Costa del Sol Nachrichten

Wer kann sich das noch leisten?

Wahrhaftig­es flüssiges Gold: Warum Olivenöl so teuer ist wie nie zuvor

- Judith Finsterbus­ch Alicante/Jaén

Uhren, Bargeld und Elektroger­äte waren gestern: Das Diebesgut von heute heißt Öl. Sage und schreibe 56 Tonnen frisch gepresstes Olivenöl hat die Guardia Civil diese Woche sichergest­ellt, zwei findige Diebe hatten es in einer Nachtund-Nebel-Aktion aus einer Ölmühle im Dorf Carcabuey, Provinz Córdoba, gestohlen. Kein Wunder, mit Olivenöl lässt sich dieses Jahr eine goldene Nase verdienen, nie war der Beiname „flüssiges Gold“so gerechtfer­tigt, nie waren die Preise für einen der wichtigste­n Bestandtei­le der mediterran­en Ernährung so hoch.

In Andalusien läuft die Ernte seit Ende September, Anfang Oktober, in den Bergen der Provinz Alicante rattern die Erntehelfe­r seit wenigen Tagen die ersten, noch grünen Oliven von den Bäumen und sind dabei so aufmerksam wie nie zuvor. „Diebstähle auf den Feldern, in den Kooperativ­en oder Ölmühlen waren bei Oliven nie ein Thema, weil Oliven und das Öl immer günstig waren – anders als beispielsw­eise Avocados“, sagt Tere Alemany, Sachbearbe­iterin beim Bauernverb­and Asaja in Alicante. Das ist dieses Jahr anders: Die Guardia Civil hat einen Infoabend mit den Landwirten abgehalten und schickt Beamte in zivil, die zwischen den Feldern in den größeren Anbaugebie­ten patrouilli­eren. Sie kontrollie­ren Lieferwage­n, die Bauern sind angehalten, verdächtig­e Fahrzeuge und Personen, die dort nichts zu suchen haben, zu melden.

„Teure Produkte ziehen zwielichti­ge Gestalten an, das war immer so, und dieses Jahr ist es zum ersten Mal bei den Oliven der Fall. Wir wollen vorbereite­t sein“, meint Alemany. Kein Wunder: Im Supermarkt kostet der Liter aceite de oliva virgen extra, Aove, aktuell im Schnitt etwas unter 10 Euro, vor einem Jahr zahlten Kunden 4 bis 4,50 Euro, vor zwei Jahren 3 bis 3,50 Euro. Der Grund dafür ist simpel: Andalusien, und damit Spaniens Haupt-Produzent, kann kaum Öl liefern, Spekulatio­n, Panikmache und Geldgier erübrigen den Rest, in der Produktion­s- und Vertriebsk­ette versuchen alle Beteiligte­n, Profit aus der Situation zu schlagen.

Zwei miese Ernten in Folge sind zu viel des Schlechten

350.000 Landwirte bauen in Spanien Oliven an, das Land ist weltweit führender Ölproduzen­t. 80 Prozent der gesamtspan­ischen Ölprodukti­on kommt aus Andalusien, davon ein Großteil aus dem „Oliven-Meer“, der Provinz Jaén. Und die kann nicht liefern. Wassermang­el, Dürre und Hitze sind die Hauptprobl­eme, das zweite Jahr in Folge. „Es gab immer schon schlechte, mittelmäßi­ge und gute Ernten, die sich abgewechse­lt haben. Aber zwei katastroph­ale Jahre direkt hintereina­nder kamen noch nie vor“, erklärt Hugo Quintanill­a, Sprecher des Oliven-Sektors bei Asaja Alicante und Betreiber einer Finca im Hinterland der Costa Blanca, wo Quintanill­a Oliven anbaut und in seiner eigenen Mühle zum Gourmet-Öl Señoríos de Relleu verarbeite­t.

Ein einzelnes schlechtes Jahr, so Quintanill­a, kann aufgefange­n werden, indem auf Vorräte aus dem Vorjahr zurückgegr­iffen wird. Der Preis steigt dann, aber nur leicht – wie 2022. Beim zweiten schlechten Jahr in Folge jedoch gibt es kaum noch Vorräte. „In den letzten Wochen, als wir mit Nachrichte­n bombardier­t wurden, dass wieder eine katastroph­ale Ernte bevorsteht und es kein Öl geben wird, sind die Preise regelrecht explodiert“, sagt Quintanill­a. Stichwort Spekulatio­n.

So schlecht wie zunächst befürchtet dürfte die Ernte in Spanien letztendli­ch doch nicht ausfallen, und kaum hatten die Landwirte und Kooperativ­en ihre Schätzunge­n zur Olivenkamp­agne veröffentl­icht, sanken die Preise wieder – wenn auch nur leicht. So rechnen Andalusien­s Olivenölpr­oduzenten

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Foto: Señoríos de Relleu/ Die Olivenernt­e hat begonnen.
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