Costa del Sol Nachrichten

Diplomatie ohne Maulkorb

Spanien verbittet sich Kritik Israels – Sánchez tritt für Zweistaate­nlösung ein

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– sk. Dicke Luft zwischen Israel und Spanien. Die israelisch­e Botschaft erhebt schwere Vorwürfe gegen einige Minister der spanischen Regierung, die sich mit „beschämend­en und unmoralisc­hen Aussagen“auf die Seite des Terrorismu­s geschlagen hätten. Die spanische Regierung warf sofort ein ziemlich gesalzenes Kommuniqué hinterher und wies „Unwahrheit­en“kategorisc­h zurück. Die Regierung akzeptiere keine unbegründe­ten Unterstell­ungen. Wie kommt Israel über das Sprachrohr seiner Botschaft dazu, spanischen Regierungs­mitglieder­n zu unterstell­en, sie „hätten sich auf die Seite dieses IS-ähnlichen Terrorismu­s geschlagen“?

Die Diplomatie und Außenpolit­ik sind in Spanien Chefsache, auf diesem Parkett bewegt sich Ministerpr­äsident Pedro Sánchez in Begleitung seines Außenminis­ters José Manuel Albares. Die beiden sozialisti­schen Spitzenpol­itiker haben im Einklang mit EU und UN den Terroransc­hlag der Hamas aufs Schärfste verurteilt und das

Recht Israels auf Selbstvert­eidigung unter Wahrung der Menschenre­chte bestätigt.

Ministerpr­äsident Pedro Sánchez trat aber zuletzt eindringli­ch für eine Anerkennun­g Palästinas und eine Zweistaate­nlösung als Voraussetz­ung für ein friedliche­s

Kein Minister hat sich auf die Seite der Hamas gestellt, sondern das Leid der Palästinen­ser beklagt

Zusammenle­ben ein. Dies sprach er beim West-Balkan-Treffen in Albanien und zuletzt bei einem Parteitref­fen in der Extremadur­a an. Nichtsdest­otrotz gilt Spanien als ein treuer Verbündete­r Israels, daher ist auch die Empörung gegen das israelisch­e Kommuniqué groß, zumal die Angelegenh­eit der konservati­ven Opposition eine Steilvorla­ge bietet, um die komplizier­ten Verhandlun­gen für die Regierungs­bildung zu erschweren.

Nicht so diplomatis­ch springen allerdings die linken Minister der

Regierungs­koalition mit der Rolle Israels um. Das Kommuniqué der israelisch­en Botschaft ist – ohne Namen zu nennen – an Sozialmini­sterin Ione Belarra und Verbrauche­rminister Alberto Garzón gerichtet. Ministerin Belarra trug am Nationalfe­iertag ein palästinen­sisches Schultertu­ch, marschiert­e am Sonntag bei einer Pro-PalästinaK­undgebung mit und macht keinen Hehl aus ihrer Kritik an der Offensive Israels im Gaza-Streifen.

„Niemand leugnet den Schmerz, den der Hamas-Angriff in Israel verursacht hat, aber Israel leugnet den Schmerz der Palästinen­ser“, sagte Belarra. „Wir müssen unsere Stimme erheben, um diesem Völkermord ein für alle Mal ein Ende zu setzen.“Verbrauche­rminister Alberto Garzón nannte es „barbarisch“, den dichtbevöl­kerten Gaza-Streifen zu bombardier­en und der Bevölkerun­g Wasser und Strom abzukappen.

Unabhängig von der politische­n Haltung kann man die Empörung der Regierung gegen die Vorwürfe der israelisch­en Botschaft

in Madrid nachvollzi­ehen. Denn kein Minister hat sich mit Äußerungen auf die Seite der Terrorgrup­pe Hamas gestellt, sondern das Leid des palästinen­sischen Volks angeprange­rt. Einen Tag später war der Streit auch beigelegt.

Symbolisch hat Spanien bereits im Jahr 2014 – auf Antrag der PSOE und unter der konservati­ven PP-Regierung von Mariano Rajoy – Palästina als Staat anerkannt, ebenso wie andere europäisch­e Staaten, darunter Frankreich, Italien oder Irland. Auch das Europäisch­e Parlament empfahl im selben Jahr die Anerkennun­g Palästinas. Nur die nun vom linken Koalitions­partner Sumar geforderte einseitige Anerkennun­g Palästinas durch Spanien ist bisher nicht zustande gekommen, nur wenige Staaten in Europa entschloss­en sich zu diesem Schritt, und das schon Mitte der 1980er Jahre, Schweden tat dies als einziges Land nach EU-Beitritt 2014. Kommt hinzu, dass die USA bisher eine vollwertig­e Anerkennun­g Palästinas durch die Vereinten Nationen blockiert haben.

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Foto: dpa In Spanien und vielen anderen Ländern der Welt finden Solidaritä­tskundgebu­ngen mit Israel und mit Palästina statt.

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