Liebe Leser,
wie halten Sie es mit Halloween? Kaum ein anderes Fest spaltet die Gesellschaft so sehr in zwei Lager: Die einen stürzen sich begeistert in gruselige Kostüme, behängen ihr Haus mit Spinnenweben und Totenköpfen und verbringen Stunden damit, ihr Gesicht anzumalen, bis es einem Zombie gleicht. Die anderen können mit diesem Tag, der in Spanien keine Wurzeln hat, aber immer beliebter wird, rein gar nichts anfangen und freuen sich, wenn die düstere Dekoration in den Geschäften endlich dem leuchtenden, nicht weniger kommerziell geprägten Weihnachts-Wahnsinn weicht.
Nun brechen wieder einmal Diskussionen darüber aus, ob man Halloween, in welcher Form auch immer, feiern „darf“oder nicht. Man hört Gegenargumente, dass der 31. Oktober mal, zumindest in protestantisch geprägten Gegenden, als Reformationstag gefeiert wurde. Dass die Toten doch schon mit Allerheiligen ihr – wesentlich gediegeneres – Fest haben. Dass Halloween in der spanischen Kultur nichts zu suchen hat. Dass es nur um Konsum geht. Gegenfrage: Muss man sich immer entscheiden zwischen schwarz und weiß? Kann man nicht Halloween auf diese seltsam-verrückte US-Art feiern und am nächsten Tag trotzdem den Verstorbenen in aller Ruhe auf dem Friedhof gedenken? Oder nur eins von beidem oder keins, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen? Zumindest andere das so machen lassen, wie sie es für richtig halten? Eine Entscheidung für sich treffen, ohne die anderer zu verurteilen?
„Empathie kann eine radikale Form der Annäherung und der Diplomatie sein. In unserer immer feindseligeren und volatilen Welt hoffe ich, dass wir eine Regel beherzigen können, die uns Schauspielern gezeigt wird: Es ist wichtig, zuzuhören“, sagte Meryl Streep am Wochenende bei der Verleihung der Prinzessin-von-Asturien-Preise in Oviedo. Die Schauspielerin bezog sich in ihrer Rede sicherlich nicht auf Halloween, sondern auf die wirklich wichtigen Dinge, die unsere Welt so sehr aus den Fugen bringen. Aber so ein Fest, ob am Dienstag oder am Mittwoch, könnte ein Anfang sein.