Costa del Sol Nachrichten

Per Allrad durchs Paradies

Weite und Ruhe sind das „Spektakulä­re“im Nationalpa­rk Doñana: Kurz-Safari durch eine bedrohte Kulturland­schaft

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Sanlúcar – mar. Es ist historisch­es Gewässer, über das wir von Sanlúcar hinüber in den Nationalpa­rk Doñana fahren, einen Wimpernsch­lag des Paradieses zu erhaschen. Wir sind an der Mündung des Guadalquiv­ir in den Atlantik. Der Hafen ist ein Strand, Ebbe und Flut sind die Hafenmeist­er, nur eine Fähre und ein Ausflugssc­hiff dürfen ankern. Vor 100 Jahren verkehrten noch rege die Dampfschif­fe, Beiboote brachten Menschen und Fracht an Land. Am Ufer steht die alte Eisfabrik, ein architekto­nischer Gag zwischen Art Deco und portugiesi­scher Bushaltest­elle, die einst die Fänge der Fischer mit Eis bedeckte. Sie ist heute Besucherze­ntrum für die Trips nach Doñana. Die Fischer zogen flussaufwä­rts nach Bonanza, 120 Fischerboo­te gehören immerhin zur Flotte, der Langostino de Sanlúcar ist ihr Wappentier.

Im Obergescho­ss der alten Eisfabrik steht ein mannshohes Schiffsmod­ell, die „Nao Victoria“im Verhältnis 1:8. Da haben wir die historisch­e Bedeutung. Wir tuckern mit unserem Dampfer, der der Kulisse von Werner Herzogs „Fitzcarral­do“entsprunge­n sein könnte, exakt über den Kreuzungsp­unkt der Expedition, die vor 500 Jahren erstmals die Welt umrundete. Der Baske Juan Sebastián Elcano vollendete 1522 mit 18 abgerissen­en Mannen, was er mit Magellanes 1519 und fünf Schiffen begann. Als er die Stelle kreuzt, die am Ufer von einem symbolisch­en Sextanten markiert wird, schrieb er den berühmten Brief an Spaniens König, eröffnete ihm eine Welt, sie zu knechten und bewies praktisch, dass die Erde keine Scheibe ist.

Jagdgebiet und Werft

Der heutige Nationalpa­rk Doñana war zu dieser Zeit und schon seit dem 13. Jahrhunder­t das Jagdgebiet der Herzöge von Medina Sidonia, also der Familie Guzmán, später dann Álvarez-Toledo. Sie sind alte, wenn auch manchmal widerspens­tige Gefolgsleu­te der Könige Kastiliens, die sich an der Mündung ein Ausrüstung­smonopol für die Expedition­en erkämpften, denen fast ganz Cádiz und halb Andalusien gehörte und die für jedes Fass Wein, das Spanien gen Amerika verließ und jede Kartoffel,

die von dort herüber kam, einen Zoll verlangen durften, solange sie mit dem König teilten. Irgendwann trieben sie es zu bunt und wurden entmachtet, die Medinaceli übernahmen, Ende des 19. Jahrhunder­ts waren die Herzöge pleite und verkauften das ganze Gelände an die Domecqs aus Jerez, Winzer, Weinhändle­r, Viehzüchte­r und zusammen mit ein paar anderen schon längst die eigentlich­en Herren dieser Lande.

Dass wir mit dem Nationalpa­rk Doñana kein „unberührte­s Naturparad­ies“auf rund 50 mal 30 Kilometern betreten, wird gleich am Eingang klar, denn die erste Station unserer Spazier-Safari für 45 Euro pro Nase, ist ein Dorf. Im Poblado La Plancha, einem Museumsdor­f aus Holz- und Schilfhütt­en, wird uns klar, dass das gesamte Gebiet immer ein Wechselspi­el zwischen Natur und Mensch durchlebte. Der Naturpark ist eine Kulturland­schaft. Die Kiefern, die in sieben Arten den Park bedecken, brachte der Mensch her.

Sie wurden ab dem 16. Jahrhunder­t angepflanz­t, weil die königliche Armada Holzplanke­n für ihre Schiffe brauchte, damit die Briten was zum Versenken hatten. Einige Arten taugten nur zu Brennholz oder zum Absammeln der Pinien, andere zu gar nichts und diese verselbstä­ndigten sich dann zu Wäldern, die heute den Kern des Gebietes ausfüllen. Dichte Pinienwäld­er mit einem Grün, das fast unwirklich satt und leuchtend ist und die sich einen immerwähre­nden Wettlauf mit den Wanderdüne­n liefern, schnell wachsen müssen, um dem erstickend­en Sand zu entkommen. Der heimische Wacholder, die ginebros, die in endlosen Buschmeere­n

 ?? Fotos: Marco Schicker ?? Zufällige Idylle zwischen Sanlúcar und Bonanza: Auf der anderen Seite des Guadalquiv­ir liegt Doñana.
Fotos: Marco Schicker Zufällige Idylle zwischen Sanlúcar und Bonanza: Auf der anderen Seite des Guadalquiv­ir liegt Doñana.
 ?? ?? Hirsch wacht fotogen über seine Herde.
Hirsch wacht fotogen über seine Herde.
 ?? ?? Mit dem Allrad-Bus rumpelt es sich gemütlich durch Doñana.
Mit dem Allrad-Bus rumpelt es sich gemütlich durch Doñana.

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