahr schließen
Sevilla – mar. Das Teatro Lope de Vega, mit seinem farbenfrohen, neobarocken Rundbau am Rande des Parque María Luisa und benannt nach dem „spanischen Shakespeare“, ist eine der stolzen Errungenschaften der Weltausstellung 1929 und gehört mittlerweile zu Sevilla wie Kathedrale und Triana. Architekt Aníbal González, die Institution für den regionalistischen Städtebau Sevillas, wollte der Stadt damit zunächst eine Art Kur-Theater mit Casino nach den Vorbildern Nizza, Monte Carlo oder Baden-Baden schenken, schließlich entschieden sich die Planer für die Trennung. Das Casino der Expo kam in den „Kristallpalast“nebenan, der Rundbau aber wurde exklusiv zum Theater, in dem von Copla, Boulevard bis große Oper alles aufgeführt wurde, was Publikum anzieht, möglichst je 1.100 Menschen auf einmal, denn so viele passen in den Bau.
Schach und Flamenco
Im Bürgerkrieg wurde aus dem Musentempel ein Hospital, das Casino zur Mafia-Zentrale. Es dauerte bis in die 80er Jahre, dass die Bühne wieder lebendig wurde, eine WM-Partie zwischen den Schach-Assen Kasparow und Karpow und ein Konzert von Flamencogitarrenlegende Manolo de Sanlúcar machten den Anfang in die neue Zeit. 2022 kamen
fast 100.000 Menschen zu 180 Events von Ballett, Theater, Flamenco, Jazz.
Doch das Gebäude war nun einmal nur für eine Messe gebaut und nicht für die Ewigkeit und so gab es
stets fast so viele Bau- wie Bühnenarbeiter, die hier Risse kitten und Stützen erneuern mussten. Erst vor zwei Jahren absolvierte die Stadt, seit 1985 wieder Eigentümer des Gebäudes, umfangreiche Renovierungsarbeiten,
auch an der Statik und der Bühnentechnik. Doch das war offensichtlich wieder Flickwerk, denn Sevillas neuer PP-Bürgermeister José Luis Sanz musste das Theater jetzt per Dekret schließen lassen. „Es verfiel von Tag zu Tag“, die Restaurierung wird „mindestens ein Jahr dauern“, erklärte er, nicht ohne eine Tirade gegen die „Verwahrlosung der ganzen Stadt“durch „die Sozialisten“hinterher zu schieben.
Die Inspektoren halten das Theater für einen „unsicheren Ort“und beziehen sich auf wackelige Holzböden, lose Stuhlreihen, abblätternden Putz im Zuschauerraum, lose Kabel und aus den Wänden ragende Nägel und Balken und auch der Eiserne Vorhang gegen Brände von 1988 „erfüllt nicht die Anforderungen“. „Es wird uns einige Millionen kosten“, das Theater wieder auf Vordermann zu bringen, so das Rathaus. Die geplanten Veranstaltungen werden ins Fibes und ins Cartuja Center umgeleitet, das Personal, soweit möglich, auch. Für den völlig verfallenen Glaspalast des früheren Casinos gibt es noch keine Pläne.
Infos zu einer spannenden Tour durch das Sevilla der Weltausstellung von 1929 und was aus den über 80 Pavillons geworden ist, finden sich auf unserer Webseite www.cos tanachrichten.com Suche: „Expo Sevilla 1992“.