Die „Geheimnisvolle“
Kronprinzessin Leonor wird 18 und leistet Eid auf die Verfassung
Madrid – dpa. Wenn sie in Militärklamotten unter Stacheldraht kriecht, macht Leonor ebenso eine gute Figur wie im Festkleid. Ansonsten wissen die Spanier sehr wenig über ihre Kronprinzessin. Mit der Volljährigkeit könnte sich das ändern.
Am Dienstag leistete Leonor im Parlament den Eid auf die Verfassung. „Ich schwöre, mein Amt gewissenhaft auszuüben, die Verfassung und die Gesetze zu wahren, die Rechte der Bürger und der autonomen Gemeinschaften zu achten und dem König die Treue zu halten“, sagte sie. Doch die meisten ihrer Landsleute interessieren sich wenig für diese Zeremonie. Man hofft, dass die oft verträumt wirkende junge Frau, die nach dem Abitur eine dreijährige militärische Ausbildung begonnen hat, sich endgültig vom elterlichen Schutz lossagt, der oft als „übertrieben“kritisiert wurde. Und dass man endlich mehr über ihre Persönlichkeit erfährt.
Unbeschriebenes Blatt
„Bisher bestand die Hauptsorge des Königshauses und der Eltern darin, die Privatsphäre der Thronfolgerin zu schützen – aber das wird sich nun ändern“, schrieb die viel gelesene Zeitschrift „Lecturas“. Die Zeitung „La Voz de Galicia“stellte jüngst fest: „Es gab nur wenige spontane Momente, die wir im Leben der Prinzessin erlebt haben.“Und die renommierte Zeitung „El País“bezeichnete Leonor als „unbeschriebenes Blatt“.
Während andere europäische Königshäuser den Thronfolgern mehr Freiheiten einräumen und diese oft als normale Kinder präsentieren, schienen die öffentlichen Auftritte von Leonor und Sofía (16), der beiden Töchter von König Felipe (55) und Königin Letizia
(51), bisher bis ins kleinste Detail geplant, ja fast perfekt „choreographiert“. „Leonor und Sofía sind ein Geheimnis“, schreibt „Lecturas“– und fragt: „Wie sind sie im Alltag? Haben sie Freunde? Gehen sie ins Kino? Gehen sie essen?“Ein wenig sickert aber doch durch. Die Zeitschrift „Hola!“versicherte, Leonor, die irgendwann Königin werden soll, sei zwar etwas schüchtern, gleichzeitig aber auch ein besonnenes, umsichtiges und gut organisiertes Mädchen sowie eine gute Schülerin. Zu ihren Hobbys gehören demnach Volleyball, Ballett und Reiten. Außerdem spiele sie auch gern Cello, hieß es.
Für „El País“und andere Medien, die sich weniger für die Freizeitaktivitäten der Kronprinzessin interessieren, steht derweil fest, dass das Königshaus auf Leonor setzt, um die unter Felipe eingeleitete Modernisierung der Monarchie
zu beschleunigen. Sie soll dafür sorgen, dass viele Politiker des linken Spektrums sowie die Medien und Beobachter, die den Untergang der Madrider Monarchie prophezeien, nicht recht behalten.
Die Chancen stehen nicht schlecht. Leonor hat sich als royales Musterkind erwiesen. Anders als etwa ihr Opa, Altkönig Juan
„Bisher bestand das Hauptziel darin, die Privatssphäre zu schützen
Carlos (85), der dem Image der „Casa Real“mit Skandalen und Affären schweren Schaden zufügte, folgte sie dem Beispiel ihres Papas, der als „Saubermann“gilt. Bei allem elterlichen Schutz ist es nun nicht so, dass Leonor keine Bewährungsproben zu bestehen hatte. An ihrem 13. Geburtstag sprach sie zum 40. Jahrestag der Verfassung erstmals öffentlich. Es folgten weitere öffentliche Auftritte, bei denen sie stets eine gute Figur machte. Im Sommer 2021 verließ sie das königliche Nest, um am UWC Atlantic College in Wales das Abitur zu machen.
Die bisher größte Herausforderung hatte sie aber wohl seit Mitte August mit der Grundausbildung an der Militärakademie in Zaragoza zu absolvieren. Dort kroch sie mit dem Gesicht voller Tarnfarbe durch den Schlamm, hantierte mit Gewehren und lernte schießen. Als sie Anfang Oktober den militärischen Fahneneid leistete, schwor sie, wenn nötig ihr Leben für Spanien zu geben. Vorige Woche präsentierte sie sich dann bei der Verleihung der nach ihr benannten Prinzessin-von-Asturien-Preise wieder im Kleid und sagte: „Ich bin mir meiner Pflicht bewusst“.